Ich habe 24 Stunden am Stück ‘Bloodborne’ gespielt

Ich starb an einem Samstagmorgen um 9. Ich sah mich selbst wie in einem Traum, wie zuerst mein rechtes Knie einknickte, dann mein linkes, bis mein ganzer Körper ausgestreckt am Boden lag und ich langsam durchsichtig wurde. Das gigantische, blauweiß elektrisierte Skelettmonster schlug auf die Stelle ein, von der ich gerade verschwunden war. Ein paar Sekunden verstrichen, damit ich mein wiederholtes Versagen besser schätzen konnte, dann erschienen die Worte „YOU DIED” auf dem Bildschirm. Ach was, Bloodborne, dachte ich mir. Ach was, Miyazaki, du glorreicher Bastard.

Ich sah auf mein Handy. Ich machte noch einen Strich auf meine Strichliste und sah dann auf die Uhr. Der Timer zeigte 18 Stunden an. Nur noch sechs übrig. Ich glaube, ich nahm noch einen Schluck Energydrink, schluckte ein wenig Übelkeit runter und machte mich dann wieder auf nach Yharnam, als schattenumwobene Figur, immer der durstigen Axtklinge nach zum nächsten Feind.

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Der Autor, noch lächelnd, ganz am Anfang des Albtraums

Übers Wochenende, während ihr alle draußen Sonne tanken wart, habe ich 24 Stunden am Stück Bloodborne gespielt. Aus irgendeinem Grund dachte ich, das sei eine gute Idee. Ich bin offensichtlich ein Idiot.

Ich habe Schwierigkeiten damit, lange aufzubleiben. Ich bin der Typ, der es nicht abwarten kann, dass die Headliner des Festivals spielen, damit ich direkt zu meinem Zelt zurückgehen und das Essensmagazin lesen kann, das in der Zeitung dabei war. Ich habe noch nie den Sonnenaufgang nach einer durchgemachten Nacht gesehen. Wenn ich eine VICE-Serie hätte, dann hieße sie vermutlich Nach dem Abendessen gleich ins Bett. Ihr versteht schon.

Ich schätze, es war eine Herausforderung. Ich wollte wissen, wer gewinnen würde: der Nachfolger im Geiste des „schwierigsten Spiels aller Zeiten”— Demon’s Souls und die bisher zwei Dark-Souls-Titel—oder ich, ein 26-jähriger Typ, der die Reihe zufällig liebt. Ich habe aufgehört zu zählen, wie viele Stunden ich in das vorherige Souls investiert habe, aber wenn meine Freunde ahnen würden, was ich wirklich mache, wenn ich mich „ein bisschen krank” fühle, dann hätte ich eine Intervention am Hals.

Falls der Anfang des Artikels es nicht schon verraten hat, dann werde ich euch nicht zappeln lassen, Leute: Ich habe verloren. Sein Name ist Darkbeast Paarl und er ist ein Riesenarschloch. Nach zwei Stunden und—ich habe gezählt—21 erfolglosen Versuchen, ihn zu besiegen, beschloss ich, dass der Rest meines Playthroughs besser damit verbracht wäre, die restliche Spielwelt zu erforschen.

Ja, ich hab gekniffen. Ja, ich fand den Kampf gegen Paarl etwa so spaßig wie einen Grillabend mit Veganern. Aber ich war müde, OK? Es war schwer genug, meine Kopfschmerzen von der Eroberung meines gesamten Körpers abzuhalten, geschweige denn einen superschnellen, superstreitlustigen, untoten Kotzbrocken mit einer Vorliebe für endlose Angriffe zu überlisten.

Ich kehrte in die Welt zurück und erforschte sie ein wenig, wobei ich entdeckte, dass ich Paarl gar nicht an dieser Stelle hätte bekämpfen sollen. Das ist typisch Bloodborne. Die gesamte Spielzeit über stolperte ich durch die verworrene Stadt Yharnam, ohne wirklich einen Plan zu haben, wo ich hin sollte. Und ich habe es geliebt. Zuerst enttäuschte mich die scheinbare Ziellosigkeit, doch nachdem ich einen geheimen Aufzug hier, eine versteckte Tür da benutzt hatte, wurde mir schnell klar, dass Bloodborne nicht nur einen Firelink Shrine oder Nexus enthält (das sind die Hub-Welten aus Dark Souls bzw. Demon’s Souls), sondern ungefähr sieben.

Nach Einbruch der Dunkelheit, noch immer optimistisch

Egal, wie tief du dich in die Dunkelheit vorgräbst, es wird immer einen Weg zurück geben. Und wenn du dich irgendwo wiederfindest, wo du nicht sein solltest, dann hat FromSoftware, ganz wie es sich ziemt, sichergestellt, dass du deinen Arsch schneller zum Ausgang tragen wirst, als du „ Umbasa” sagen kannst.

Yharnam selbst erinnert an eine Goth-Bar, in die Goths niemals gehen würden. Es ist wie eine übermäßig stilisierte, schräge Londoner Bar, in der Touristen sich verstohlen darüber austauschen, wie „hübsch altmodisch” die „Briten” doch sind. Es ist ein anständiger Ort für ein oder zwei Bier, aber ich muss zugeben, es ist kein Lordran, wo ich mit Freuden tagelang Estus mit Solaire kippen würde. Man kann nur mit so vielen NPCs hinter verschlossenen Türen sprechen, bevor es alles ein wenig fad wird.

Zum Glück ist die Stadt Yharnam nicht der einzige Ort, den man besuchen darf— FromSoftware hat sich hier offensichtlich ins Zeug gelegt, und ich wäre nicht überrascht, wenn viele Spieler dies als die großartigste Welt ansehen, die jemals entworfen wurde.

Bloodborne Launch-Trailer

ABER WIE SCHWIERIG IST ES, DAVE? höre ich euch fragen. HÖR AUF, ÜBER DINGE ZU REDEN, DIE UNS NICHT INTERESSIEREN.

Also. OK. Bis Paarl empfand ich Bloodborne eigentlich als eher entspannt. Wie es bei From-Games so üblich ist, starb ich gleich beim ersten Gegner, doch von diesem Punkt an fand ich die Kämpfe ziemlich einfach. Das soll nicht heißen, dass es leicht war—ein Wort, das für einige in der Souls-Community ein Synonym für „furchtbar schlecht” ist—, doch es war auf wohltuende Weise vertraut, wie die erste Nacht im eigenen Bett, nachdem man lange weg war.

Bis zu dem Punkt, an dem ich festhing, besiegte ich die meisten Bosse beim zweiten oder dritten Anlauf. Sehr wenige Gegner, ob groß oder klein, bereiteten mir Schwierigkeiten. Doch ich starb trotzdem. Oft. Die Action, die viel schneller ist als bei den Vorgängern und die sich mehr auf schnelle Reaktionen als auf Verteidigung konzentriert, kann schnell mal aus dem Ruder geraten. Vor allem, wenn du anfängst, dir etwas auf dich einzubilden, und das wirst du.

Bloodborne bestraft dich, wenn du einen Fehler machst—es versucht nicht, deine Erfolgschancen zu verringern, es zeigt dir einfach nur die Regeln und bittet dich, ihnen zu folgen. Wenn du dich also versehentlich übernimmst, dann zieht dir Bloodborne die schwarzen Lederstiefel aus.

Was auch immer das hier ist, es will dich ganz sicher töten

Und man kann sagen, dass es schwieriger wurde, je länger ich spielte. Es ist schon seltsam, was es eigentlich mit einem anrichtet, einen gesamten Tag/Nacht-Zyklus wach zu bleiben. Es stellt sich heraus, dass Pizza, Schokolade und Bier eine verdammt beschissene Art ist, den Körper mit Nährstoffen zu versorgen. Etwa zur selben Zeit, als ich meinen zweiten Boss besiegte, bekam ich Zahnschmerzen; gegen Mitternacht fing ich an, milde Angstzustände zu bekommen; um vier Uhr morgens konnte ich richtig fühlen, wie ein Pickel aus meinem Gesicht wuchs.

Lass dir das einen Moment durch den Kopf gehen. Die Nervenenden in meinem Gesicht waren durch den ganzen Zucker und das Fett so aufgeputscht, dass ich in Echtzeit das Anschwellen eines Pickels erlebte.

Eine wirklich seltsame Neuerung gibt es in Bezug auf Rüstung und Waffen. Niemand lässt Zeug fallen. Ich brauchte ungefähr sechs Stunden, um ein neues Outfit zu finden, und dann nochmal ein paar Stunden für eine einzigartige Waffe. Das mag nicht für jeden eine Enttäuschung sein, doch für mich war das ein großer Teil dessen, was die Souls-Spiele so besonders machte: Du schaffst es vielleicht nicht bis zum nächsten Leuchtfeuer, aber wen interessiert’s, so lange du das neue gerade Schwert aufgehoben hast? Bloodborne verteilt keine solchen kleinen Boni. Soweit ich weiß, gibt es keine Boss-Waffen.

Ich wollte weinen. Ich wollte auf anonymen Foren in Großbuchstaben Morddrohungen an From-Präsident Hidetaka Miyazaki brüllen. Aber viel mehr noch als alles andere wollte ich duschen. Lasst euch Folgendes gesagt sein: Wenn ihr lange nicht schlaft und euch nicht bewegt, dann schwitzt der menschliche Körper mehr als Rainer Calmund an einem echt heißen Tag.

Möglicherweise am Ende

Am Ende meiner Prüfung entschied ich mich dafür, wach zu bleiben. Ich war ein zitterndes, glibberiges Nervenbündel, doch ich war auch zutiefst zufrieden. Wenn es ein Spiel gibt, das die Lernkurve des echten Lebens besser einfängt, dann habe ich es noch nicht gespielt. Wieder und wieder musst du dieselben Stellen neu versuchen, dir Dinge merken, dein Verständnis dafür schärfen, was funktioniert und was nicht, bis du auf der anderen Seite ausgespuckt wirst und alles noch mal von vorne machen musst. Und anders als die Souls-Spiele belohnt dich Bloodborne auch dafür, wenn du Risiken eingehst. Es feiert Experimentierfreudigkeit und Mut. Wenn Bloodborne eine Person wäre, dann wäre es dieser Typ, der immer in der Weltgeschichte herumreist und irgendwelche Abenteuer erlebt; es würde dich beim Kragen packen und von dir verlangen, jetzt in dieser Sekunde deinen Schwarm anzusprechen; es wäre der Erste und der Letzte auf der Tanzfläche.

Das ist es, was uns Bloodborne lehrt. Das ist es, was ich einen ganzen Tag lang gemacht habe.

Bloodborne ist ein verdammt geniales Spiel. Die Regel, dass Fortsetzungen nie so gut sind wie das Original, wurde auf den Kopf gestellt, denn Bloodborne ist eine Erfahrung, die Dark Souls II weit, weit, weit überlegen ist. Es mag fordernder sein als ein Alki bei der letzten Runde, doch es ist eine wirklich wundervolle Erfahrung, die dich gleichermaßen lachen und weinen lassen wird (so wie mich).

Als mein Wecker das Ende der 24 Stunden verkündete, musste ich an Ernest Hemingway denken: Bloodborne ist keine große Sache. Man tut nichts, als sich vor einen Bildschirm zu setzen und zu bluten.