Kanye West hat gestern…Ach nein, stimmt ja gar nicht. Gestern hat Kanye West ausnahmsweise mal nicht die erste Geige gespielt, denn gestern waren ja die Grammys. Zum 58. Mal wurde der größte und wichtigste Musikpreis der Welt in 83 Kategorien bla bla bla. Lasst uns ehrlich sein: nicht mal Jesus Christus persönlich interessiert es anno 2016, wer den Preis für das beste Album in der Sparte „Christliche Popmusik” gewonnen hat. Uns auch nicht und euch wahrscheinlich auch nicht. Aber jetzt mal nicht so zynisch hier. Denn dieses Jahr war tatsächlich eine Menge krasses Zeug (okay, eigentlich nur Kendrick! Kendrick! Kendrick!) dabei. Ein Live-Not-Live-Ticker vom Morgen danach.
01:00: Der rote Teppich: Hübsche und überwiegend hässliche Kleider. Und Musiker und Produzenten, die sich alle sehr „blessed“ fühlen, wenn sie gefragt werden, wie es sich anfühlt, nominiert zu sein.
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01:20: Sam Smith läuft den roten Teppich entlang. Er ist wirklich sehr dünn geworden.
01:25: Justin Bieber hat einen kleinen Jungen dabei, der keinen Bock hat. Sinnbild für: Schaut mal, wie groß ich geworden bin. Klar, man könnte beide verwechseln, aber Justin hat einen Schnauzer.
01:30: Ist Felix Jaehn (deutsch: Jähn) eigentlich nominiert? Oder Robin Schulz?—Der, der immer mit seiner Mutti unterwegs ist. Nix da! Tja, Deutschland represented halt nur im Klassikbereich. Wobei, Halt Stopp, Kollegah ist da. WTF! Kollegah?
01:50: Lady Gaga.
02:00: Taylor Swift singt „Out Of The Woods“. Oh, ist da gerade Glitzerkonfetti von der Decke gefallen? Adele musste sich was aus dem Auge wischen. Süß. Trotzdem: Es war kein geiles Opening. Merkt sie wohl selbst.
02:06: Erste Schamgefühle kommen beim Host LL Cool J auf, der Adele und Lionel Richie (stümperhaft vorgelesen) einander vorstellt. „Adele, Lionel: Say Hello!“
02:10: „Best Rap Album“ geht an Kendrick Lamar. Schwenk auf Taylor Swift. Die freut sich.
02:16: Sam Hunt: Countrysänger. Der würde schon für seinen Bizeps mindestens irgendwas gewinnen. Für sein Duett mit Carrie Underwood (die amerikanische Helene Fischer) eher nix.
02:23: Ohne Ton sieht Ariana Grande aus, wie ein ganz normales Mädchen aus „Berlin Tag & Nacht“. Sie hat The Weeknd angekündigt. Der singt seinen einen Hit in einer LED Box und seinen anderen minimalistisch mit Cello und Pianobegleitung. Dave Grohl tanzt. Adele startet die Standing Ovation. Und sieht dabei unsicher aus. Muss sie nicht: Alle folgen ihr.
02:34: Selena Gomez hört sich an wie KIylie Jenner, sagt das Internet. In Kinderstimme sagt sie das Duett von Ellie Goulding und Andra Day an. Danach die Erkenntnis: Andra müsste berühmter sein als Ellie.
02:39: „Best Country Album“: Vor den Nominierten wird erstmal den Truppen gedankt. USA! USA! USA!
03:01: Rihanna hat ihre Performance abgesagt: Bronchitis. Ansonsten stehen die Grammys dem Echo bisher übrigens in nichts nach. Nur, dass öfter Werbung kommt, als dass der Universal gedankt wird.
03:09: „Song of the Year“: Stevie Wonder gibt den Gewinner bekannt: Ed Sheeran und seine Songschreiberin. Er bedankt sich, jetzt ist sie dran. Ihr Moment! Das, wofür sie arbeitet! Und dann: in dem Moment, als sie ins Mikro spricht, wird es ausgemacht. Es geht nahtlos ins Tribute der Eagles. Das Leben ist scheiße – und die Grammys gerade auch.
03:40: Endlich! Kendrick Lamar! In Ketten wird er in einen Knast geführt, befreit sich, liefert ab, hat eine Message, wird künstlerisch. Das ist er also: Der Grammy-Moment, mit dem jede belanglose Performance vor ihm angekündigt worden ist.
03:57: Die Alabama Shakes bekommen einen Grammy für die beste Rock Performance. Es geht bergauf!
04:00: Adele singt während zeitglich der Tontechniker geköpft wird. Er hat der Fernsehlandschaft nämlich mal schön den Ton vom Anfang der Performance gekillt und selbigen nicht so schnell wieder eingepegelt bekommen. Ist—wie vieles an diesem Abend—aber auch egal. Adele singt emotional und weint. Alle stehen auf. Warum setzen die sich überhaupt wieder hin? Während geklatscht wird, brüllt Adele, „I love you Kendrick! You are amazing!“ Stimmt.
04:10: Justin Bieber singt mit seiner Gitarre. Gibt keine Soundprobleme. Seine Stimme ist tief—er trägt ja auch einen Bart. I feel you, Bro! Er schmettert seine Akustikgitarre nach der Ballade jämmerlich auf den Boden und springt zu Diplo und Skrillex auf die Bühne. So erwachsen. Wo sind die Schnitte zu Taylor Swift und Selena Gomez, wenn man sie braucht?!
04:18: Meghan Trainor weint, weil sie „Best New Artist“ geworden ist. Zu recht. Wäre es doch Courtney Barnett geworden. Aber hätten wir eine #whoiscourtneybarnett Welle gewollt?!
04:24: Lady Gaga macht den Bowie. Sie singt seine größten Hits, bekommt Visuals aufs Gesicht projiziert und so richtig mag das alles nicht hierhin passen. Ja, sie kann androgyn. Ja, sie hat eine feine Stimme. Aber niemand sonst ist Bowie. Der hat aber halt auch immer einen Scheiß auf Preisverleihungen gegeben. Warum sollten ihn also die Grammys interessieren? Gaga fühlt sich in ihr Method-Acting, dreht sich im Kreis, tanzt abgehackt. Das fühlt sich alles so an wie bei „Stars In Concert“. Vielleicht ist es aber auch nur Verbitterung, dass diese Preisverleihung einfach keine Zeit hat, tiefgründig zu sein. Egal. Standing Ovation! Florence Welch muss kichern.
04:49: Nach Werbung und einer belanglosen Performance kommen jetzt die Alabama Shakes. Brittany Howard—diese Stimme! <3 < p=””>
04:54: Dave Grohl hält eine Laudatio auf Lemmy. Die Performance für ihn wird von Alice Cooper eröffnet. Fett! Alles, was man will und erwartet wird erfüllt. Der Sound, das Setting, Johnny Depp an der Gitarre (?). Die Hollywood Vampires. Große Liebe!
05:20: Irgendwie passiert nicht mehr viel. Jetzt hat Taylor Swift gewonnen: Album of the Year! Ein aufgesetzt-bestürzter Blick. Sie rennt zu Kendrick, um ihn zu umarmen. Sie hält eine Rede an die Frauen dieser Welt. Und antwortet damit auf Kanyes Disserei: „Es gibt Menschen, die sagen, dass sie dafür verantwortlich sind, dass du berühmt bist …“
05:27: Während der letzte Grammy, „Record of the Year“ an Bruno Mars und Mark Ronson geht, ist jetzt Feierabend. Und das Closing macht Pitbull! Den braucht kein Mensch. Gute Nacht.
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