Eine Person hat einen Ball Gag mit einem AfD-Logo im Mund
Ball Gag: Flickr | Elmo Love | CC BY 2.0 || Tannen: Maxpixel || Collage: VICE
Politik

Familienstreit: So überstehst du mit den Tricks der AfD die Feiertage

Weihnachten ist hart, denn Familienmitglieder stellen unangenehme Fragen. Wie praktisch, dass es eine Partei gibt, bei der man sich abgucken kann, wie man denen aus dem Weg geht.

Familienfeste, so schön! Endlich kommt die ganze Sippe mal wieder zusammen, um bei Gans, Rotwein und Kerzenlicht das Leben der anderen Verwandten zu bewerten. "Bist du tatsächlich immer noch Single?", poltert der Onkel, während du ihm den Braten reichst. "Was hat es denn mit Kultur zu tun, das ganze Wochenende in Clubs rumzuhängen?", stichelt die Schwester beim Kaffeetrinken.

Und du sitzt da, druckst herum und fühlst dich wie eine Vollidiotin, weil dir keine Antworten auf die als Interesse an deiner Person getarnten Pöbeleien einfallen.

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Aber dieses Jahr wird alles anders. Denn es gibt in Deutschland eine Partei, die es beherrscht, unangenehmen Fragen aus dem Weg zu gehen: die AfD. So oft ärgern wir uns über diese Partei, nun wird es Zeit, ihren miesen Tricks endlich für etwas Gutes einzusetzen: für wirklich fröhliche Weihnachten!

VICE hat sich die Kommunikations- und Rhetorik-Skills der AfD angeschaut und daraus einen Guide für die Feiertage erstellt. Mit diesen Tricks kommst du um jede ehrliche Antwort herum.


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Trick Nummer 1: Themawechsel

Tante Ada hat Bock, über dein Studium zu reden. Vor allem darüber, dass es schon so lange dauert. Müsste man nicht nach acht Semestern mal fertig sein mit einem Bachelor?

Stille am Tisch, alle Augen sind auf dich gerichtet. Du hast schon befürchtet, dass jemand dich das fragen wird. Und nun ist er da, der große Auftritt für dein Ablenkungsmanöver. Wenn AfDler, hier Marcus Pretzell, wie in einem Interview mit dem WDR vor zwei Jahren darauf beharren können, nicht über die völkischen Positionen, sondern über das Gehalt des WDR-Intendanten sprechen zu wollen, dann kannst du auch jetzt über ein Lieblingsthema deiner Wahl reden.

"Gute Frage, Ada", sagst du also zu deiner Tante. Setze am besten so ein maliziöses AfD-Lächeln auf, jage der Tante etwas Angst ein – und gehe dann zum Angriff über. "Aber was mir gerade viel dringender erscheint: Was macht du eigentlich, um das Klima zu retten? So ganz persönlich? Ja, du!"

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Trick Nummer 2: Verharmlosung

Oma ist in Fahrt. "Du kommst immer nur nach Hause, wenn du Geschenke abstauben kannst", dröhnt sie. "Aber sonst besuchst du mich nie." Du weißt: Sie hat Recht. Aber zugeben willst du es nicht.

Götz Kubitschek kann helfen. Der neurechte Publizist hat die Taktik namens Selbstverharmlosung entwickelt. "'Selbstverharmlosung' (…) ist der Versuch, die Vorwürfe des Gegners durch die Zurschaustellung der eigenen Harmlosigkeit abzuwehren", schreibt er auf einem Blog. Die AfD nutzt es zum Beispiel so, dass sie stets abstreitet, rechts zu sein oder gar Menschen mit rechtsradikalem Lebenslauf in ihrer Mitte zu haben. Sie beschreibt sich lieber als bürgerlich oder konservativ. Klingt schön harmlos, als könnte man die Partei bedenkenlos wählen.

"Ich weiß echt nicht, was du meinst", könntest du also zu deiner Oma sagen. "Dass ich nie komme, ist gelogen. Ich komme, so oft ich es einrichten kann. Und vergiss nicht, wie oft ich dich anrufe! Das zeigt doch, wie oft ich an dich denke."

Trick Nummer 3: Opferhaltung

Der Klassiker schlechthin, wenn es um die Kommunikation der AfD geht. Die Partei beherrscht es, sich selbst in den verfahrendsten Situationen zum Opfer zu stilisieren. Vergangenes Jahr etwa saß Beatrix von Storch in einem Interview mit Emily Maitlis von der BBC vor der Kamera. Sie sprachen unter anderem über die Kriminalitätsstatistik. Storch behauptet, es sei nicht wahr, dass Deutschland immer sicherer werde. Die Journalistin weist sie darauf hin, dass das die Aussage des Innenministers sei, und warf Storch vor, Verbrechenszahlen zu nutzen, um den Leuten Angst zu machen, obwohl diese Zahlen nicht korrekt seien.

Storch entgegnet: "Sie müssen mich während eines Interviews nicht anschreien!" Und zack ist sie nicht mehr jemand, die Ausländer anfeindet, sondern eine arme Interviewte, die von der bösen Journalistin angeschrien wird.

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Der Clou dabei: Die Opferrolle funktioniert eigentlich immer. Du musst nur dein Ehrgefühl ein wenig runterschrauben und gewillt sein, wie eine Mimose zu wirken. Wenn der Vater fragt, ob du dir nicht langsam mal einen Job suchen willst, wenn die Mutter anmerkt, dass du mit 35 nicht mehr ausschließlich von Taschengeld leben solltest, kannst du sagen: "Ich kann doch auch nichts dafür, dass ihr mich in eine Welt hineingeboren habt, in der der Arbeitsmarkt so undurchschaubar ist." Damit gibst du nicht nur der Gesellschaft, sondern indirekt auch noch deinen Eltern die Schuld. Perfektes Opfer also.

Trick Nummer 4: Ablenkung

Du weißt, wie Weihnachten läuft und deine Verwandten ticken. Du weißt, welche Fragen sie dir stellen werden. Und du weißt auch, über welche Themen sie sich stundenlang aufregen können. Und dieses Wissen kannst du so nutzen, dass sie gar nicht erst auf die Idee kommen, dich mit ihren Fragen zu nerven.

Wenn ihr bei Kaffee und Stollen zusammensitzt, bringe einfach immer wieder die gewohnten Reizthemen ein: "Krass, es gibt immer noch nicht genug Lehrerinnen und Lehrer an der Schule?" Oder: "Die Nachbarn müssen aber echt jedes Jahr mit einer neuen Karre protzen, oder?"

Weihnachtliches Win-Win: Deine Familie kann sich wie gewollt empören. Und du selbst kriegst keine unangenehmen Fragen gestellt.

Trick Nummer 5: Feiertags-Ally

Brenzlige Situationen meistern Menschen am besten in Gemeinschaft. Neulich zum Beispiel sprang der AfD-Pressesprecher für Björn Höcke in die Bresche. Ein ZDF-Journalist stellte dem Thüringer Fraktionsvorsitzenden Fragen zu dessen hitleresker Wortwahl. Unangenehm für Höcke.

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Dann schaltet sich der Pressesprecher ein. "Das geht so nicht", sagte er. "Sie haben jetzt Herrn Höcke mit Fragen konfrontiert, die ihn stark emotionalisiert haben und diese Emotionen (…) sollte man so nicht im Fernsehen bringen."

Genau das wird der Job für deinen Feiertags-Ally. Wenn dein kleiner Bruder fragt, warum deine Freundin dieses Jahr nicht dabei ist und dir bei der Erinnerung an eure Trennung schon die Tränen in die Augen schießen, geht dein Ally dazwischen: "Sorry, es ist Weihnachten, über so einen Scheiß reden wir heute nicht."

Alternativ kannst du zum Beispiel auch offen drohen, so wie Höcke das nach dem ZDF-Interview noch selbst getan hat: "Ich werde in dieser Familie vielleicht mal eine sehr wichtige Person, Oma, also überleg dir gut, was du sagst!"

Trick Nummer 6: Aggression

Zugegeben, für manche der Tricks hilft es, ein bisschen schauspielern zu können oder zumindest dreist zu sein. Nicht schlimm, wenn das alles nicht so deins ist. Auch für solche Fälle kannst du dir von der AfD eine Taktik abgucken; der Person, die die Frage stellt, einfach entgegenbrüllen: "Stellen Sie nicht solche Fragen!"

So machte es Alexander Gauland Mitte November, nachdem der Rechtsausschussvorsitzende Stephan Brandner abgewählt wurde. Ein Journalist fragte Gauland, ob die Nachfolge eine integre Person werden würde. Gauland ruft energisch: "Wir haben nur integre Persönlichkeiten, stellen Sie nicht solche Fragen!" Unterstützt wird er von Alice Weidel, die lachend sagt: "Also wirklich ziemlich dumme Fragen von Ihrer Seite."

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Wenn deine Tante unter dem Weihnachtsbaum fragt: "Wieso hast du eigentlich so kurze Haare, du bist doch eine Frau?", und du keine Kraft hast, ihr einen Vortrag über den Begriff Gender und daran anknüpfende Unterdrückungsmechanismen zu halten, brumme einfach: "Stell doch nicht so bescheuerte Fragen!"

Trick Nummer 7: Abgang

Vielleicht war es schon dein erster Impuls: einfach aufstehen, die Knödel Knödel sein lassen und weggehen. Nun, da du alle Tricks versucht hast und es noch immer nicht geholfen hat: Go for it! Eben so, wie Alice Weidel im September 2017 die ZDF-Talkshow Wie geht's, Deutschland? verlassen hat, kannst auch du es machen.

Wenn du noch die Kraft hast, kannst du im Weidel-Style noch etwas droppen wie: "Das ist ja völliger Blödsinn hier. Völliger Blödsinn." Wenn nicht, tut es vielleicht auch die Kopf-ab-Geste, wie Beatrix von Storch sie Ende November im Bundestag machte. Vor allem ältere Verwandte mit schwachem Nervenkostüm lassen sich von solchen Morddrohungen bestimmt leicht beeindrucken.

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