Festivals sind die Hölle auf Erden, wenn du Angst vor Keimen hast

Dieser Artikel ist Teil des VICE Guides für Festivals, alle Texte findet ihr hier.

Es ist Samstagnacht, das Festival ist in vollem Gange und ich sollte eigentlich überglücklich sein. Jemand gibt einen riesigen Joint durch die Runde und während ich die anderen beobachte, wie jeder beseelt lächelnd einen Zug nimmt, sehe ich nur eins: Wie alle mit ihren Fingern und Mündern das Paper berühren. Mit ihren Festivalfingern, den dreckigsten Fingern der Welt. Ich habe direkt das Bild stinkender Festivalklos ohne Toilettenpapier vor mir und bin mir in diesem Moment überaus bewusst, dass die Hände um mich herum für ein, zwei Tage nicht richtig gewaschen wurden. Schon beim Gedanken daran bekomme ich Durchfall.

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Ich mag keinen Dreck und ich schätze Hygiene. Während eine normale Person ein Festival als Gelegenheit sieht, um der Schinderei und den Verpflichtungen des Alltags zu entkommen, sind sie für mich die Hölle auf Erden. Unabhängig davon, wie wunderbar meine Begleitung ist – ich liebe meine Freunde und Freundinnen –, nach drei Tagen auf dem Zeltplatz respektiere ich sie um einiges weniger. Manche von ihnen denken, dass Duschen nicht so wichtig ist. Außerdem haben ein paar von ihnen seit Jahren dieselben Schlafsäcke und ich vermute, dass die nie auch nur einen Tropfen Wasser gesehen haben. Außer vielleicht, wenn die darin Schlafenden zu betrunken waren, um zu bemerken, dass sie seit Stunden im Regen liegen.

Wenn es sich um deine Freunde handelt, kannst du vielleicht noch genug Mitgefühl aufbringen, um diese Scheußlichkeiten zu vergeben. Aber auf jedem Festival gibt es noch Tausende andere Leute, die mindestens genauso widerlich sind und die zusammenarbeiten, um gemeinsam ein riesiges, ekelhaftes Chaos zu hinterlassen. Auf Festivals ist jeder Quadratzentimeter mit Dreck bedeckt: Der Tisch, an dem du deinen Burger isst, und auf den vermutlich nicht nur gehustet, geniest und gespuckt wurde. Das Essen selbst, zubereitet von jemandem, der oder die sich gerade die Nase geputzt hat, im besten Fall mit einem Taschentuch. Aber nichts kommt an den Zustand in einem Circle Pit heran. Dort wirbelt Staub, fliegen Biere und Becher, tropft Schweiß, wirbeln Haare, spritzen Blut und Spucke. Die Leute im Pit sind mit fast wissenschaftlicher Sicherheit die dreckigsten auf einem Festival.

Trotzdem ist es eine Schande, dass ich wegen ihres Mangels an Hygiene so eine Abneigung gegenüber Festivals hege, denn ich weiß, dass eine Samstagnacht auf einem Festival die beste Zeit des ganzen Jahres sein kann. Genau deswegen habe ich mich in den letzten Jahren auch durch mehrere von ihnen gekämpft und dabei ein paar Tricks gelernt, die dir helfen könnten, dein Festivalerlebnis etwas weniger widerlich zu gestalten.

Vorbereitung

Natürlich beginnt alles mit einer guten Vorbereitung. Fechttücher, Handdesinfektionsmittel und wahrscheinlich dem Wichtigsten: einem Ort, um dem Angriff der Bakterien zu entfliehen. Letztes Jahr hatte ich kurz vor dem niederländischen Lowlands Festival einen Bungalow gebucht. Meine Kolleginnen und Freunde waren erstaunt, dass ich damit Erfolg hatte, denn nach Aussage der meisten Leute ist es unmöglich, zwei Wochen vor Beginn noch einen Bungalow in Kriechweite zum Festivalgelände zu bekommen. Stolz erzählte ich jedem, dass ich einen Bungalow gemietet hatte, und erklärte geduldig, dass ein Bungalow die Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Festival-Besuch ist. Schlussendlich war ich großzügig genug, zwei Mitreisende einzuladen, mit mir dort zu übernachten. Zwei Tage vor den Lowlands rief mich der Eigentümer des Bungalows an und fragte, ob ich für die nächste Woche auch Fahrräder buchen wolle. Langsam kam mir die Erkenntnis, dass ich den Bungalow für eine Woche zu spät gebucht hatte.

Ich wache manchmal noch immer schweißgebadet auf, wenn ich mich in meinen Alpträumen an den Moment erinnere, als ich erkannte, dass ich drei Tage auf dem Zeltplatz würde verbringen müssen. Die Moral von der Geschichte: Buche deinen Bungalow, dein Hotelzimmer oder andere Location um einiges im Voraus, sodass du komplett die Kontrolle über deine Hygienesituation behältst.

Wisse, was du dir zumuten kannst

Wenn du bist wie ich, dann geh nicht aufs Dour in Belgien. Was da abgeht, ist purer Wahnsinn.

Wisse, was du isst

Es ist fast immer besser, außerhalb des Festivalgeländes zu essen, anstatt sich auf die semi-professionellen Festival-Stände zu verlassen, deren Angestellte dein Essen mit ihren dreckigen Eskapaden kontaminieren. Der beste Weg, sich auf einem Festival zu ernähren, sind Sportgels, Energy-Riegel und Porridges, sie geben dir alle wichtigen Nährstoffe auf einmal. Es mag eintönig sein, aber das ist drei Tage lang egal. Tu, was immer nötig ist, um nicht der Gnade des verschwitzten Kerls ausgeliefert zu sein, der gerade Geld angefasst (es gibt nichts Dreckigeres als Geld!) und direkt danach ein paar Tomaten auf deine Pizza geklatscht hat.

Wenn du der Versuchung nicht wiederstehen kannst und trotz allem beschließt, feste Nahrung zu dir zu nehmen, sei wählerisch. Such dir einen Ort, der ein paar Standards erfüllt. Frittiertes Essen ist eine sinnvolle Option. Verlange, dass die zubereitende Person ein paar Gummihandschuhe anzieht, bevor sie dein Essen anfasst. Säubere deine eigenen Hände gründlich, bevor du isst, und tu das natürlich nicht auf der Festivaltoilette, sondern benutze dein eigenes Desinfektionsmittel.


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Kein Sex (oder alles, was dazu führen könnte)

Das sollte selbstverständlich sein. Außer dein Gegenpart für diese Nacht ist damit einverstanden, dich zu deinem Bungalow/Hotel zu begleiten und sich dort erst einmal gründlich sauber zu schrubben. Jemand, dessen Mundhygiene die letzten Tage einzig und allein aus dem Gurgeln von Wodka bestand, kommt nicht in Frage. Von Sex abgesehen sollte auch jeder andere physische Kontakt vermieden werden. Hände schütteln zum Beispiel. Hände sind wirklich dreckig. Zum Glück ist es auf Festivals auch sehr merkwürdig, jemandem die Hand zu schütteln – also spare dir das für den Tag, an dem du deine Schwiegereltern kennenlernst, oder für deinen ersten Tag bei der Versicherungsfirma.

Nimm keine Drogen

Letztendlich läuft es auf deine Disziplin hinaus. Du weißt, dass all die zuvor genannten Tricks je schneller unter den Tisch fallen, desto mehr du neben dir stehst. Setzte dir im Voraus ein persönliches Limit und halte dich daran. Ein guter Weg, dies durchzuhalten, ist eine Beziehung mit einer ruhigen und ausgeglichenen Partnerin einzugehen, der nicht auf Extreme steht. Natürlich ist das ein Tipp, der über das Problem von Dreck auf Festivals hinausgeht, aber bei Festivals musst du dich auf jemanden verlassen können, der oder die dir sagt: “Casper, wenn du so weiter machst, wirst du schon bald ein Klo benutzen müssen.”

Stelle sicher, dass du Freundinnen mit Autos hast

Natürlich könntest du deinen ganzen Festivalbedarf in einen Rucksack stecken und einen Zug nach Hause nehmen (Züge sind übrigens unglaublich dreckig). Aber es ist viel bequemer, jemanden zu haben, der sein Auto auf dem Hinweg voller Hygieneartikel laden und dich auf dem Rückweg direkt vor deiner Tür absetzen kann. Wo du dann ein wohlduftendes Bad nehmen und dich an Früchten stärken kannst.

Besuche ein Literaturprogramm

Wenn dein Festival ein Literaturprogramm hat, kann ich dir wärmstens empfehlen, mal vorbeizuschauen. Die Bänke und Böden sind oft noch lupenrein, oder wenigstens nicht so widerlich wie der Rest des Festivalgeländes. Außerdem kannst du einer Autorin zuhören, die eine frisch gebügelte Bluse trägt, und für einen Moment vergessen, wie lange es her ist, dass du dich richtig gewaschen hast und wessen Hände deine Falafel angefasst haben. Die schönen Künste können großes Leid lindern.

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