Popkultur

Warum lieben wirklich alle Ryan Gosling?


 

THE PLACE BEYOND THE PINES
Regie: Derek Cianfrance
Verleih: Studiocanal


Ich frage mich manchmal, wer eigentlich hinter dieser extrem gut gemachten Ryan-Gosling-Figur steckt. Diesem Sexgott, den wirklich ausnahmslos alle und zwar unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung anbeten. Der Typ, der so wie Justin mal Mickey Mouse Club-Boy war, aber heute eher so etwas wie Katzenminze für Kinobesucher ist. Ich meine, er ist ziemlich gut gemacht. Nicht im Sinne von, dass seine Eltern ihn gemacht haben. Nein, ich meine, gemacht im Sinne von, „seinen Charakter entwickelt, das Gewand rausgesucht und darauf geachtet, dass seine Rollenwahl dazu führt, dass er langsam aber sicher nicht nur das 08/15-Schnulzenpublikum mit seinem The Notebook-Charme willenlos macht“.

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Auch diejenigen, die sich eigentlich zu cool sind dafür, auf Ryan abzufahren, rechtfertigen das feuchte Zeug zwischen ihren Beinen seit Drive einfach damit, dass Kavinsky einen „total guten“ Titelsong gemacht hat und der Typ nun mal diese geile weiße Seidenjacke mit dem Skorpion darauf trägt. Er trägt einen Skorpion auf dem Rücken. Das macht ihn OK. Klar? OK im Sinne von, „eigentlich nicht mein Typ, aber das gibt ihm dieses James Dean-mäßige zeitlose Denn sie wissen nicht was sie tun-Flair“, und das wiederum ist OK.

Wer also hat diesen geschickten Charakter aus seinen Lenden gepresst? Und damit meine ich nicht Ryans Mutter. Ich meine das abgebrühte Genie hinter dieser gottgleichen Figur, die man entweder sein will oder flachlegen will.

Vielleicht irre ich mich und hinter diesem Typen steckt keine genau kalkulierte Strategie und es liegt einzig und allein daran, dass der Typ einfach verdammt gut aussieht. Er sieht so gut aus, dass quasi jeder, der Augen im Kopf hat einfach nicht anders kann, als zu denken, dass dieser Typ wahnsinnig kompatibel mit dem eigenen Immunsystem ist.

Je mehr ich allerdings darüber nachdenke, desto sicherer werde ich mir, dass der Typ gar nicht so geil ist, weil er so gut aussieht und so charmant lächelt. Nein. Ich glaube, es hat viel mehr etwas mit seiner Rollenwahl zu tun und der Art, wie er sich von Rolle zu Rolle weiterentwickelt und damit immer wieder in die gleiche Kerbe schlägt. Wie schon sein Charakter in Drive ist auch seine neuste Paraderolle in The Place Beyond the Pines ein weiterer Schritt in Richtung Sexgottmonopol. Das langweilige Südstaaten-Gentleman-Ding aus The Notebook hat er längst transzendiert zugunsten einer viel effektiveren Taktik. Auch wenn ihr es nicht zugebt, ihr habt alle The Notebook gesehen und wahrscheinlich wart ihr damals auch schon ein bisschen in Ryan verliebt. Und vielleicht hat er auch in Lars und die Frauen trotz merkwürdigen Fetisch schon euer Herz zu Butter geschmolzen. Aber spätestens seit Drive könnt ihr zu eurer Verliebtheit stehen und jetzt in TPBTP wird es nur noch besser.

Es kristallisiert sich endlich heraus, WARUM wir alle auf ihn stehen. Nicht genug damit, dass er anmutig, still und genau im richtigen Moment tödlich ist wie ein einsamer Wolf. Nein, das was ihn wirklich so unfassbar attraktiv macht, ist: Ryan verspricht uns Macht. Nicht die langweilige Art von Macht, die man sich durch eine Knarre oder Geld krallt. Es ist die Macht der Femme fatale an seiner Seite. Das Geniale ist allerdings, dass die Frauen in den Filmen sich gar nicht erst groß ins Zeug legen müssen, um den tragischen Helden in einen Strudel der Gewalt und Tragik hinabzureißen. Bei Carrey Mulligan reichen ein paar schüchterne Blicke. Bei Eva Mendes sind es die Titten ohne BH. Ich schwöre, dass es genau an dieser Szene liegt, dass Ryan jetzt sogar im echten Leben mit ihr zusammen ist. Sie hat übrigens verdammt große Aureolen. VERDAMMT GROßE. Mögen Typen so was? Und wie schafft man es, dass sich die Dinger unterm T-Shirt abzeichnen?

Um auf meine Theorie zurückzukommen, Ryan ist nicht so heiß, weil er so verdammt gut aussieht, sondern weil er eine unheimlich gut gemacht Projektionsfläche ist. Seine Antagonistinnen übernehmen mit einem Augenaufschlag die Macht und danach befindet sich der tragische Held in einer Abwärtsspirale, in der er sich oder andere für sie (also euch), umbringt. OK, ist jetzt vielleicht nicht super emanzipiert, aber irgendwie trotzdem ganz geil: Einfach nur auf ein paar Beschützerknöpfe drücken und ein bisschen süß aussehen und der Typ wirft alle Vernunft über Bord. Für euch. Es geht hier nämlich gar nicht um Ryan als Sexobjekt. Es geht darum, sein Leben zu vermasseln.

Vorher war alles gut, der Typ hatte alles im Griff. Bei Blue Valentine war er sogar richtiggehend fröhlich, bevor diese mies gelaunte, total neurotische und hysterische Frau (na ja, ich habe nicht gesagt, dass hier total korrekte Frauenrollen konstruiert werden) in sein Leben platzte. Trotzdem klaffte in seinem Herzen, wie auch jetzt wieder bei TPBTP eine Leere, die er durch seine naive Liebe und völlige Ergebenheit seiner Liebsten und deren Balg gegenüber zu füllen versucht. Und dafür na ja, scheint es für ihn auch OK zu sein, komplett die Kontrolle zu verlieren, um gegebenfalls gewalttätig und selbstlos für das Glück seiner Liebsten zu kämpfen. Oder dafür unterzugehen. Ach Ryan …

Ich glaube, das ist insgeheim auch der Grund, warum James Franco—dessen Blowjob an einer geladenen Knarre in Springbreakers übrigens entzückend war—in seiner Review von TPBTP gar nicht mehr runterkommt von seinem feuchten Traum, mit Ryan Gosling „Liebe zu machen“. Genau genommen möchte er nicht mit Ryan Liebe machen, sondern mit Ryans Szenen. Mit den Szenen, in denen Ryan zur weißen Leinwand für unsere Machtgeilheit wird. Danke, wer auch immer du bist, der verstanden hat, was mich und eine Menge Jungs und Mädchen da draußen anmacht. Du hast uns Ryan gegeben. Wir werden immer an den Tag denken, als wir verstanden, dass uns und unserem schüchternen Augenaufschlag die Welt gehört.

The Place Beyond the Pines läuft ab 14. Juni im Kino.