Ich habe 10.000 Dollar in einem 88 Dollar teuren Gemälde gefunden

Na, wie war euer Wochenende so? Meins war ziemlich cool. Ich habe den Boxkampf zwischen Conor McGregor und Floyd Mayweather geschaut, bin ins Kino gegangen und habe herausgefunden, dass in einem von mir gekauften Kunstwerk wohl 10.000 Dollar Bargeld stecken.

Aber mal ganz von vorne. Am 19. August lief ich an der Gabba Gallery vorbei, einer mir vorher unbekannten Kunstgalerie in Los Angeles. Draußen hat der Besitzer Jason Ostro gerade den Gehweg mit Farbe besprüht, um seine nächste Ausstellung anzukündigen. Ich erkundigte mich etwas genauer und weil ich Journalist bin, ließ mich Ostro vorab schon mal einen Blick auf die Kunstwerke werfen, alle stammen aus der Gegend.

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Ein Bild namens ARTISHARDT stach mir direkt ins Auge, obwohl es nur ein relativ unauffälliges Stück abstrakte Kunst war. Zwar gab es noch viele andere Werke, die optisch vielleicht mehr hergaben, aber Ruby Heart – der Name des Schöpfers – sagte mir etwas. Ich hatte ihn nämlich vor gut einem Jahr bei einer Party kennengelernt. Ich war davon ausgegangen, dass Heart nur als Fotograf arbeitet. Umso mehr freute ich mich, zufällig auf eines seiner Gemälde zu stoßen.

Noch mehr freute mich allerdings das Preisschild, denn mit 88 Dollar war ARTISHARDT um einiges günstiger als der Rest der über 300 Dollar teuren Arbeiten. Ich unterstütze gerne lokale Künstler und hier stand ich nun vor einem bezahlbaren Werk eines Mannes, den ich schon kennengelernt hatte. Das konnte kein Zufall sein. Also kaufte ich ARTISHARDT.


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Am darauffolgenden Abend traf ich bei der offiziellen Eröffnung der Ausstellung dann ein zweites Mal auf Heart. “Ich dachte, du fotografierst nur”, sagte ich und stellte mich danach erneut vor. Ich erzählte ihm, dass ich sein Kunstwerk erstanden hatte. “Schön, dass es ein gutes Zuhause gefunden hat”, antwortete Heart und fragte mich anschließend, ob ich die unter dem Gemälde angebrachte Liste der verwendeten Materialien gelesen hätte. “Das Ganze ist nicht umsonst dreidimensional.”

Foto: bereitgestellt vom Autor

Als ich mein Gemälde erneut auf mich wirken ließ, fielen mir die Schrauben im dicken Rahmen auf. Und auf dem kleinen Zettel darunter stand auch nicht wie üblich irgendetwas von “Acryl auf Leinwand”, sondern “Edelsteine, Tektik, Quarz, Cash, Haferweizen, Holz und so weiter”.

Für mich konnte das nur eins bedeuten: In dem Gemälde musste sich etwas Wertvolles befinden. Deshalb kamen mir die verbleibenden Tage der Ausstellung vor wie das Warten auf den Weihnachtsmann.

Am 26. August war es schließlich soweit: Ich ging zurück zur Gabba Gallery und begann dort unter den neugierigen Blicken der Mitarbeiter, den “Deckel” meines Kunstwerks abzuschrauben. Ein paar Tage vorher hatte Heart bei Instagram übrigens verkündet, dass er 10.000 Dollar in ARTISHARDT versteckt hatte. Ich war mir dieses Posts nicht bewusst, die Angestellten der Galerie aber schon.

Als das Gemälde offen vor mir lag, ging ich den Inhalt durch. In einer beachtlichen Menge an goldenem Glitzerstaub befand sich ein Sammelsurium an augenscheinlich wertvollen Steinen, Mineralien und Glasstücken. Das alles interessierte mich jedoch ziemlich wenig, denn mein Blick blieb auf dem kleinen Paket in der Mitte des Kunstwerks hängen: Eingepackt in eine durchsichtige Hülle schien sich darin tatsächlich ein Bündel Bargeld zu befinden.

Mein Bündel Bargeld trocknet unter einer Lampe | Foto: bereitgestellt von Ruby Heart

Ich nahm eine der Schrauben und machte mich daran, die Geldscheine zu befreien. Eine Mitarbeiterin hielt mich jedoch zurück und fragte: “Bist du sicher, dass du das willst?” Und sie hatte recht. Ich musste wie ein Kunstliebhaber denken und sah ein, dass der Wert des eigentlichen Gemäldes womöglich höher ist als der Wert der Einzelteile. Deshalb ignorierte ich meinen Impuls, das Geld sofort an mich zu reißen. Genau in diesem Moment kam Ruby Heart in die Galerie, um meine Reaktion zu sehen.

Erst beglückwünschte er mich zu meinem Kauf und zeigte mir anschließend einige Videos von der Herstellung von ARTISHARDT. Die Aufnahmen beseitigten auch noch meine letzten Restzweifel: In dem Kunstwerk befindet sich tatsächlich ein Bündel echtes Geld. Ich brachte meinen Besitz zu meinem Auto und rief dabei Freunde und Familie an, um ihnen mit zittriger Stimme von meinem Glück zu erzählen.

Ein paar Tage später war der anfängliche Schock abgeklungen und ich kontaktierte Heart erneut, um etwas mehr über ARTISHARDT zu erfahren.

VICE: Falls das Ganze nur ein Marketing-Stunt war, damit ich über dich schreibe, dann hat es funktioniert. Was hat dich zu diesem Projekt inspiriert?
Ruby Heart: Schon als Kind habe ich gerne Streiche gespielt. Man sagt ja, dass man keinen Tag mehr arbeiten muss, wenn man einen Beruf wählt, den man liebt. Und ich liebe es eben, für Chaos und Situationen zu sorgen, die einen großen Einfluss auf die Leute haben.

In den 60er Jahren gab es einen Künstler namens Piero Manzoni, der seine Scheiße in Dosen verkauft hat. Ich habe ihn ein wenig in mir wiedererkannt. Solche Aktionen würde ich auch bringen. Das Problem ist bloß, dass man für so etwas einen gewissen Ruf haben muss. Ansonsten kauft niemand deine Scheiße. Irgendwo musste ich eben anfangen. Warum denn nicht mit Geld? Kunst halt.

Ich bin die Inhalte des Kunstwerks noch nicht komplett durchgegangen. Was wartet sonst noch alles auf mich?
Neben dem Bargeld noch mehrere Diamanten und Smaragde von einem Ring, den mir mein 2009 verstorbener Großvater hinterlassen hat. Jeder gut betuchte Mensch kann Geld in ein Kunstwerk packen. Deshalb habe ich auch einige bedeutungsvolle Dinge mit reingelegt, um zu zeigen, dass ich nicht nur irgendein reiches Arschloch bin.

Ach ja, nicht zu vergessen sind die Kristalle und die Mineralien – zum Beispiel Lithium, Quarz, Amethysten und Moldavit – aus den Minen, in denen ich schon war. Außerdem noch verrückte Kräuter, Gewürze, Bier und Bourbon. Bei der Herstellung habe ich mir außerdem in den Finger geschnitten, ein wenig Blut ist also auch noch dabei.

Ich bezweifle, dass jeder so positiv auf ARTISHARDT reagiert wie ich. Hast du den Kritikern etwas zu sagen?
Keine Ahnung, vielleicht “Fickt euch”? Mir eigentlich egal. Ich will einfach nur Sachen erschaffen, auch wenn das Ganze als Publicity-Stunt abgetan wird. Manchmal muss man den Leuten eben ins Gesicht schreien, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen.

Nun, jetzt hast du unsere Aufmerksamkeit. Was schreist du?
Schenkt mir Beachtung, solange ich noch lebe. Viele Künstler werden nämlich erst nach ihrem Tod richtig berühmt. Aber vor allem hier in Los Angeles ist die Kunstszene unglaublich groß und vielfältig. Ich habe keine Lust mehr darauf, dass mein künstlerisches Umfeld und meine kreativen Freunde nichts bewegen können.

Ich sehe hier viel abgekupferte Scheiße, im Grunde nur Basquiat– und Warhol-Rip-offs. OK, vielleicht schneide ich mir jetzt auch ins eigene Fleisch, wenn irgendein Künstler schon mal etwas Ähnliches mit Bargeld gemacht hat. Sei’s drum.

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