Gegen diese AfD-Politikerin wird wegen Volksverhetzung ermittelt

Die AfD ist nicht unbedingt dafür bekannt, öffentlich Liebe und Harmonie zu verschütten. Öffentliche Rants und WhatsApp-Leaks offenbarten zuletzt, dass der größte Gegner der AfD vor der Bundestagswahl sie selbst ist. Nach der neuesten Episode der AfD-Streitereien ermittelt nun die Saarbrücker Staatsanwaltschaft: Die AfD-Bundestagskandidatin Laleh Hadjimohamadvali soll bei ihrer Rede beim Landesparteitag Ende Juni in Völklingen gesagt haben, der Islam sei “schlimmer als die Pest”, Muslime würden “immer größere Stücke Deutschlands” einnehmen. Ein ehemaliges Mitglied hat sie angezeigt, berichtet die Saarbrücker Zeitung. Die Staatsanwaltschaft bestätigte am Mittwoch, dass wegen Volksverhetzung gegen Laleh Hadjimohamadvali ermittelt werde. Es bestehe außerdem der Verdacht einer “Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsvereinigungen”.

Auf ihrem Facebook-Profilbild sitzt sie geknebelt und mit Kabelbinder um ihre Handgelenke vor einem weißen Tuch, über ihr streng zusammengebundes Haar hat sie nachträglich einen Spruch eingefügt: “Als der Islam kam, ging die Meinungsfreiheit.” Dabei stammt Hadjimohamadvali selbst aus dem Iran. Mit 14 Jahren floh sie mit ihrer Familie nach Deutschland, ihr Vater war Muslim. Heute kandidiert sie für die AfD für den Bundestag. Wer ist diese Frau?

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Laleh Hadjimohamadvali wurde in der iranischen Hauptstadt Teheran geboren. Mit ihrer Mutter flüchtete sie vor 31 Jahren vor dem gewaltbereiten Vater. Auf ihrem Blog bezeichnet sie ihn als “verbitterten fanatischen Moslem”, er soll einen Hinrichtungsbefehl gegen seine Frau in Auftrag gegeben haben, weil sie keine Muslimin ist. Hadjimohamadvali hat Krieg erlebt, häusliche Gewalt, in ihren Beiträgen kämpft sie für Frauenrechte. In ihren Texten beschreibt sie ihre Kindheit im Iran nach der islamischen Revolution: Sie habe Bombenangriffe erlebt, tote Menschen gesehen und mit neun Jahren gelernt, dass sie bei einem Chemiebombenangriff ihre Haut befeuchten muss, damit die sich nicht so schnell zersetzt. Hadjimohamadvali schreibt, sie habe Angst: vor einem Bürgerkrieg in Deutschland, vor Überfremdung, vor dem Islam. Selbst mit 44 schlafe sie auf dem Sofa, weil sie sich im Bett nicht sicher fühle. Unter einem Interview beschreibt die AfD-Saar sie als “Islam-Flüchtling”.

Sie spricht offen über traumatisierende Erlebnisse, sie weiß, wie es sich anfühlt, die eigene Heimat verlassen zu müssen. Gleichzeitig kämpft sie an der Seite einer Partei, deren Mitglieder fordern, Geflüchtete an der Grenze abzuknallen, und dafür, dass Menschen in ähnlichen Situationen wie ihrer keinen Schutz erhalten. Gemeinsam mit Alexander Tassis und anderen AfD-Mitgliedern mit ausländischen Wurzeln gründete Hadjimohamadvali im Mai die Gruppe der “Neudeutschen Hoffnungsträger” – ein AfD-Ableger für Besser-Integrierte.

Ihre Texte auf Facebook sind voller Hass gegen Muslime, ihre Ideen stark verallgemeinernd. Immer wieder sperrte Facebook ihren Account. Hadjimohamadvali hat sich deswegen ein zweites Profil angelegt. Die islamfeindlichen Sprüche, die sie postet, unterlegt sie mit rosa Comic-Katzen. Sie teile auf ihrem Profil ihre Meinung, schreibt sie in der linken Infoleiste des Accounts, und diese werde durch Artikel 5 des deutschen Grundgesetzes geschützt. Auf ihrem Account vergleicht sie Muslime mit Nazis: “Es ist so einfach, Nazis zu enttarnen! Sie verhalten sich exakt so wie Moslems!” Dass im Grundgesetz auch steht: “Niemand darf wegen seines Glaubens benachteiligt werden”, hat Hadjimohamadvali offenbar überlesen.

Auf ihrer Website schreibt Hadjimohamadvali, sie habe nichts gegen “Asylanten” wie ihre Mutter, nur die “Spekulanten und Goldgräber”, die nach Europa kommen, wolle sie nicht sehen. In einem anderen Beitrag sagt sie, der Islam gehöre nicht zu Deutschland – und eigentlich auch zu keinem anderen Land: “Die Muslime machen sich alles zu nutze, was ihnen in die Fingern kommt, um die Ungläubigen zu töten.” Nur die AfD könne Deutschland jetzt noch retten.

Einige ihrer Parteikollegen distanzieren sich mittlerweile von Hadjimohamadvali. Als die Staatsanwaltschaft am Mittwoch die Ermittlungen gegen sie bestätigte, sagte Christian Wirth, Spitzenkandidat der AfD Saar, der Saarbrücker Zeitung, die Pauschalisierung einer ganzen Religion sei “nicht statthaft” – es gebe schließlich auch friedliche Muslime. Erst im März 2016 ergab eine Recherche des Stern allerdings, dass der saarländische AfD-Politiker Josef Dörr Kontakte zu Neonazis unterhielt. “Ich bin sehr an einer Zusammenarbeit mit Ihnen interessiert”, schrieb er beispielsweise der rechtsextremen Aktivistin Ulrike Reinhardt. Der AfD-Bundesvorstand sprach eine Abmahnung gegen Dörr aus, zog sie später aber wieder zurück. Nach wie vor ist er Landesvorsitzender der AfD Saar.

Wie es für Laleh Hadjimohamadvali in der Partei weitergeht, ist bisher nicht bekannt. Am Montag will der AfD-Landesvorstand über mögliche Konsequenzen beraten. Einen Ausschluss hält Landesvorstandsmitglied Bernd Krämer laut Saarbrücker Zeitung aber unrealistisch. Weder die AfD Saar noch sie selbst waren für eine Stellungnahme erreichbar. Auf ihrem Profil bedankte sie sich am Mittwoch für die Solidarität ihrer Unterstützer und suhlt sich in einer Opferrolle: “Ich habe mir sagen lassen, Schlammbäder seien gut für die Haut.”

In einer früheren Version des Artikels hatten wir geschrieben, dass Laleh Hadjimohamadvali vor 35 Jahren aus dem Iran geflüchtet sei. Diese Information hatte die Facebook-Seite AfD TV im März unter einem Interview mit ihr veröffentlicht. Laut eigenen Angaben ist Hadjimohamadvali vor 31 Jahren im Alter von 14 Jahren nach Deutschland gekommen. Wir entschuldigen uns für den Fehler.

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