Wir leben in Zeiten, in denen die Aufmerksamkeitsspanne eines Durchschnittsbürgers für drei Umdrehungen eines Fidget-Spinners reicht, wir nur auf audiovisuelle Reize ansprechen und ein Hype nicht länger als einen Augenblick anhält. Da ist es anscheinend ein Ding der Unmöglichkeit, aus clickbaitingen Mustern auszubrechen, um einen Hauch Aufmerksamkeit zu erhaschen. Ein Auswuchs dieser Unmöglichkeit nennt sich Lyric-Video.
Wenn das Budget, die Inspiration und der Glaube an einen Hit nicht reichen, um einen richtigen Videoclip zu einem Song zu produzieren, kommt das Lyric-Video zum Einsatz. Das Musiklabel stellt kurzerhand einen unterbezahlten Animateur an, um den Songtext auf halbwegs kreative Weise in ein Video umzusetzen – Hauptsache, die Kids schauen sich das Teil auf YouTube an. Und es funktioniert: Ein Justin Bieber erreicht so easy mal mit seinem Lyric-Video zu “Sorry” über 200 Millionen Klicks.
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Selten bis nie haben wir es aber erlebt, dass ein Lyric-Video uns wirklich zu mehr als einem Klick zum Schliessen des Tabs bewegt. Bei Faber ist das komplette Gegenteil der Fall. Der Zürcher Chansonnier stellt seit März regelmässig ein Video zu einem Song von seiner aktuellen Platte Sei ein Faber im Wind auf YouTube. Jedes Video ist in seiner Banalität ein eigenes Kunstwerk: Alltägliche Situationen – Kaffeekranz dreier alten Damen, zwei Gangster mit Pitbull auf einem Basketballplatz, ein Pornodreh – und Faber steht einfach nur teilnahmslos da. Dazu Fabers melancholische, gesellschaftskritische Texte und Musik, mehr braucht es auch gar nicht.
Faber selbst sagt über seine Lyric-Videos folgendes: “Lange habe ich überlegt, warum die bisherigen Fotos so schleimig und langweilig waren. Ich, in einem Café melancholisch in die Weite schauend, und so weiter … ballaballa. So haben wir zusammen mit No Drama neue Ideen gesammelt. Überraschend und frisch sollten die neuen Fotos sein. Später haben wir kurzerhand nicht nur den Auslöser gedrückt, sondern auch noch die Recording-Taste.
So kam es zu den Videos. Die Idee war also, nice verschiedene statische Szenerien zu schaffen. Die Drehs haben mir Spass gemacht. Ich sitze gerne dabei, weil ich ein voyeuristisches Arschloch bin, wie die meisten Menschen.”