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Heulsuse der Woche: Mario Barth vs. flüchtlingsfeindlicher Feuerwehrmann

Der Comedian verursacht einen Unfall und stilisiert sich anschließend als Opfer, und ein sächsischer Feuerwehrmann will keine Brände in Flüchtlingsheimen löschen.

Und wieder ist es an der Zeit, sich über ein paar Menschen zu wundern, die mit der Welt nicht fertigwerden.

Heulsuse #1: Mario Barth

Der Vorfall: Mario Barth verursacht Medienberichten zufolge einen Unfall an einer Kreuzung. Niemand wird verletzt, das Fahrzeug des anderen Unfallbeteiligten wird allerdings schwer beschädigt.

Die angemessene Reaktion: Den Fall der Versicherung melden und sich entschuldigen.

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Die tatsächliche Reaktion: Auf Facebook gegen die örtliche Polizei wettern und ankündigen, das Ganze in der eigenen Fernsehsendung zu thematisieren.

Ja, OK: Ich bin nicht der größte Fan von Mario Barth. Das könnte zum einen daran liegen, dass ich Dumpfbacken-Seximus noch nie so richtig lustig fand, zum anderen unterhält der Berliner mit Mario Barth deckt auf! die wohl unsympathischste Sendung des Privatfernsehens. Ein Format, in dem er dem Wutbürger vor der heimischen Glotze mit ebenso einfachen Worten wie Schlussfolgerungen klarmachen möchte, wie sehr die da oben das Geld des armen deutschen Steuerzahlers zum Fenster rausschmeißen, und das ähnlich investigativ ist wie die Blitz Illu. Weniger genau nimmt der gute Mario es laut Medienberichten übrigens mit der Straßenverkehrsordnung.

Wie unter anderem die B.Z. berichtet, soll Barth an einer Kreuzung in Berlin-Rudow das Vorfahrtsschild missachtet und mit seinem Porsche frontal in ein anderes Fahrzeug gekracht sein. Der gerammte Peugeot erlitt einen Totalschaden, der Schaden am Sportwagen soll sich auf 8.000 Euro belaufen. Verletzt wurden weder der Komiker noch der 59-jährige Mann, der im anderen Wagen saß. Könnte man davon ausgehen, dass Mario Barth etwas Demut zeigt und sich darüber freut, mit seiner Fahrschildmissachtung lediglich für beträchtlichen Blechschaden gesorgt zu haben? Ja. Tut er das? Nein, natürlich nicht.

Die deutsche Comedybranche ist ähnlich lustig wie Herpes—und der Deutsche Comedypreis beweist es.

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Stattdessen meldete er sich auf Facebook zu Wort und erzählte die Geschichte ein kleines bisschen anders—in seiner Version war er nämlich lediglich Beobachter der Szene. „Ich war Zeuge eines schweren Autounfalles und wollte sofort die Polizei rufen. Flüssigkeiten liefen aus und die Kreuzung war blockiert. Tja wer dann denkt, dass ein Notruf wichtiger ist als Kunst am Bau, Sitzkiesel in einem Park, oder Soda-Brücken auf dem Feld, der hat sich geirrt.", postete er. Was dann geschah, wird euch die Hände über dem Kopf zusammenschlagen lassen: „Nach insgesamt über 9 Minuten und mehreren Versuchen (4 mal getrennt worden) ging jemand ran."

Das ist grundlegend natürlich ein unhaltbarer Zustand. Wie Mario Barth sich als scheinbarer Unfallverursacher allerdings als Opfer der Situation inszeniert, um neuen Stoff für seine Fernsehsendung zu haben, ist dann doch ziemlich ekelhaft: „Ich finde es echt erschreckend. Heute war es ein schwerer Autounfall, was ist es morgen? Ein neuer Fall für deckt auf. Ich habe alles gefilmt und werde es euch natürlich zeigen. Nicht nur im TV auch in den sozialen Netzwerken. Wir können es ändern. Nächste Mal geht es vielleicht um euch. Wenn ihr es irre findet, dann Daumen hoch."

Dieser Post wirft mehrere Fragen auf. Nicht zuletzt auch die, ob Barth den Unfall womöglich bewusst herbeigeführt hat, weil es einfach keine jahrelang leerstehenden Gebäude mehr gab, über die er sich in seiner Sendung hätte aufregen können. Laut der B.Z. wollte sich das Management des Comedians übrigens nicht zum Vorfall äußern. Was lernen wir daraus? Augen auf im Straßenverkehr—vor allem wenn aus dem Fahrzeug neben einem wiederholt das Wort „Kennste?!" zu hören ist.

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Heulsuse #2: Ein flüchtlingsfeindlicher Feuerwehrmann

Symbolbild | Foto: imago/CTK Photo

Der Vorfall: Auch im sächsischen Frankenberg werden Flüchtlinge aufgenommen. Einem Feuerwehrmann scheint das zu missfallen.

Die angemessene Reaktion: Trotzdem seinen Job machen.

Die tatsächliche Reaktion: In einer Petition an die Stadt fordern, keine Brände mehr in Flüchtlingsheimen löschen zu müssen.

Als würde die aktuelle Flüchtlingsdebatte nicht schon genug menschliche Abgründe innerhalb der deutschen Bevölkerung offenbaren, wurde nun auch die letzte Bastion der Selbstlosigkeit und Nächstenliebe erschüttert: die Feuerwehr. Laut der Freien Presse soll ein Feuerwehrmann aus Irbersdorf sich im Laufe der letzten Wochen gleich mit mehreren Petitionen an die Stadt Frankenberg gewandt haben, „in denen er unter anderem die Ablehnung und Nichtaufnahme von weiteren Asylbewerbern in der Stadt fordert." So weit, so gewöhnlich. Es war wohl falsch, sich der romantischen Vorstellung hinzugeben, dass Menschen, die für andere wortwörtlich durchs Feuer geben, irgendeine Art von tieferem Verständnis für menschliche Not in sich tragen.

Damit aber nicht genug. Wenn man die Asylanten schon nicht davon abhalten kann, nach Deutschland zu kommen, dann sollen sie ihre Feuerchen zumindest selbst löschen, dachte sich Jürgen S. scheinbar, und hielt es für eine gute und angemessene Idee, den Stadtrat darum zu bitten, „vom Einsatz bei der Brandbekämpfung im Asylbewerberheim entbunden zu werden". Seine Begründung: Eigenschutz. Ja, wirklich.

Der Vorschlag sorgte wenig überraschend für große Empörung, auch unter seinen Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Sachsenburg/Irbersdorf. Der Stadtfeuerwehrchef distanzierte sich ausdrücklich von der Forderung, die Petition wurde (auch das nicht sonderlich überraschend) abgelehnt. Nicht zuletzt auch, weil die Feuerwehrsatzung klar festlegt, dass man einen Einsatz nicht einfach verweigern kann. „Wir retten Leben, Menschen, Tiere und Sachwerte" stellte Stadtwehrleiter Harry Wrobel gegenüber der Freien Presse klar. „Dabei machen wir keine Unterschiede."

Jürgen S. selbst hat sich zu der Sache noch nicht geäußert. Er befindet sich aktuell wohl „auf einer Auslandsreise".

Letzte Woche: Die Politikerin Beatrix von Storch macht AfD-Kritiker für einen Brandanschlag auf ihr Auto verantwortlich und eine Menschenrechtlerin wird angezeigt, weil sie Neonazis den Mittelfinger zeigt.

Der Gewinner: Beatrix von Storch!