Man sagt, die wirkliche Action bei der Fashion Week findet fernab der Hauptveranstaltungen statt. Und weil mich die Shows dieses Jahr gelangweilt haben, wollte ich mir anschauen, was am Rand der Modewoche sonst noch so los ist. Angeblich ist die Eröffnungsparty der selbst-stylenden, frech-fröhlichen Modeblogger von Dandy Diary dabei die legendärste Party von allen. Und zufälligerweise sollte es diesmal eine kitschtastische Miami-Poolparty im Berliner Fetischclub KitKat werden.
Schon als sich die Türen um 22.00 Uhr öffneten, stand eine gigantische Schlange vor dem Club. Im Gegensatz zu vielen anderen Partys der Fashion Week durfte hier auch die Öffentlichkeit mit dabei sein—wenn sie denn 20 Euro zahlte und an den gesichtskontrollierenden Drag Queens vorbeikam.
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Wenn man dein Gesicht befriedigend fand, durftest du über den roten Teppich trotten. Wenn man dein Gesicht allerdings außergewöhnlich befriedigend fand, hielten dich die Fotografen für ein Foto an. Das besagte Gesicht wurde dann in einer extremen Nahaufnahme für die Nachwelt festgehalten. Obwohl das selbstverständlich ein überaus oberflächlicher Prozess ist, sollte erwähnt werden, dass das Publikum wohl das Schönste war, das ich jemals gesehen habe.
Hier ist Dandy Nummer Eins mit dem Bananenhut. Und für den Fall, dass du keines der verräterischen Zeichen oder Gesichtstattoos erkennen kannst: Sein Companero ist ein BÖSER Rapper.
Das ist Dandy Nummer Zwei mit dem blonden, zeitgenössischen Vokuhila. Wir wurden hier an Michael Michalskys Weinbar, aka der Zentrale für perfekte Fotogelegenheiten, bedient. Es gab eine Menge Gratis-Champagner, Vodka-Redbull und sogar eine Jägermeister-Selbstbedienungsanlage. Nach nur 40 Minuten wurde der Alkohol allerdings schon knapp.
Hawaii-Hemden waren definitiv das beliebteste Outfit des Abends. Nichtsdestotrotz stachen dieser von Keith Haring inspirierte Anzug und das dazugehörige Brusttattoo hervor. Zusätzlich ist es noch sehr clever: Die Google-Recherche legt nah, dass es sich dabei um eine undeutliche Anspielung an einen Swimmingpool handelt, den der Künstler 1987 gemalt hatte.
Nicht jeder hielt sich an diesem Abend an das Motto. Es gab etliche Spielverderber wie mich selbst, die normale Kleidung trugen, oder die, obwohl nicht kostümiert, etwas schicker erschienen sind. Diese Dame zum Beispiel hatte die bewegungslose Kunst des Silhouettenmodelns perfektioniert und zog damit eine Menge Aufmerksamkeit auf sich.
Sie wurde schnell von diesem amourösen Doppelteam ersetzt, das wie ein paar Teenager in der Ecke herumknutschte. Aber alles in allem ist das nicht ganz das, was man von einer exklusiven Modeparty erwarten würde. Ich hatte mir sehr hochnäsige und schmerzlich glanzvolle Leute vorgestellt. Stattdessen war jeder einfach nur nett und albern.
Bei der Dandy-Diary-Zirkusparty vom letzten Jahr gab es Elefanten, Zwerge, Transvestiten und alle möglichen „Freaks“. Dieses Jahr wurden männliche Models in Boxen gesteckt und als Tennisspieler oder Rettungsschwimmer präsentiert. (Ich entschuldige mich für den Gitarrengag mit dem Schläger).
Der Gratisalkohol hatte zu diesem Zeitpunkt schon seine Wirkung gezeigt. Gegen 1 Uhr morgens hatten sich alle Schäfchen bereits brav um den Pool versammelt und warteten darauf, dass jemand den ersten Sprung wagte, um das Ganze in eine echte Poolparty zu verwandeln. Ein paar Burschen haben dann die Initiative ergriffen und eroberten sich mit Arschbomben und Rückwartssalti die Aufmerksamkeit. So war die Mitgliedschaft bei McFit letzten Endes doch noch jeden Cent wert.
Die Mädels zierten sich da noch etwas mehr. Erst recht, als es wie in einer Studentenverbindung zuging und sich die größte Sportskanone dieses Mädchen schnappte, um es gegen ihren Willen ins Wasser zu werfen. Die generelle Stimmung ähnelt zu diesem Zeitpunkt eher einer betrunkenen Studentenparty als einer elegenten Modeveranstaltung.
Am Rand stand dieser entschlossen unbelustigte Fotograf vom Stern. Ohne sein Auge auch nur ein einziges Mal an den Sucher zu setzen, erklärte er mir, dass er auf der Suche nach der heutigen Version der Goldenen Zwanziger ist. Aber was statt hemmungloser Otto-Dix-esker Dekadenz geboten wurde, hielt er in einem kurzen Satz fest: „Es ist eine Kinderparty.“
Ich glaube, genau das ist irgendwie der Punkt. Indem sie eine 90er-Poolparty schmissen, erklärten beide Veranstalter eindeutig, dass sie das Ganze nicht so Ernst nehmen. Die Musik war den größten Teil der Nacht furchtbar geschmacklos—dann schließlich gut verkörpert durch ihren neuen wirklich beschissenen Song, den sie später zu Playback vorgetragen haben. Die Haute-Couture-Szene ist nicht gerade dafür bekannt, sich zu sehr der Lächerlichkeit preiszugeben, aber nach der Beliebtheit der Party zu urteilen, scheint es, als ob sich die Dandys da eine ziemliche Nische für ihre Mini-Marke der protzigen Dreistigkeit erkämpft haben. Und wenn man der Modeszene auch nur für einen kleinen Moment den Stock aus dem Arsch ziehen kann, dann ist das für mich nichts Schlechtes.
Fotos: Jessica Lopez