Gegen diese Landes- und Bundespolitiker wird derzeit ermittelt

Dem Ideal der Demokratie entspricht es, dass Volksvertreter die Gesellschaft widerspiegeln. Demnach säßen in unseren Parlamenten auch ein paar Kronkorkensammler, BDSM-Fetischisten – und Verbrecher. Beispiele dafür gibt es einige. Die jüngsten: Der ehemalige bayerische Landtagsabgeordnete Linus Förster (SPD) muss wegen sexuellen Missbrauchs und Besitzes von Kinderpornografie für knapp vier Jahre ins Gefängnis. Und der ehemalige brandenburgische Landtagsabgeordnete Peer Jürgens von der Linken wurde wegen Betrugs zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt.

Doch auch gegen Landes- und Bundespolitiker, die noch im Amt sind, laufen gerade Ermittlungsverfahren. Die AfD taucht in dieser unrühmliches Liste besonders häufig auf. Ein Grund dafür: AfD-Politiker legten ihre Ämter meist nicht nieder, wenn gegen sie ermittelt wurde. Anders sieht das zum Beispiel bei der FPD aus. Als bekannt wurde, dass gegen den Kommunalpolitiker Markus Schiek wegen des Verdachts der Kinderpornografie ermittelt wird, trat er von allen Ämtern zurück. Auch der rheinland-pfälzische Landtagsabgeordnete Thorsten Wehner (SPD) legte sein Mandat nieder, als die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen ihn prüfte, weil er in einem Lebenslauf falsche Titel angegeben haben soll.

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Gegen diese aktiven Politiker laufen aktuell Ermittlungen. Nicht immer handelt es sich dabei um Straftaten, teilweise geht es auch um Vergehen. Wie immer bis zum Beweis des Gegenteils gilt für diese Menschen natürlich auch die Unschuldsvermutung.

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Jörg Bode (FDP)

Vorwurf: Steuerhinterziehung
Große Macht bringt große Verantwortung mit sich und noch ist unklar, ob der niedersächsische Landtagsabgeordnete diesen Spiderman-Evergreen verinnerlicht hat. Dem ehemaligen Landeswirtschaftsminister wird Steuerhinterziehung vorgeworfen. Er war bis 2014 nebenbei für ein Immobilienunternehmen tätig und unterzeichnete bei seinem Abgang einen Aufhebungsvertrag in Form eines Darlehens. Jetzt geht es um die Frage, ob der gelernte Bankkaufmann das Geld richtig versteuert hat. Bode ist sich laut einem Statement keiner Schuld bewusst, lässt aber seinen Posten im Untersuchungsausschuss zu Vergabeverstößen ruhen, bis die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Lüneburg abgeschlossen sind.

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Walter Arnold (CDU)

Vorwurf: Untreue
Untreue hat nicht unbedingt etwas mit mangelndem Eheglück zu tun. Zumindest wird Walter Arnold eine andere Assoziation gehabt haben, als die Frankfurter Staatsanwaltschaft ihm im März 2017 vorwarf, Gelder in Millionenhöhe veruntreut zu haben. Neben seinem Job als Landtagsabgeordneter ist Arnold auch Vorsitzender im Aufsichtsrat der Orthopädischen Klinik Friedrichsheim. Dort sollte eigentlich zwischen 2012 und 2014 eine Finanzspritze “im unteren Millionenbereich” für wissenschaftliche Lehre und Forschung ankommen – was nie geschah. Neben dem stellvertretenden Fraktionschef wird noch gegen eine ehemalige Geschäftsführerin und den Dekan der Uniklinik ermittelt. Die Vorwürfe streitet Arnold ab.

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Marion Walsmann (CDU)

Vorwurf: Verstöße gegen den Datenschutz
Um mehr Wähler zu erreichen, könnte man es wie Die PARTEI machen und Leuten 100-Euro-Scheine für 80 Euro verkaufen. Oder man schreibt den Leuten einfach und bittet sie nett um ihre Stimme. Das machte die thüringische Landtagsabgeordnete Marion Walsmann zur Landtagswahl 2014. Angeblich hat sie dafür jedoch unberechtigt auf Adresslisten des Arbeiter-Samariter-Bundes zugegriffen. Der Thüringer Landesbeauftragte für den Datenschutz, Lutz Hasse, ermittelt deshalb in einem Bußgeldverfahren gegen Walsmann. Die Abgeordnete bewirbt sich aktuell um das Amt der Erfurter Oberbürgermeisterin und hatte sich bereits vor drei Jahren in einem Anhörungsverfahren zu der Sache geäußert. Bis heute kam es jedoch zu keinem Urteil.


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Dieter Dombrowski (CDU)

Vorwurf: Unklar
Anfang September empfing der brandenburgische Landtagsabgeordnete und Vize-Parlamentspräsident einige ungebetene Gäste. Ermittler der Staatsanwaltschaft Potsdam und des LKA durchsuchten seine Büroräume. Presseberichten zufolge geht es dabei unter anderem um Fahrtkostenabrechnungen. Einen konkreten Tatvorwurf wollen die Behörden jedoch erst veröffentlichen, nachdem die Ergebnisse der Durchsuchung ausgewertet wurden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft zu VICE.

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Frauke Petry (parteilos)

Vorwurf: Meineid
Wie soll sich die ehemalige AfD-Chefin da auf die Gründung einer neuen Partei konzentrieren: Bereits vor über einem Jahr hatte die Staatsanwaltschaft den Verdacht des Meineids gegen Frauke Petry geprüft. Im November 2015 soll sie in einer Sitzung des Wahlprüfungsausschusses des sächsischen Landtags als Zeugin unter Eid falsch ausgesagt haben. Nachdem die Vorwürfe öffentlich wurden, empfahl sie selbst, ihre Immunität im sächsischen Landtag aufzuheben, was Ende August dann auch geschah. Seitdem wird ermittelt. Im Falle einer Verurteilung droht der Bundestagsabgeordneten eine Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr.

Foto: imago | Sven Simon

Bodo Suhren (AfD)

Vorwurf: Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht
Bodo Suhren ist Verwaltungsbeamter bei der Polizei. Und er ist stellvertretender Bundesschatzmeister der AfD. Gut für ihn und eigentlich auch kein Problem – solange er beides nicht vermischt. Nachdem der NDR berichtete, dass Suhren polizei-interne Infos an Parteikollegen im Bundesvorstand weitergeleitet hatte, ermittelt die Staatsanwaltschaft Osnabrück jetzt jedoch genau in diese Richtung. Würde sich der Vorwurf bestätigen, wäre das eine Verletzung des Dienstgeheimnisses. Suhren, der zwischenzeitlich von seinen Aufgaben bei der niedersächsischen Landespolizei entbunden wurde, darf die Dienststelle inzwischen wieder betreten. Dort läuft außerdem noch ein Disziplinarverfahren gegen ihn, weil er private Mails von seiner Polizei-Adresse verschickt haben soll.

Jan-Ulrich Weiß (AfD)

Vorwurf: Steuerhinterziehung
Es braucht schon sehr große, blitzblank polierte Reitstiefel, um einem wie Alexander Gauland in die politischen Fußstapfen zu folgen. Wenn Brandenburgs bekanntester AfD-Abgeordnete Ende Oktober im Plenarsaal des Bundestags platznimmt, wird ein nicht weniger kontroverser Nachfolger seinen Platz einnehmen: Jan-Ulrich Weiß. Dabei wurde er von Gauland 2014 kurzzeitig rausgeschmissen – wegen eines Facebook-Posts zu Jacob Rothschild. “Das ist antisemitische Hetze in schlimmster Stürmer-Manier”, kommentierte Gauland damals. Vom Verdacht der Volksverhetzung wurde Weiß später freigesprochen. Mittlerweile wehrt er sich jedoch gegen weitere Vorwürfe: Die Staatsanwaltschaft Neuruppin klagte ihn an, mehrere Millionen unverzollte Zigaretten geschmuggelt zu haben. Es geht um Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall. Sollte Weiß verurteilt werden, drohen ihm sechs Monate bis zehn Jahre Haft.

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Armin-Paul Hampel (AfD)

Vorwurf: Betrug
Der niedersächsische AfD-Landeschef hatte einen schweren Wochenstart. Am Montag durchsuchte die Staatsanwaltschaft seine Wohnung und Geschäftsräume. Dem Bundestagsabgeordneten wird nach Informationen der Welt vorgeworfen, Parteivermögen für private Zwecke veruntreut zu haben. Doch die Zeit ist auf seiner Seite: Am 24. Oktober zieht Hampel als Abgeordneter in den deutschen Bundestag ein und erhält Immunität. Dann müssten die Ermittlungen gegen ihn ausgesetzt werden – zumindest, bis die Abgeordneten seine Immunität wieder aufheben.

Foto: imago | Martin Müller

Alexander Gauland (AfD)

Vorwurf: Volksverhetzung
Im wohl bekanntesten Fall der magnetischen Liaison zwischen der AfD und dem Vorwurf der Volksverhetzung spielt Alexander Gauland zur Zeit eine Hauptrolle. Die Staatsanwaltschaft Mühlhausen ermittelt aktuell gegen den Partei-Vize. Grund dafür war eine umstrittene Äußerung Gaulands gegenüber der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Aydan Özoğuz (SPD). Auf einer Wahlveranstaltung in Thüringen sagte er über die Staatsministerin, man werde sie “in Anatolien entsorgen”. Anders als in anderen Parlamenten steht Gauland im brandenburgischen Landtag keine automatische Immunität zu. Der Landtag kann selbst entscheiden, einem Abgeordneten Schutz zu gewähren, wenn die Strafverfolgung die parlamentarische Arbeit beeinträchtigt. Ein Veto der AfD blieb jedoch bisher aus – vielleicht, weil die Partei selbst mal wegen des Begriffs “entsorgen” Anzeige erstattet hat?

Matthias Büttner (AfD)

Vorwurf: Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung
“Nein heißt Nein” ist ein Satz, mit dem sich Matthias Büttner möglicherweise noch länger auseinandersetzen muss. Seit Januar 2017 ermittelt die Staatsanwaltschaft Erfurt gegen den AfD-Abgeordneten aus Sachsen-Anhalt wegen des Verdachts auf Vergewaltigung. Die Anzeige kommt aus den eigenen Reihen – eine ehemalige Referentin wirft ihm vor, sie nach einem Treffen mehrerer AfD-Fraktionen im November sexuell genötigt zu haben. Kurz darauf wurde ihr gekündigt. Die Partei warf ihr schlechte fachliche Arbeit und einen Rachefeldzug vor. Die Staatsanwaltschaft geht nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen sogar von vollzogener Vergewaltigung aus.

Foto: imago | Sascha Ditscher

Sebastian Münzenmaier (AfD)

Vorwurf: Gefährliche Körperverletzung
Seit Juli steht der neu gewählte Bundestagsabgeordnete der AfD schon vor dem Mainzer Amtsgericht. Ihm wird vorgeworfen, im Jahr 2012 zusammen mit etwa 50 anderen Mitgliedern der Ultra- und Hooliganszene aus Kaiserslautern eine Gruppe Ultras des FSV Mainz 05 angegriffen und teilweise schwer verletzt zu haben. Mehrere Männer hatten bereits gestanden, der 28-jährige Politiker schweigt aber vor Gericht. Der bereits verurteilte Hauptbelastungszeuge sagte 2012 gegenüber der Polizei aus, dass Münzenmaier bei dem Angriff mitgewirkt habe und sogar mit seinem Auto vorgefahren sei. Mittlerweile kann sich der Mann aber nicht mehr daran erinnern. Jetzt drängt die Zeit: Die Abgeordneten-Immunität würde Münzenmaier vor Strafverfolgung schützen. Die Vorsitzende Richterin beantragte daher beim Bundestagspräsidenten schon mal vorsorglich die Aufhebung von Münzenmaiers Immunität.

Volker Schnurrbusch (AfD)

Vorwurf: Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen
Im Juli hob der Landtag in Kiel die Immunität des AfD-Abgeordneten Volker Schnurrbusch teilweise auf. Anschließend wurde dessen Büro durchsucht, um elektronische Geräte sicherzustellen. Hintergrund: Ein Facebook-Post aus Bayern wurde auf der Seite der AfD Schleswig-Holstein geteilt. Darin sollen die Antifa mit der Sturmabteilung der Nazis (SA) gleichgesetzt und auch verfassungsfeindliche SA-Symbole verwendet worden sein.

Schnurrbusch selbst nennt sich “Facebook-Abstinenzler” und beteuert, dass er keinen Zugang zu der Seite gehabt habe. Presserechtlich ist er aber verantwortlich für die Inhalte, weil er im Impressum stand. “Die Ermittlungen in dem hier aufgrund einer Strafanzeige geführte Verfahren gegen den Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtages, Herrn Volker Schnurrbusch, sind derzeit noch nicht abgeschlossen”, so Oberstaatsanwalt Henning Hadeler am Landgericht Kiel gegenüber VICE. Für die Verbreitung verfassungsfeindlicher Kennzeichen kann er mit einer Geldstrafe oder mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden.

Foto: imago | Phototek

Marcus Held (SPD)

Vorwurf: Untreue in neun Fällen
Ein anonymer Hinweis regte die Mainzer Staatsanwaltschaft dazu an, beim SPD-Bundestagsabgeordneten Marcus Held nachzuhaken. Nun wird ihm der Verdacht auf Untreue in neun Fällen vorgeworfen. Im Dossier des unbekannten Absenders werden dem Oppenheimer Bürgermeister unter anderem städtische Grundstücksgeschäfte, Bestechlichkeit und Subventionsbetrug unterstellt. Nach erfolgreicher Prüfung des Rechnungshofs, hat die Staatsanwaltschaft nun “zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten”. Auch ein Antrag, die Immunität, die Held als Bundestagsabgeordneter genießt, aufzuheben, wurde bereits gestellt. Held selbst weist die Vorwürfe von sich und sagte der Allgemeinen Zeitung, dass er nicht nachgeben werde. Aber: “Die Ermittlungen gegen Herrn Held dauern an”, so der Mainzer Oberstaatsanwalt Gerd Deutschler auf Nachfrage von VICE. “Veröffentlichungsfähige neue Erkenntnisse habe ich insoweit nicht.”

Mitarbeit: Tim Geyer, Benedikt Niessen, Marvin Xin Ku

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