Wer es noch nicht geschafft hat, einen Song von Glass Animals zu hören, sollte sofort aufhören zu lesen, ein bisschen runterscrollen und sich einen ihrer Tracks anhören. Man glaubt sofort, die Jungs hätten sich vor den Aufnahmen so viel Acid reingeknallt, dass sie während ihres Trips erst mal auf den pinkesten Einhörnern, Yetis und Charmin-Bären herumreiten mussten, bevor sie ihre fliegenden Instrumenten wieder einfangen und darauf spielen konnten.
Dabei klingt ihre Musik alles andere als verrückt und psychedelische Drogen sind überhaupt nicht ihr Ding. Dave, Drew, Edmund und Joe schreiben einfach Songs, die in sich schon die besten Trips sind, die ihr jemals haben werdet. Diese Trips haben auch Paul Epworth beeindruckt, der unter anderen den Karrieren von Musikgrößen wie Adele, Bloc Party oder Florence and the Machine einen mächtigen Schub verpasst hat. Jetzt sind Glass Animals der erste gesignete Act bei Epworths Label Wolf Tone. Dabei waren sie davor nicht viel mehr als Hobby-Musiker.
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Noisey: Ihr wart gerade mal Hobby-Musiker, als Paul Epworth euch unter Vertrag genommen hat. Wie konnte das so schnell gehen?
Dave: Keine Ahnung, das war eine ganz schön wilde Achterbahnfahrt für uns. Ich kann es immer noch nicht glauben.
Joe: Dave kam vor ein paar Jahren kurz vor Weihnachten zu uns und meinte nur: „Hier sind zwei Songs, die ich geschrieben habe“. Wir meinten sofort zu ihm: „Wow, das ist echt gut“ und er sagte, er würde die Songs bei MySpace posten. Natürlich dachten wir uns dabei nicht viel, außer, dass es cool sei, aber, dass was dabei rauskommen würde, hätte keiner von uns gedacht.
Stimmt es, dass es nur vier Tage dauerte, bis Leute im Netz auf die Songs angesprungen sind?
Joe: Ich weiß nicht, wie lange es genau gedauert hat, aber es war wirklich schnell.
Dave: Ich frage mich immer noch, wie Leute so schnell Musik finden.
Habt ihr eine Ahnung wie Paul Epworth euch entdeckt hat?
Dave: Wer weiß. Wir waren schon immer Fans von ihm, er hat so viele Songs produziert, die wir schon jahrelang kannten. Als er uns kontaktierte, waren wir schon mit seinem ganzen Katalog vertraut. Total verrückt.
Joe: Wir haben seinen Namen auf der Gästeliste einer unserer ersten Shows in London gesehen. Das war ziemlich irre für uns.
Sowas sorgt natürlich für extra viel Druck.
Joe: Ja, total. Ich dachte nur: „Scheiße, ich wünschte, ich hätte das nicht fünf Minuten vor Stagetime gesehen“ (lacht). Aber er ist ein unglaublich netter Mann und seine Musik ist faszinierend.
Habt ihr für eure EP Gooey angefangen, mit ihm zusammenzuarbeiten?
Dave: Ja, bei Gooey hatte er bereits seine Finger im Spiel.
Und für euer Debütalbum Zaba war es wahrscheinlich ähnlich.
Joe: Nein, für Zaba war er sehr zurückhaltend.
Dave: Das hat einfach damit zu tun, dass er einer der beschäftigsten Männer im Business ist und er uns einen Vertrag gegeben hat, weil er Künstler haben wollte, die eigenständig arbeiten können.
Joe: Er hat uns auch gesagt, dass er sich sofort in Daves Produktion verliebt hatte und er in diese Welt eintreten konnte, die Glass Animals kreiert hat. Und normalerweise ist es sein Job, diese Welt zu kreieren. Mit uns wusste er aber, dass diese Welt bereits existiert und er nicht die Verpflichtung hatte, aktiv am Album mitzuarbeiten.
Was lernt ihr denn von Legenden wie ihm, wenn er nicht wirklich aktiv am Album mitarbeitet?
Dave: Er kommt manchmal ins Studio und bringt Leben in die Bude. Er sagt uns Sachen wie „Schreibt jeden Gitarren-Part noch mal neu“, „Entfernt alle Synth-Lines und ersetzt sie mit etwas anderem“, oder „Singt diesen Vers nach dem Refrain“.
Joe: Damit meint er aber eher „Versucht es“ und nicht „Macht es“.
Was will er damit bewirken?
Joe: Er will uns zum Nachdenken bringen. Wenn man sich lange mit etwas beschäftigt und in seine Arbeit stark involviert ist, fällt es einem irgendwann schwer, Fehler zu entdecken. Wir haben so lange an Songs gearbeitet, dass es wichtig für uns war, jemanden zu haben, der alles noch mal umdreht, abhaut, und uns damit zwingt, anders zu denken.
Werden die Songs dadurch denn besser?
Dave: Manchmal werden sie schlechter, manchmal besser.
Joe: Wenn der Song am Ende schlechter ist, haben wir die Bestätigung, dass das, was wir vorher gemacht haben, brillant ist. Und dann sind wir unendlich dankbar, dass er uns zum Nachdenken bewegt hat, weil wir das sonst nicht geschafft hätten.
Dave, du hast schon öfters erklärt, dass deine Lyrics aus der Perspektive eines Kindes kommen sollen. Außerdem habt ihr Zaba nach einer Lieblingsgeschichte aus deiner Kindheit benannt.
Dave: Das war alles eher Zufall.
Also steckt nichts Tiefgründiges dahinter?
Dave: Da steckt auf jeden Fall etwas Tiefgründiges dahinter. Es hat wahrscheinlich damit zu tun, dass ich fasziniert davon bin, wie Kinder sind und wie sie auf bestimmte Geschichten reagieren. Deswegen wollte ich das Album nach einem Kinderbuch benennen, speziell nach diesem Buch. In der Geschichte passieren viele eigenartige Dinge: Es geht um ein Jungen, der mitten in einem Wald aufwacht, auf der ersten Seite von Bonobos gefangen genommen, auf der zweiten Seite von einer Blume verschlungen wird, auf der dritten Seite mit einem verrückten Vogel spricht und später als Schmetterling davon fliegt. Das alles passiert in diesem Wald. Ich wollte ein Album machen, das ähnlich wie die Geschichte strukturiert ist. Das Album soll also diesen Wald, dieses Buch, repräsentieren. Jeder Song ist eine Seite aus dem Buch.
Das mit dem Jungen, der von einer Blume verschlungen wird, ist interessant—in eurem Video zu „Psylla“ wachsen Blumen aus euren Körperteilen, was sehr psychdelisch aussieht. Ihr steht nicht zufällig auf LSD?
Dave: Nein, definitiv nicht (lacht).
Joe: Das hat ein Animator aus L.A. gemacht, der etwas eigenartige Gedanken hatte, die aber sehr gut zu uns und der Band passten.
Dave: Damals habe ich in der Wissenschaftsbücherei in Oxford ein seltsames Buch gefunden, das im 18. Jahrhundert geschrieben wurde und in dem es um Tiere ging, die es eventuell in der Zukunft geben könnte. Diese Tiere schwirrten Joe und mir immer wieder durch den Kopf, die hat der Regisseur dann zufällig für das Video zu „Psylla“ entwickelt. Wir wussten also sofort, dass wir auf einer Wellenlänge sind.
Eure Musik hat nicht nur einen psychedelischen, sondern auch einen sehr träumerischen Vibe, was wahrscheinlich Hand in Hand geht. Wo kommt dieser träumerische Vibe her?
Dave: Der größte Teil der Musik entsteht bei Nacht. Das ist auf jeden Fall ein Grund dafür.
Warum nicht tagsüber?
Dave: Zu viel zu tun. Gerade spreche ich mit dir, danach geht’s zum Soundcheck, danach hab ich vielleicht Bock auf ein Sandwich (lacht). Tagsüber ist einfach nicht die beste Zeit, Ideen zu entwickeln. Wenn ich aber schlafen gehe, oder mitten in der Nacht aufwache, bekomme ich Ideen.
Also wachst du öfters mitten in der Nacht auf, um Songs aufzunehmen?
Dave: Viel zu oft. Wirklich. Und es ist verdammt nervig. So sind aber viele Lyrics für das Album entstanden. Es geht mir wirklich auf die Nerven, aber ich muss dann trotzdem aufstehen, mein Mikrofon anschließen, meine Gitarre rausholen und ganz leise spielen, damit mich keiner hört…
Joe: …und daher kommt wahrscheinlich der träumerische Aspekt.
Dave: Dazu kommt, dass ich dann auch im Dunkeln spiele—ohne Licht, weil das für die Augen immer blöd ist.
Und obwohl die Kreativität euch den Schlaf raubt, habt ihr habt beschlossen, euch nicht direkt in die Musik zu stürzen, sobald ein paar gute Songs da waren. Ihr wolltet weiter studieren, weiter arbeiten. Warum?
Dave: Wir hatten einfach keine Ahnung von der Musikindustrie. Wir wussten zwar, dass unsere Musik gut ist, aber kannten keinen im Business. Ich dachte immer, es sei unmöglich für einen Musiker, von seiner Kunst zu leben, vor allem in der heutigen Zeit. Ich bin aber schnell süchtig geworden und hatte keine Wahl.
Was würdet ihr denn machen, wenn das mit der Musik nicht geklappt hätte?
Dave: Ich würde weiter Musik machen, weil ich es liebe. Vorher habe ich aber Medizin studiert und wollte Psychiater werden.
Joe: Ich habe Anthropologie studiert, was sehr faszinierend war, aber leider ins Nichts führte (lacht). Ich wusste, dass ich niemals ein Antropologe werden würde, weil es davon ungefähr sechs auf der Welt gibt, die alle meine Uni-Bücher schreiben. Ich habe also keine Ahnung, was ich außer Musik machen würde. Vielleicht würde ich da sitzen, wo du gerade sitzt und umgekehrt (lacht).
Dave, du hattest dann bestimmt ein paar Einblicke in eine Psychiatrie, oder?
Dave: Während meines Studiums habe ich viel Zeit in Psychiatrien verbracht. Es war eine ziemlich bizarre Erfahrung. Man gewöhnt sich aber daran, sehr eigenartige Sachen zu sehen, sehr eigenartige Menschen kennenzulernen und wirklich schreckliche Geschichten zu hören.
Hat das denn auch deine Musik beeinflusst?
Dave: Auf jeden Fall. Viele Stories in meinen Lyrics sind von diesen Erfahrungen stark beeinflusst. Ich habe immer versucht zu erklären, wie Menschen, vor allem Schizophrene, die Welt sehen. In ein paar Songs erzähle ich Geschichten aus der Ich-Perspektive und versuche, die Welt aus ihren Augen zu erklären.
Jetzt wo ihr mit großen Leuten wie Paul Epworth im Studio seid, muss ich euch fragen: Gibt es „die Baracke“ noch?
Joe: Na klar! Das wird immer ein Ort bleiben, an den wir uns zurückziehen können, um Musik zu machen und zu proben. Die kleine Hütte steht mitten im Wald, ist von Bäumen und Tieren umringt. Da ist unser ganzes Equipment drin, die Wände haben wir mit Kissen schalldicht gemacht.
Dave: Mittlerweile ist es ein ziemlich mystischer Ort, an dem wir ungestört Musik machen können. In der Hütte stören wir höchstens die Mäuse.
Zaba erscheint am 6. Juni bei Caroline (Universal). Holt es euch bei Amazon oder iTunes.
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