Die Hitzewelle ist erstmal vorbei, aber die Menschen benehmen sich immer noch wie närrische Nacktschnecken. Besonders diese beiden Exemplare – einer aus Berlin, einer aus Bremen:
Heulsuse #1: Der böse Berliner Busfahrer
Der Vorfall: Ein kleiner Junge, vier oder fünf Jahre alt, hat in einem Berliner Linienbus vor sich hingepfiffen.
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Die angemessene Reaktion: Gütig lächeln, sich freuen, dass Kinder sogar in einem Linienbus spontan so viel Freude empfinden können und die dann auch so unbefangen weitergeben. Ein bisschen wehmütig darüber nachdenken, wie einen das Erwachsensein verändert hat, unter wie vielen Krusten gesellschaftlicher Normen, selbst gemachtem Leistungsdruck und persönlicher Wurstigkeit die eigene, unschuldige, fröhliche Kinderseele bereits begraben liegt. Wird sie je wieder zum Vorschein kommen? Wird man je wieder Kind sein können, einfach fröhlich vor sich hinpfeifen? Oder ist das alles unwiderbringlich verloren? Vielleicht sollte ich mal wieder meine Mutter anrufen …
Die tatsächliche Reaktion: Der Busfahrer hat das Kind zuerst angepflaumt und dann bei der nächsten Haltestelle zusammen mit seinen beiden älteren Geschwistern aus dem Bus geworfen. Ein kleines Kind. Wegen Pfeifen. Aus dem Bus geworfen.
Video: Bei so viel Grausamkeit kann man eigentlich nur Lachen
“Der Junge pfiff fröhlich vor sich hin”, beschreibt eine Zeugin die Situation im Berliner Kurier . “Nicht einmal besonders laut.” Gestört habe es die anderen Fahrgäste auch nicht, sondern es habe “einfach nur gute Laune versprüht”. Den Busfahrer habe diese so offen zur Schau gestellte Lebensfreude aber offenbar derart wütend gemacht, dass er zuerst durch den Bus gerufen habe, der Junge solle das Pfeifen einstellen. Als Fahrgäste ihm erklärten, dass da ein Kind am Pfeifen war, zeigte er sich völlig unbeeindruckt und erklärte, die drei Jungs müssten an der nächsten Haltestelle aussteigen. Jetzt wurde es richtig emotional: Ein paar Fahrgäste fingen an, aus Solidarität ebenfalls zu pfeifen – plötzlich wehte ein Hauch von Casablanca, von gerechtem Widerstand gegen den zornigen Tyrannen durch den Bus –, aber es nützte nichts: Die drei Jungs mussten aussteigen. Du, Busfahrer, wir haben nur eine Botschaft an dich: eine gereckte Faust und ein zorniges “Grrrrrrr!”
Heulsuse #2: Der unzufriedene Friseur-Kunde
Der Vorfall: Einem Gast in einem Bremer Friseurladen gefiel seine neue Frisur nicht.
Die angemessene Reaktion: Ja gut, das kennen wir alle, oder? Passiert halt mal. Wenn es noch zu retten ist, kann man versuchen, genau zu erklären, was zu tun ist, den Friseur oder die Friseurin höflich, aber bestimmt durch die nächsten zwanzig Minuten führen, damit man mit einer halbwegs normalen Matte herauskommt. Oder man macht es wie alle normalen Menschen, murmelt verschämt “Ja, sehr schön, vielen Dank”, zahlt – und geht da nie wieder hin.
Die tatsächliche Reaktion: Der Kunde hat zuerst gezahlt, ist dann aber später wiedergekommen und hat den Salon mit Pfefferspray vollgesprüht. Dann hat der 34-Jährige den beiden Opfern im Salon – der 52-jährigen Chefin, die ihm die Haare geschnitten hatte, und einer 23-jährigen Mitarbeiterin – noch einen Stinkefinger gezeigt und ist abgedampft. Was für ein Mann! Das sind die Geschichten, auf denen man einen Ruf als richtig harter Gangster aufbaut. Das sind die Aktionen, für die man im Block richtig Respekt bekommt, oder?
Wenig später wurde der Mann am Bahnhofsplatz von Polizisten eingesammelt, die bei ihm dann auch noch einen verbotenen Böller fanden und ihn deshalb nicht nur wegen gefährlicher Körperverletzung, sondern auch wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz angezeigt haben. Und ja, wir wissen, was ihr alle denkt. So ein Ding, das kann doch nur einer bringen. So eine Aktion – wegen einer Frisur, die einem nicht gefällt, zwei Frauen mit Pfefferspray vollsprühen und dann wegrennen – da kommt doch nur einer infrage. Aber wir müssen euch enttäuschen: Es gibt bis jetzt keine Hinweise, dass Kay One dahintersteckt.
Und jetzt dürft ihr abstimmen: Wer soll die Heulsuse der Woche sein?*
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