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GameStop: Wie Robinhood seine User verkauft hat

Eine Robin-Hood-Statue, die Betreiber der gleichnamigen Plattform arbeiten für Hedgefonds, nicht für ihre User

Eine Horde Reddit-User liefert sich aktuell mit Hedgefonds eine Schlacht um GameStop-Aktien. Am Donnerstag eskalierte die Situation. Der Preis der Aktie stieg auf 410 Euro und stürzte dann kurzzeitig auf 129 Euro ab, bevor sich der Kurs wieder etwas erholte. Etwa zur Zeit des Kurseinbruchs hatten Fintech-Apps wie Robinhood und sein deutsches Pendant Trade Republic den Kauf von Wertpapieren von GameStop und anderen Unternehmen wie Nokia und Blackberry gesperrt, die gerade bei den Reddit-Usern gefragt sind. 

Der Shitstorm kam prompt und mit ihm auch eine Sammelklage gegen Robinhood. Weitere dürften folgen. Kleinanleger fühlen sich betrogen, viele verdächtigen die Fintechs, dass sie mit dieser ungewöhnlichen Entscheidung weiteren Schaden von den großen Hedgefonds abwenden wollten. Experten schieben Robinhoods Entscheidung auf mangelnde finanzielle Rücklagen. Bei Trade Republic erklärte man die eigene Entscheidung betont schwammig.

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Vor allem Robinhood spielt in der ganzen GameStop-Geschichte eine nicht zu unterschätzende Rolle, da die App bei jüngeren Anlegern in den USA weit verbreitet ist – also gerade bei denjenigen, die den Hedgefonds gerade den Mittelfinger gezeigt haben. Robinhood ist ein Finanzdienstleister, über den man, neben anderen Dingen, gebührenfrei mit Aktien handeln kann. Die Bedienung ist, wie bei Trade Republic, äußerst unkompliziert und erinnert teilweise an ein Handyspiel.

In den vergangenen Jahren hat Robinhood sehr viel Energie darauf verwendet, sich als geistiges Kind von Occupy Wall Street zu vermarkten. Die selbsterklärte Mission: “Die Demokratisierung des Finanzmarkts für alle.” In der Realität sieht das allerdings etwas anders aus. Das Unternehmen hilft nämlich vor allem dabei, den Status Quo zu erhalten. Es macht seine Kunden, genauer gesagt deren Aufträge, zu seinem Produkt. 

Robinhood verkauft nämlich die Aufträge seiner Nutzerinnen und Nutzer an andere große Finanzunternehmen, bevor sie ausgeführt werden. Diese Unternehmen verdienen ihr Geld dann damit, dass sie sehen, was Kleinanleger auf Robinhood machen, bevor sie es wirklich machen – und dann entsprechend handeln. Diese Unternehmen, sogenannte Hochfrequenz-Händler, kaufen also Informationen, an die sie ihr eigenes Vorgehen anpassen.

Das Geheimnis hinter Robinhoods Erfolg und Profitabilität ist simpel: versteckte Provisionen. Das Unternehmen verkauft die Aufträge der User an sogenannte Market Maker oder große Finanzdienstleister wie Citadel Securities. Letzterer ist Robinhoods größter Kunde und nebenbei auch eins der Unternehmen, die Melvin Capital mit 2,73 Milliarden US-Dollar zu retten versucht haben, nachdem der Hedgefonds mit seiner Wette gegen GameStop auf die Schnauze geflogen war. Die Market Maker führen die Aufträge der Robinhood-User aus und können ihre privilegierte Position in der Branche dazu nutzen, sich selbst in die Mitte dieser Transaktion zu stellen und davon zu profitieren. Besonders wichtig in diesem Arrangement: Je mehr Aufträge und Volatilität es gibt, also Kursschwankungen, desto mehr können Unternehmen wie Citadel damit verdienen, da sie den sogenannten Spread einbehalten, die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis.

Vermehrte Kursschwankungen, wie sie in letzter Zeit zu sehen waren, führen zu größeren Spreads und damit zu potenziell höheren Einnahmen für die Market Maker. Deswegen ist solchen Unternehmen der Marktzugang durch Firmen wie Robinhood auch viele Millionen Dollar wert.

Robinhood hat dieses Provisionsgeschäft nicht erfunden – diese Ehre gebührt Bernie Madoff, einem ehemaligen Börsenmakler, der 2009 wegen Betrugs zu 150 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Aber Robinhoods Ansatz unterscheidet sich in der Branche dadurch, dass es einen Prozentsatz des Spreads verlangt. 2020 hat das Fintech damit gut verdient: Im ersten Quartal war das Modell für 70 Prozent des Umsatzes verantwortlich, 90 Millionen US-Dollar – im zweiten Quartal waren es 180 Millionen.

Das Geschäft mit den versteckten Provisionen ist also ein wundervolles System, an dem alle Beteiligten einen Haufen Kohle verdienen – abgesehen vom Kunden natürlich. 

Diesen Dezember erst wurde Robinhood von der US-Börsenaufsichtsbehörde auf 65 Millionen US-Dollar verklagt. Die Behörde hatte nämlich herausgefunden, dass den Kundinnen und Kunden der App glaubhaft gemacht wurde, dass sie den bestmöglichen Preis für ihre Aufträge kriegen würden, sie in Wahrheit aber kollektiv um 34,1 Millionen US-Dollar geprellt worden waren. Robinhood hatte nämlich die Aufträge an Unternehmen weitergegeben, die den App-Betreibern mehr Geld bezahlten und nicht unbedingt den besten Preis für die Kunden.

Auch wenn die GameStop-Saga gerne als Börsen-David-gegen-Goliath gesehen wird – kleine Anleger, die große Investmentfonds plattmachen –, ist die Realität weitaus komplizierter. Wie könnte es auch anders sein? Im Finanzmarkt gibt es einen Haufen Akteure und die zahlreichen Privatanleger auf Robinhood, von denen sich viele auch als Robin Hoods verstehen, sind nur ein paar Körner in einer gigantischen Mühle. Wieviel Geld einzelne auch am Ende durch GameStop verdienen mögen, die Finanzriesen, die einen Großteil der GameStop-Aktien besitzen, sind am Ende die echten Gewinner

BlackRock zum Beispiel, die gigantische Investmentgesellschaft, die von so ziemlich jedem Unternehmen der Welt Anteile zu besitzen scheint, hält 13,2 Prozent aller GameStop-Aktien. Im Dezember 2020 besaß BlackRock laut der US-Börsenaufsichtsbehörde 9,2 Millionen GameStop-Aktien mit einem Wert von rund 174 Millionen US-Dollar. Momentan dürfte dieser Anteil etwa drei Milliarden US-Dollar wert sein.

Aber das ist noch nicht alles. Wenn du zu den Hedgefonds gehörst, die sich mit ihren Leerverkäufen von GameStop-Aktien die Pfoten verbrannt haben, und deine geliehenen Aktien fällig werden, brauchst du dir diese nicht zwangsläufig auf dem Markt zu hohen Preisen zu kaufen. Stattdessen kannst du sie dir von anderen Unternehmen leihen – zum Beispiel von BlackRock. Gegen Gebühr versteht sich.

Wenn uns das Börsendrama um GameStop eine Sache zeigt, dann dass in der Finanzwelt anscheinend nichts ist, wie es scheint – und dass wie im Casino immer das Haus gewinnt.

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