Am 14. Juli 1927 zogen tausende Arbeiter durch Wien, um gegen das sogenannte Schattendorfer Urteil zu demonstrieren. “So flieg, du flammende, du rote Fahne, voran dem Wege, den wir ziehen”, dröhnte es in den Straßen. Die anfangs friedlichen Demonstrationen schlugen schnell in Gewalt um und gipfelten einen Tag später, am 15. Juli 1927, im sogenannten Wiener Justizpalast-Brand.
Wie relevant und aktuell die Ereignisse aus der Zwischenkriegszeit immer noch sind, zeigen die Parallelen zur heutigen Lage in Österreich und ganz Europa, die politisch ebenfalls von starken Spannungen und Auseinandersetzungen geprägt ist.
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Deshalb haben wir uns durch das Archiv der Landespolizeidirektion Wien gegraben und nach Fotos von Demonstrationen, Kundgebungen und anderen politischen Events dieser Zeit Ausschau gehalten. Die Fotos des Februaraufstandes 1934 haben wir euch schon an anderer Stelle präsentiert. Zum Jahrestag zeigen wir euch jetzt auch die Bilder eines der spektakulärsten und folgenreichsten Brände der österreichischen Geschichte.
Als sich am Abend des 14. Juli 1927 in Wien herumsprach, dass drei Mitglieder der rechten Frontkämpfervereinigung Deutsch-Österreichs freigesprochen worden waren, nachdem sie bei Zusammenstößen mit Sozialdemokraten im Burgenland einen kroatischen Hilfsarbeiter und einen 6-jährigen Burschen erschossen hatten, war klar, dass es in den kommenden Tagen zu Protesten der Sozialdemokraten kommen würde.
Tatsächlich wurde am nächsten Tag die Stromzufuhr für die Wiener Straßenbahnen durch die Direktion der Städtischen Elektrizitätswerke gekappt, wodurch der öffentliche Verkehr zum Erliegen kam. Die Arbeiter der Elektrizitätswerke waren auch die ersten, die mit einem Protestmarsch die Ringstraße erreichten und dort vergeblich versuchten, die Hauptuni zu stürmen.
Nach und nach strömten immer mehr Sozialdemokraten und Kommunisten auf den Ring. Sowohl in der Innenstadt als auch in den Außenbezirken kam es zu schweren Ausschreitungen, Angriffen auf Polizei-Wachstuben und auf eine Zeitungsredaktion, sowie zu zahlreichen Plünderungen.
Nachdem auch vor dem Parlament stationierte Polizeieinheiten von den Demonstranten angegriffen wurden, begann die Sicherheitswache, die Menschenmenge in Richtung Justizpalast zu drängen.
Doch gerade dieses Gebäude wurde als Symbol für die ungerechte Justizsprechung verstanden—und in der Folge geplündert und in Brand gesteckt. Die Beamten der Justizwache konnten nur durch das Eingreifen des Sozialdemokraten Theodor Körner, späterer Bundespräsident Österreichs, vor den wütenden Arbeitern in Sicherheit gebracht werden, indem sie als Mitglieder des Schutzbundes (paramilitärische Organisation der Sozialdemokratie) verkleidet, oder als Verletzte getarnt aus dem Palast gebracht wurden.
Nachdem die Demonstranten die Löscharbeiten der Feuerwehr massiv behinderten, immer wieder Schläuche durchschnitten und Wasserhydranten zerstörten, schritt die Polizei mit Waffengewalt ein. Nach ein paar wenigen Warnschüssen wurde sofort mit scharfer Munition in die Menschenmenge geschossen. Am 15. Juli verloren 89 Demonstranten und fünf Polizeibeamte ihr Leben. 548 Zivilisten wurden zum Teil schwer verletzt.
Das völlig vergiftete politische Klima in Österreich führte in den Folgejahren zu weiteren bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Lagern der Linken und Rechten und Endete schließlich mit der Zerschlagung der Sozialdemokratie, der Ausschaltung der Demokratie und der Einführung eine faschistischen Ständestaates unter der Führung von Engelbert Dollfuß.
Paul auf Twitter: @gewitterland