Hier liegt ein Haufen mexikanischer Drogendealer

Die Grabmale von Jardines del Humaya im mexikanischen Bundesstaat Sinaloa scheinen von den großen Pyramiden Ägyptens inspiriert worden zu sein. Beide Stätten wurden errichtet, um den Aufstieg mächtiger Herrscher zum Himmel zu versinnbildlichen, nur dass die Verstorbenen im Fall von Humaya ein Königreich aus illegalen Drogen und brutaler Gewalt überwachen.


In den Außenbezirken Culiacáns, der größten Stadt in Sinaloa, gelegen, beherbergt dieser Friedhof prachtvolle Mausoleen, die Einzimmerwohnungen mit protzigen, hohen Kuppeln gleichen. Das Land wird in Parzellen zu 1 mal 2,20 Metern, der Standardgröße mexikanischer Särge, verkauft. Beliebt ist der Kauf von drei Parzellen, für die man circa 30.000 Pesos (ungefähr 1.790 Euro) zahlt. Einige der größeren Grundstücke können sogar mit Erholungsgebieten aufwarten, in denen Kinder während Familienbesuchen in Sicherheit spielen können. Diejenigen, die diese Konstruktionen in Auftrag geben, sind bereit, jeden erdenklichen Preis zu zahlen, um sicherzugehen, dass ihre Patriarchen—darunter Politiker und Geschäftsmänner, hauptsächlich jedoch Sinaloas berüchtigtste Rauschgiftschieber—ihr Leben im Jenseits an einem Ort verbringen, der ihren luxuriösen Lebenswandel widerspiegelt. Wenn es dafür des Einbaus einer Klimaanlage oder einer Kochnische bedarf, dann ist das halt so.

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Der Wettkampf um das beste Grabdesign ist in Humaya klar aus dem Ruder gelaufen. Familien versuchen ohne Unterlass, größere Gebilde zu bauen als ihre Nachbarn—wohl eine sehr morbide Version nachbarschaftlicher Konkurrenz.

Laut Walkyria Angulo, der einzigen Expertin für Friedhofsarchitektur der Region, gibt es für die Exzentrizität dieser Konstruktionen eine sehr plausible Erklärung: Die Leute bringen die Stadt auf den Friedhof. „Wenn man in Culiacán ein Mausoleum baut, neigt man dazu, das zu kopieren, was man auch bei den örtlichen Häusern sieht”, sagt sie. „Dieser Mix findet sich nur hier. Er lässt sich nicht einordnen.” Vor ungefähr fünf Jahren kam ein minimalistischer Mischmaschtrend auf, der karge Formen und abgerundete Schmiedearbeiten umfasst. Die einzige stilistische Gemeinsamkeit ist die Verwendung von Mamor- und Acrylkuppeln. Und dass exorbitante Geldsummen für Veredelung, Skulpturen und Beleuchtung ausgegeben werden. Walkyria schätzt, dass eine der etwas teureren Grabstätten mindestens fünf Millionen Pesos (um die 300.000 Euro) kostet.

In den letzten Jahren haben die Erbauer von Mausoleen begonnen, den minimalistischen Trend moderner Wohnhäuser zu imitieren, aber extravagante Elemente wie in die Gräber eingebaute Treppenhäuser machen diesen Stil dann doch zu etwas, das es so nur hier gibt.

Die beeindruckendsten und ausgefeiltesten Gedenkstätten finden sich tief im Zentrum des Friedhofs. Von außen gleicht die Anlage einem modernen Vorort, der von sakraler Architektur geprägt ist. Es ist nicht ungewöhnlich, dass man luxuriöse Geländewagen vor den Mausoleen parken oder in den Straßen, die die Gräber trennen, umherfahren sieht. Die Grabmale sind sowohl aufdringlich als auch geschmackvoll und veranlassen einen, während man ihre Vermächtnisse bestaunt, zum Grübeln über die grausamen und vielfältigen Arten und Weisen, auf die diese Individuen ihre Leben verloren haben.

Manche mögen es für übertrieben halten, jemanden Nahestehenden in einem zweistöckigen Gebäude zu bestatten, das mit Blumen umhüllt ist—Rosen, Dahlien, Gänseblümchen und andere dekorative Blumen werden regelmäßig entlang der Eingrenzungen drapiert—aber dieses Zelebrieren des Überflusses ist genau das, worum es geht. Mexiko blickt, was das Gedenken der Toten durch das Preisen des Lebens angeht, auf eine lange Geschichte zurück, und entsprechend geht es natürlich auch auf den Friedhöfen zu. Partys mit Livemusik, die drei Tage dauern, sind an Geburtstagen, Novenen und am Tag der Toten keine Seltenheit. Die Festlichkeiten sind so extravagant, dass Eventplaner vor Ort ein Geschäft damit machen, für durchschnittlich 35.000 Pesos (ungefähr 2.100 Euro) die Gräber zu dekorieren und wahrlich dionysische Zusammenkünfte zu koordinieren, die Festbeleuchtung, Landschaftsgestaltung, Altare und ein maßgeschneidertes Thema umfassen. War der Verstorbene beispielsweise ein Spieler, könnten sich seine Partys um das Thema Casino drehen—inklusive Roulettekessel und Craps-Tisch. Wenn er irgendein bestimmtes Gericht besonders mochte, werden seine Familie und seine Freunde ihm einen Teller davon auf dem Altar servieren, den sie austauschen, wenn das Essen schlecht geworden ist. Doch bei all dieser Fürsorge ist es nicht sicher, dass die Bewohner von Jardines del Humaya jemals in der Lage sein werden, in Frieden zu ruhen.

Einige der Anlagen umfassen innenarchitektonische Details wie Porträts der Verstorbenen und Klimaanlagen.

Einer der wenigen Friedhofswächter, die es hier gibt, und der seinen Namen nicht nennen wollte, meint, dass die Besucher zwar für gewöhnlich respektvoll seien, sich die Gefahr gewaltsamer Vorfälle aber dennoch nie ausschließen lässt. Er hätte dies einmal aus nächster Nähe erlebt, als plötzlich Auftragskiller bei einer Beerdigung auftauchten, um sich an der Familie des Verstorbenen zu rächen. Der Wächter hatte sich bereit erklärt, beim Gottesdienst auszuhelfen, weil der Friedhof unterbesetzt war, und als er gerade den Sarg öffnete, rief eine Frau: „Männer, lauft weg!” Bevor er aufblicken konnte, zwang eine Gruppe bewaffneter Männer ihn, sich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden zu legen.

Einige der Gräber in Jardines del Humaya beherbergen die sterblichen Reste von Kindern, die vor ihrer Zeit gestoben sind. Sie sind leicht zu erkennen, da die meisten mit Zeichentrickfiguren oder Bildern aus Filmen verziert sind, die den Kindern zu Lebzeiten gefallen haben.

„Wir sind nur hier, um die Beerdigungszeremonie dieses Mannes durchzuführen”, erklärte der Wächter seinen Angreifern. „Wir sind hier angestellt. Wir haben keine Ahnung, was für Probleme ihr Jungs miteinander hattet.”

„Ich hab gesagt, du sollst dich hinlegen, du Arsch”, antwortete der Killer, bevor er und seine Bande acht Leute entführten, die immer noch vermisst werden.

Ein anderer Zwischenfall auf dem Friedhof sorgte im Januar 2010 für Schlagzeilen: Neben dem Grab eines der ruchlosesten Drogenbarone des letzten Jahrzehnts fand man einen enthaupteten Körper. Am anderen Ende des Friedhofs, in der Nähe des Mausoleums einer weiteren wichtigen Drogenpersönlichkeit, war mit Absicht der Kopf des Opfers platziert worden—mit einer schmückenden Blume hinter dem Ohr. Ein Arbeiter erzählte dem Wächter von diesen Funden, damit er die Polizei verständigen konnte, aber der entschied sich dann doch lieber zu schweigen, wie es die meisten Mexikaner in solchen Situationen tun.

„Ich hab denen gesagt, dass ich nicht in diese Sachen verwickelt werden will”, sagt der Wächter. „Ich bin nicht daran interessiert. Die ziehen mich mit da rein und was soll ich dann herumerzählen? Ich hab nichts gesehen.” Der Wächter betont jedoch, dass die Art von Zwischenfällen, wie er sie geschildert hat, in den vier Jahren, die er auf dem Friedhof arbeitet, sehr selten gewesen seien.

Jardines del Humaya ist gleichzeitig friedlich und voller ungelöster Konflikte. In gewisser Weise sind die Leute, die hier begraben liegen, unsterblich, weil ihre Existenz weiter die Leben anderer beeinflussen wird—noch lange, nachdem sie selbst unter die Erde gekommen sind. Doch eins ist sicher unbestritten: Die Menschen, die diesen Ort errichtet haben, sorgen auf eine Weise um ihre Toten, die die meisten von uns wohl nie verstehen werden können.