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Kindesmissbrauch

Ein Mann, der seine Stieftochter missbrauchte, wurde weniger hart bestraft, weil er kifft

Laut der damals 12-Jährigen sei der Sex einvernehmlich gewesen, was sich außerdem strafmildernd auswirkte.

Foto: M a n u e l | Flickr | CC BY 2.0

"Was Sie gemacht haben, hat dem Kind gefallen." So rechtfertigte der Richter Günther Köhler dem Trierischen Volksfreund zufolge das Urteil, das am Montag im Missbrauchs-Prozess gegen einen 38-Jährigen gesprochen wurde. Der Mann hatte zwischen September und Januar in 20 Fällen seine damals 12-jährige Stieftochter sexuell missbraucht. Monatelang blieb der Missbrauch unentdeckt, bis die Mutter ihren Mann beim Sex mit ihrer Tochter beobachtete. Der Mann hatte sich anschließend selbst angezeigt. Gestern fand der Prozess statt: Mit einer Haftstrafe von vier Jahren blieb der Richter unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft, die auf vier Jahre und neun Monate Haft plädiert hatte. Für schweren Kindesmissbrauch sieht das Strafgesetzbuch eine Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren vor.

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Mit einem Fernsehabend habe im September letzten Jahres alles angefangen, schreibt der Volksfreund. Als der Mann mit seiner Stieftochter auf der Couch lag, habe sie sich "an ihn geschmiegt", dann kam es zu Küssen, der Angeklagte habe sie im Intimbereich gestreichelt. "Ich habe zu allen meinen Kindern ein herzliches Verhältnis gehabt", zitiert das Blatt den 38-Jährigen.

Über fünf Monate hatte er sexuellen Kontakt zu dem Mädchen. 20 Taten gestand der Mann vor Gericht, 19 Mal hat er laut eigenen Angaben mit seiner Stieftochter geschlafen. Der Sex habe im Schlafzimmer der Eltern, im Wohnzimmer, im Kinderzimmer oder in der Scheune stattgefunden, die Initiative sei, so der Mann, dabei meistens von seiner Stieftochter ausgegangen.


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"Für eine Zwölfjährige lebensfremd"

Das Trierer Landgericht sieht das anders. Zumindest zu den ersten sexuellen Handlungen habe er das Mädchen motiviert. "Alles andere wäre für eine Zwölfjährige lebensfremd", so der zuständige Richter Köhler. Das Mädchen selbst sagte, die sexuellen Handlungen haben einvernehmlich stattgefunden: In ihrer Aussage sagte sie, dass sie das "ganz OK" fand. Sie sei allerdings froh gewesen, als sie vor ihrer Mutter nichts mehr verheimlichen musste. Die Mutter sagte vor Gericht, das Mädchen habe sich vor allem für ältere Jungs interessiert. Die Mutter habe ihrer Tochter dann bereits mit elf Jahren ein Sexspielzeug geschenkt. "Besser sie macht zu Hause so etwas, als dass sie sich mit Jungs trifft", so die Mutter laut Volksfreund. Folgen des Missbrauchs zeichnen sich nach Angaben der Mutter bisher nicht ab, eine Therapie brach die inzwischen 13-Jährige nach drei Sitzungen ab.

Medizinisches Marihuana war strafmildernd

Doch nicht nur die Aussage der Stieftochter entlastete den Angeklagten. Auch der regelmäßige Konsum von medizinischem Marihuana nach einer Tumor-Operation und die Einnahme von Amphetaminen wirkten sich strafmildernd auf das Urteil aus. Der Mann stand vor den Taten vermutlich unter Drogeneinfluss und sei in der Kontrolle seiner sexuellen Impulse möglicherweise eingeschränkt gewesen, so der Volksfreund unter Berufung auf das Gericht.

Ob der Mann bei allen Taten zu jedem Zeitpunkt unter Drogeneinfluss stand, konnte in der Verhandlung nicht zweifelsfrei festgestellt werden. "In diesem Fall wurde nach dem Geständnis und der Aussage des Mädchens zugunsten des Angeklagten entschieden", so eine Sprecherin des Landgerichts Trier gegenüber VICE. Zwei Jahre nach seinem Haftantritt dürfe der 38-Jährige eine stationäre Behandlung gegen seine Drogensucht beantragen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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