Über Drake und die Memes wurde zuletzt Unzähliges (viel zu viel) geschrieben und ja, es ist gut möglich, dass es bis dato kein Musikvideo gegeben hat, was so passgenau auf den Facebook-getriebenen Medienkonsum unserer Generation gepasst hat wie der Clip zu „Hotline Bling“. Zuletzt widmete sogar die New York Times dem Phänomen einen mehrere Tausend Zeichen langen Artikel, in dem Drake bereits in der Überschrift zum lebendig gewordenen Meme stilisiert wurde.
Tatsächlich liegt die Annahme nahe, dass Drake wusste, was er tat, als er sich entschied, seine „besten“ Moves für das Video auszupacken und eine Tanzperformance ins Zentrum des Clips zu stellen. Und natürlich ging der Plan auf, er funktionierte so wie fast alles, was Drake in den letzten Jahren anpackte: tadellos. Es hat uns wirklich amüsiert, Drake beim Tanzen zum Bill Cosby-Theme zuzusehen oder ihn beim Lichtschwerter-Wedeln zu beobachten.
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Dennoch gibt es da ein Problem, und dieses ist Teil der DNA des Internets: Durch das konstant weitergeführte Auf-die-Spitze-Treiben eines erfolgreichen Memes tritt zwangsläufig früher oder später ein Übersättigungseffekt ein. Nach dem hundertsten Film-Schnipsel ist es eben nicht mehr amüsant, Drake beim Tanzen zuzusehen. Im Falle von „Hotline Bling“ ist das spätestens der Fall, seitdem selbst Präsidentschaftskandidaten versuchen, sich Drizzys Arbeit zu bemächtigen, um ihrem Wahlkampf eine jugendliche Note anzudichten.
So geschehen unlängst in zwei der wichtigsten TV-Formate der Staaten: Erst zeigte Ellen Degeneres einen Clip, in dem der für US-Verhältnisse ungewöhnlich linke Demokrat Bernie Sanders beim Tanzen schrulligen Altherren-Charme versprühte (und dabei gar nicht so weit weg von Drizzy war). Und dann kam Donald. Als wir am vergangenen Wochenende sahen, wie Donald Trump, talentierter Fettnäpfchen-Treter, der er ist, bei Saturday Night Live „you used to call me on the cellphone“ singt, kippte „Hotline Bling“ dann letztendlich von jetzt auf gleich tot um.
Natürlich schauen wir uns auch diese Clips an, nur das Grinsen versagt mittlerweile bereits nach Sekunden. Der Witz ist vorbei, der Drops ist gelutscht. Das ist keine Schande und passiert den Besten—selbst dem Doge. Im Falle „Hotline Bling“ ist das allerdings besonders tragisch, weil wir im selben Zug außerdem einen eigentlich fantastischen Song verlieren. Als das Stück das erste Mal im OVO Radio lief, war es einfach nur gute Musik. Aber jetzt, eine vollständige Umwandlung zum Meme später, können wir „Hotline Bling“ einfach nicht mehr hören, ohne dass vor unseren Augen Bill Cosby und Donald Trump rumtanzen. Und wer will das schon? Eben. Der in Clip-Portiönchen gepackte Dauerkonsum hat es geschafft die Halbwertszeit des Songs nicht nur zu verkürzen, sondern ihn nun vielleicht auch auf ewig verdorben.
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