Stell dir vor, du kannst dir mit geheimen Informationen exklusive Vorteile verschaffen – welche Träume erfüllst du dir? Der damalige Berliner Polizeibeamte Torsten F. wählte laut Staatsanwaltschaft bescheiden: Freier Eintritt im Stripclub, Gratis-Getränke und ein Deutschlandtrikot hätten unter anderem auf seiner Wunschliste gestanden. Im Gegenzug soll der 50-Jährige seinen Spendern geheime Daten aus dem internen Informationssystem verraten haben. Seit Donnerstag steht er deswegen in Berlin-Moabit vor dem Kriminalgericht. Ihm wird vorgeworfen, sich bestechen lassen, unbefugt Daten aus dem Computer gezogen und damit Straftaten vereitelt zu haben. Vor Gericht präsentierte sein Anwalt eine einfache Erklärung für die Vorwürfe gegen seinen Mandanten.
Insgesamt 276 Mal soll der Fahnder zwischen März 2012 und September 2014 gegen das Gesetz verstoßen haben, in 266 Fällen habe er laut Anklage Informationen aus dem dienstlichen Netzwerk weitergegeben – etwa über einzelne Personen, Fahrzeughalter oder laufende Fahndungen. Zu dem Zeitpunkt hatte der Angeklagte als Sachfahnder in einer Abteilung gearbeitet, die sich vor allem mit Diebesgut und Hehlerei beschäftigt. Dabei hatte er sich laut seinem Anwalt “gute Milieukenntnisse” zugelegt und auch einige der sechs Kontaktmänner kennengelernt, die ihn bestochen haben sollen und mitangeklagt waren.
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Alle sollen dem Polizisten diverse Entlohnungen für seine Dienste zur Verfügung gestellt haben: Ein 46-jähriger Vorbestrafter wollte wissen, ob gegen ihn ein Haftbefehl vorliege, im Gegenzug schenkte er dem Beamten ein Deutschlandtrikot. Ein anderer, der von seinem Arbeitgeber Prämien erhält, wenn er geleaste Autos von vertragsbrüchigen Besitzern zurückholt (er nennt seine Tätigkeit “Sicherung mobiler Wirtschaftsgüter”), soll für Informationen über die Fahrzeughalter bezahlt haben. In einer Tabledance-Bar in Berlin-Charlottenburg soll sich der ehemalige Polizeibeamte derweil an einer ganzen Reihe Extraleistungen erfreut haben – natürlich ebenfalls gegen eine spezielle Art von Bezahlung: private Vorführungen, Eintritt, sexuelle Dienste der Tänzerinnen, Drinks und ein Limousinen-Service. Alles gratis.
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Seine besondere Vorliebe für den Stripclub in Charlottenburg war es auch, die Torsten F. im Oktober 2014 auffliegen ließ. Einer Vertrauensperson der Polizei war aufgefallen, dass dem Beamten weder Drinks noch Privatshows in Rechnung gestellt wurden. Außerdem habe F. in der Tabledance-Bar Auskünfte weitergegeben. Die Datenabruf-Protokolle aus dem Computer-Netzwerk der Polizei haben anschließend gezeigt, dass der Beschuldigte tatsächlich mehrmals unbefugt Informationen abgerufen hatte. Wegen der schweren Vorwürfe wurde F. damals mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert. Im Mai 2016 erhob die Staatsanwaltschaft ihre Anklage.
Beim ersten Prozesstag am Donnerstag ließ F. nun durch seinen Verteidiger erklären, wie der rege Informationsaustausch zustande kam. Sein Mandant sei eben “ungewöhnliche Wege gegangen, um Hehlerei vor allem im Kfz-Bereich zu bekämpfen”, zitiert ihn die BZ. Er habe die Informationen bei seinen Ermittlungen als “Service” angeboten. Davon hätten F.s Vorgesetzte allerdings gewusst. “Wir weisen die Vorwürfe komplett zurück”, so der Anwalt.
Ob die spezielle Taktik von Torsten F. tatsächlich so abgesprochen war, soll sich bei den nächsten vier Verhandlungsterminen zeigen. Anfang November könnte es zu einem Urteil kommen – das hängt aber davon ab, ob sich F. geständig zeigt. “Je nach Verteidigungsverhalten könnte das Verfahren länger dauern”, sagte eine Sprecherin der Berliner Strafgerichte am Freitag gegenüber VICE.
Drei der anderen Mitangeklagten – unter anderem der Betreiber der Tabledance-Bar – waren einsichtiger und akzeptierten Strafbefehle. “Das käme einem Geständnis gleich”, so die Sprecherin weiter. Und Torsten F.? Der hat ein Angebot der Staatsanwaltschaft abgelehnt, die ihn bei einem Geständnis für maximal zwei Jahre in Haft stecken wollte. Es sei eine Win-Win-Situation gewesen, erklärte sein Verteidiger am Donnerstag stellvertretend für F., so seien schließlich auch Diebe geschnappt worden. Hach, wäre doch alles im Leben so einfach.