Einmal im Jahr brennt die Luft und summen die Ohren. Das ist das Versprechen der Nitro Olympics, geschrieben: NitrOlympX. Hier fahren sehr schnelle Autos sehr schnell um die Wette.
In Deutschland rasen die Männer und Frauen auf dem Hockenheimring. VICE war bei der letzten Veranstaltung vom 26. Bis 28. August dabei und hat das Spektakel fotografiert.
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Wir haben mit dem Fotografen Philipp Sipos über seine Erlebnisse gesprochen.
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VICE: Nitro ist doch Lachgaseinspritzung, das klingt nach The Fast and the Furious. Was sind die Nitro Olympics?
Philipp Sipos: Die finden seit 30 Jahren statt. Ein Riesending. Da fahren ganz unterschiedliche Fahrzeugtypen auf dem Hockenheimring jeweils nur eine Viertelmeile, etwa 400 Meter. Die Strecke ist also nicht besonders lang, allerdings brauchen sie dafür auch echt nur eine kurze Zeit. Teilweise sind die in unter vier Sekunden fertig. Ich war am Sonntag dort, da fanden die Finals statt. Das Qualifying der Drag-Racing-Dinger und der Rest der Show waren vorher.
Bist du Fan von Autorennen?
Ich hätte mir vorher kein Ticket dafür gekauft, weil ich einfach auch nicht gewusst hätte, was mich da erwartet. Dann fand ich es aber ziemlich abgefahren. Also diese Autos, das macht schon was mit einem, weil die teilweise über 10.000 PS haben.
Was genau machen die mit dir?
Das ist ein unfassbares Gefühl, wenn die losfahren. Du spürst es im ganzen Körper. Ich war ja als Fotograf akkreditiert, war mal neben den Autos, mal ganz oben auf der Tribüne, um den besseren Überblick zu haben. Und auch ganz oben habe ich den Schock gespürt. Und ich glaube, das ist das Lauteste, was ich je gehört habe.
Wie fühlt sich das an?
Wie wenn du auf einer Party bist, gemütliche Musik läuft und plötzlich ein richtig heftiger Bass einsetzt, es zuckt durch deinen ganzen Körper. Aber nur ganz kurz, dann fahren sie los und es ist wieder vorbei.
Du warst ganz vorne. Wie war das, neben diesen Maschinen zu stehen?
Als würdest du Tränengas einatmen. Die fahren ja nicht nur mit Benzin, sondern sie benutzen auch alle möglichen Mischstoffe. Stickstoffoxid und Methanol zum Beispiel und wenn diese Mischung dann im Motor explodiert und die Autos mit einem Affenzahn an dir vorbei schießen, bleibt das Gas in der Luft und du atmest es ein. Du merkst, wie es brennt und es fühlt sich ganz schön komisch in der Lunge an.
Und die Rennen dauern nur vier Sekunden?
Die sind sofort wieder vorbei und werden quasi abgefertigt. Das war wie am Fließband, ein Rennen nach dem anderen. Hintendran standen über 15 andere Wagen in der Schlange und haben auf ihren Auftritt gewartet.
Und es gewinnt der schnellste Fahrer?
Es kommt nicht nur darauf an, wer am schnellsten im Ziel ist. Sondern auch um die Zeit beim Start. Also die Fahrer kriegen eine Zeit vorgegeben, in der sie starten können, dann dürfen sie aber auch nicht besonders viel schneller sein. Da geht es dann mehr um die Reaktionszeit, die sie an der Ampel haben, als darum, als erster ins Ziel kommen.
Das verstehe ich nicht.
Ich ehrlich gesagt auch nicht.
Also darf man beim Start nicht schneller sein als – zum Beispiel – 0,4 Sekunden und wer schneller ist, fliegt raus?
Ja, genau. Weil man dann davon ausgehen kann, dass man nicht aufs grüne Licht gewartet hat, sondern auf gut Glück los ist.
Crazy.
Es sind auch immer mal wieder Karren verreckt. Bei einem Motorradrennen sind den beiden Fahrern gleichzeitig die Motoren abgesoffen, also mussten sie ihre Bikes um die Wette ins Ziel schieben. Das war mit Abstand das längste Rennen.
Geht es den Fahrern da um ein Preisgeld?
Das ist ja eine richtige Szene dort, in der es auch um Props und Ruhm geht. Und um das Event. Da laufen auch lauter verkleidete Leute rum.
Stimmt, ein Maskottchen.
Das ist witzig, weil das eigentlich mal das Maskottchen einer anderen Rennveranstaltung hier in der Region war, die es jetzt aber nicht mehr gibt. Das Maskottchen sollte aber nicht einfach sterben, also haben sie es einfach umgewidmet.
Und es fahren auch Frauen mit?
Das ist nicht getrennt. Und das finde ich auch toll an dem Sport, diesen emanzipatorischen Charakter. Denn es ist ja vollkommen egal, wer in so einer Karre sitzt, da gelten die gleichen Regeln für alle. Da spielt die physische Kraft überhaupt keine Rolle. Jndia Erbacher zum Beispiel war die schnellste in ihrer Kategorie. Gewonnen hat da aber eine andere Frau: Susanne Callin.
Was war das Beeindruckendste, was du gesehen hast?
Ich fand den LKW mit dem Düsenantrieb krass, leider habe ich davon kein geiles Foto gemacht. Der war am Abend vorher beim Nachtrennen gefahren. Aber diese Autos sind alle krass. Die sehen aus wie Möhren, haben aber teilweise über 10.000 PS. Mein kleiner Smart hat gerade mal 60.
Was ist denn das schnellste, was du selbst je gefahren bist?
Ich glaube 240 km/h in der Fahrschule. Oder war es das Auto meines Vaters? Bitte schreib das nicht.
Nein, nein. Keine Angst. Wie schnell fährt dein Smart?
Bergab und mit Rückenwind vielleicht 160. Aber die Autos dort müssen ja auch wirklich nur das: 400 Meter fahren und mehr nicht. Die haben nicht mal mehr Sprit drin als für diese Strecke. Teilweise bremsen die mit Fallschirmen, wahrscheinlich sind die einfach leichter als Bremsen.
Und bist du jetzt angefixt? Fährst du nächstes Jahr wieder hin?
Wenn dann früher. Sonntag sind nur die Finals, die meisten Leute kommen aber für die Show an den Tagen vorher, die Qualifyings. Für die Fahrer ist es sicher schade, dass die meisten sich nicht wirklich dafür interessieren, wer am Ende gewinnt. Ich glaube, viele wollen einfach nur, dass es möglichst schnell und laut ist.
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