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Veganer Koch

Attila Hildmann ist wieder ausgerastet, wir haben ihn gefragt, was das soll

"Diese Aktion ist mir ein bisschen unangenehm."
Foto: Facebook

Es gibt viele Leute, uns eingeschlossen, die dem veganen Koch Attila Hildmann vorwerfen, er tue für Aufmerksamkeit alles. Hildmann kann penetrant sein, wenn es ihm darum geht, etwas zu promoten. Da spielt es keine Rolle, ob das ein Bio-Enegrydrink, seine vegane Burgerbude oder ein Brotaufstrich – Geschmacksrichtung Curry-Ananas – ist. Klar, es geht ihm auch um Veganismus und Tierwohl, aber das geht manchmal ein wenig unter. In jedem Fall hat Hildmann ein Talent dafür, in sozialen Netzwerken für Aufruhr zu sorgen, wie er am Donnerstag wieder bewies.

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Hildmann veröffentlichte ein Foto bei Facebook und Instagram, auf dem er von vier Polizisten festgehalten wird, vor ihm steht sein mit dem Logo seiner veganen Limo beklebter Porsche. Darunter schreibt Hildmann: "Hab falsch geparkt, es folgte ein Großeinsatz gegen den Daisho Shogun… niemand wird mich brechen, auch nicht 5 Polizeiwagen mit 11 Beamten mit Handschellen! Irgendwann regiere ich dieses Land, einschließlich der Exekutive!" Auf Facebook verlinkt er dazu noch seine Limofirma.

Was war da los?

Wir erinnern uns noch mit einem gewissen Schauer daran, wie Hildmann im letzten Herbst seine Wut über eine provokante Restaurantkritik öffentlich zelebrierte und Journalisten zum großen Burgertestessen in seinen Laden einlud. Am Ende der Veranstaltung standen die Journalisten vor einem herbeigekarrten, lebenden Kalb und Hildmann fragte mit großem Pathos und noch größerem Messer, ob jemand Lust habe, dem Tier die Kehle aufzusäbeln – als Test für die Blutrünstigkeit der großteils fleischverzehrenden Anwesenden. Das Ganze machte ihn zwar nicht unbedingt jedem sympathischer, aber sicher bekannter. Doch wer jetzt dachte: "Spannend, der Mann ist für Aufmerksamkeit zu allem fähig, was kommt als Nächstes? Boxkampf mit Christian Schmidt?" Der wurde erst mal enttäuscht. Vielleicht brauchte Hildmann Zeit, um einen neuen Plan zu schmieden, um auf seine Limo, Kochbücher und Burgerläden und vor allem sich selbst aufmerksam zu machen? Und vielleicht bestand der Plan daraus, ein paar Leute in Polizeiuniformen zu stecken und dieses Foto zu inszenieren? Anruf bei der Berliner Polizei. Eine Sprecherin nimmt ab und weiß gleich, worum es geht, sagt aber: "Aus persönlichkeitsrechtlichen Gründen können wir uns zu einzelnen Personen in laufenden Ermittlungen nicht äußern." Das heißt, Hildmann wurde wirklich festgenommen. Nur warum, ist nicht ganz klar.

Also haben wir Attila Hildmann angerufen.

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Es sei ein ganz normaler Tag gewesen, sagt Hildmann am Telefon. Er sei in seinem Berliner Burgerladen gewesen, als die Polizei draußen einen Strafzettel an seinen Porsche klemmte. "Ich stand nicht ideal, sie meinten, ich würde das Abbiegen erschweren." Er habe den Wagen kommentarlos auf die andere Ecke umgeparkt, zwar immer noch nicht korrekt, "aber schon wesentlich besser", sagt Hildmann. Er habe gedacht, damit sei die Sache gegessen, doch die Polizei sah das offensichtlich anders. Fünf Minuten später soll die Polizei an seiner Ladentür geklopft und nach Führerschein und Fahrzeugschein verlangt haben. "Sie wollten mich abschleppen", sagt der Koch, er habe das nicht verstanden. "Ich war fassungslos, ich hatte das Knöllchen ja akzeptiert."


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Die Polizisten, sagt Hildmann, haben wohl nicht gewusst, wer er sei, "aber ich glaube schon, dass ich für die ein bisschen so wirkte wie, 'der Türke mit dem Porsche', dem man alles Mögliche unterstellt". Er sei dann in seinen Wagen eingestiegen und habe ihn nur umparken wollen. Zur Polizei habe er gesagt, dass er gleich mit den Papieren zurück sei. Die Polizei selbst hatte offenbar einen anderen Eindruck von der Situation und nennt Hildmann in einem Facebook-Post den "wütenden Parksünder", der "auf dem Weg in einen Imbiss" gewesen sei. Dann habe er die Polizisten mit den Worten beschimpft "Idiot, hast du nichts Besseres zu tun" und "Spinnst du?". Aus Sicht der Polizei gipfelte das Ganze darin, dass der wütende porschefahrende Parksünder die Polizisten gestoßen habe und geflüchtet sei.

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"500 Meter entfernt wurde ich dann mit fünf Streifenwagen abgefangen. Die zerrten mich aus dem Auto, ich habe mich natürlich gewehrt", sagt Hildmann, der kurz darauf mit Handschellen fixiert war. "Zwei Polizisten haben mich gewürgt, ich habe gefragt, ob sie alle Tassen im Schrank haben, dass ich wegen einer Ordnungswidrigkeit so angegangen werde." Die Polizisten sollen laut Hildmann geantwortet haben: "Wehr dich ruhig weiter, dann landest du auf dem Asphalt." Er habe daraufhin geantwortet: "Mach doch, ich hab vor euch keine Angst." Nach einem Ausflug auf die Wache und einem Drogentest, der negativ ausgefallen sei, habe man ihn wieder zu seinem Laden gebracht, sagt Hildmann. Er kassierte Anzeigen wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und Beamtenbeleidigung. Außerdem drohte man ihm mit Führerscheinentzug. "'Ne komplette Breitseite", sagt Hildmann.

Hildmann ist offenbar sauer, aber was hat der Satz "Irgendwann regiere ich dieses Land, einschließlich der Exekutive!" mit der ganzen Sache zu tun?

"Ich hab das nur so rausgehauen, das sollte man mit einem Augenzwinkern lesen", sagt Hildmann. Er frage sich nur, ob die Polizei nichts Anderes zu tun habe, als sich mit fünf Streifenwagen um einen Falschparker zu kümmern.

Überhaupt sei das alles keine kalkulierte Werbung für ihn, sagt er, auch nicht der Ausraster wegen des Verrisses seines Restaurants, der zu der Aktion mit dem Kalb führte: "Für mich sind das keine Werbeaktionen, eher Kriegsführung. Ich versuche, das Beste aus solchen Vorfällen zu machen." Außerdem glaube er nicht, dass er sowas nötig habe.

Als das Gespräch eigentlich schon beendet ist, will Hildmann noch etwas sagen, es sei ihm wichtig: "Diese Aktion ist mir ein bisschen unangenehm, nicht nur das, was dabei rumgekommen ist, sondern generell."

Ein nachdenklicher Attila Hildmann? Nicht ganz. Er würde einfach lieber mit anderen Sachen in der Presse stehen: "Millionen Tiere werden jedes Jahr unrechtmäßig behandelt und da sagt keiner was", sagt Hildmann. Und man kann sich vorstellen, wie er dabei grinsend durch all die neuen Google-Treffer scrollt, die er heute wieder produziert hat.

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