Jetzt, wo der Frühling eingezogen ist, ist es in manchen Teilen der Welt kaum möglich, nicht über Alligatoren zu fallen, die im Studentenwohnheim nach paarungswilligen Weibchen suchen. Hierzulande lässt sich die tierische Suche nach Liebe an euphorischen Vogelgesängen oder sehr aktiven Eichhörnchen festmachen. Was uns Menschen angeht, gibt es das Klischee der Winterbeziehung, der man sich im Frühjahr entledigt, um frei und experimentierfreudig durch die warme (oder zumindest wärmere) Jahreszeit zu kommen. Aber: Bedeutet das, dass wir ebenfalls eine klar festzumachende “Paarungszeit” haben?
Nicht wirklich, sagt Dr. Justine Shuey. “Es ist nicht so, dass sich im April alle Menschen paaren”, erklärt die Sexologin aus Philadelphia. Laut ihr unterscheidet sich der Wunsch danach, Sex zu haben oder Kinder zu bekommen, von einer ovulierenden Person zur anderen.
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Dr. Megan Stubbs, Sexualwissenschaftlerin im US-Bundesstaat Michigan, sieht das ähnlich. “Wissenschaftlich gesehen ist die Paarungszeit eine Zeit, in der die Fische den Fluss hinaufschwimmen, um sich zu vermehren. Wir wissen alle, dass das im Frühling passiert”, sagt sie im Gespräch mit Broadly. Grund dafür sei, dass die Lachse “nur eine bestimmte Zeit haben, in der sie sich fortpflanzen können. Gleichzeitig ist die Reproduktion ihr einziger Lebenszweck.”
Pandabären sind laut Stubbs ebenfalls eine Spezies, die sich nur in einem bestimmten Zeitfenster fortpflanzen können. Das liegt daran, dass die Weibchen nur für kurze Zeit fruchtbar sind.
Laut Erhebungen des Bundeszentrale für politische Bildung fielen 2014 die meisten Geburten auf den Juli.
Menschen hingegen können sich das ganze Jahr über fortpflanzen. Da wirkt es gegenüber bedrohten Tierarten beinahe unfair, dass Sex für viele von uns nicht primär der Nachwuchsproduktion gilt. “Für uns gibt es kein bestimmtes Zeitfenster, in dem wir uns schnell paaren müssen. Frauen haben jeden Monat einen Eisprung”, erklärt Stubbs.
Trotzdem gibt es Monate, in denen mehr Kinder zur Welt kommen. Laut Erhebungen des Bundeszentrale für politische Bildung fielen 2014 die meisten Geburten auf den Juli. Die meisten Geburten pro Tag gab es im September. Weltweit gesehen sieht es ähnlich aus. In den USA sind ebenfalls Juli sowie August die geburtenreichsten Monate. Sprich: Der Zeitpunkt der Empfängnis liegt bei den meisten Menschen im Winter.
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Laut Experten gibt es durchaus Zeiten, in denen wir häufiger Sex haben – allerdings eben nicht zwingend, um uns fortzupflanzen. Stubbs spricht regelmäßig mit Studenten über Sex und kann bestätigen, dass es einen “großen Anstieg” bei One-Night-Stands während der Semesterferien im Frühling, während des Sommers und im Spätherbst gibt.
Einer Studie aus dem Jahr 2012 zufolge, haben Menschen zum Sommer- und Winterbeginn am häufigsten Sex. Eine Analyse über den Zeitraum von fünf Jahren hatte ergeben, dass Begriffe zu den Themen Prostitution, Pornografie und Partnersuche zu diesen Zeiten besonders häufig bei Google gesucht wurden.
Du bist kein Panda.
Irgendwie spielt Mutter Natur dabei aber doch eine Rolle. Laut Shuey würden viele Menschen nämlich während schwierigen klimatischen Bedingungen wie beispielsweise Schneestürmen schwanger. “Wenn Menschen drinnen gefangen sind und sich langweilen, tun sie es vielleicht nicht unbedingt, um sich fortzupflanzen. Sie tun es, weil sie sonst nichts zu tun haben.”
Das Fazit? Glaubt ja nicht, dass es irgendeinen richtigen oder falschen Zeitpunkt gibt, um sich auf die Suche nach einem neuen Partner zu machen. “Es kann jederzeit passieren”, sagt Stubbs. “Du bist kein Panda.”
Titelfoto: imago | Westend61