Nadja abd el Farrag, Roberto Blanco und DJ Ötzi, alle mehr oder weniger berühmt. Eine Übersicht mit wenigen Highlights und der Erkenntnis, dass manche schon daran scheitern, eine Dose zu öffnen.
Roberto Blanco: Meine Vitalgeheimnisse (1999)
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Roberto Blanco, der Schlawiner. Der Entertainer tarnt eine Art Autobiografie als Kochbuch: Meine Vitalgeheimnisse (1999) ist ein für Rezeptständer geeignetes Großformatbuch mit Hardcover. Doch wer nach Blancos Gusto kochen will, muss sich erst einmal durch etliche Seiten mit persönlichen Geschichten von ihm wühlen: erstes Fahrrad, erste Liebe, die große Karriere, bewegtes Leben, Roberto beim Delfinschwimmen, Roberto beim Tennis, ein bisschen Spaß muss sein. Auf Seite 80 von 128 geht’s endlich los: „Im anhängenden Rezeptteil stelle ich die neuesten exotischen Schmankerl vor. Geruch, Geschmack und optische Reize bringen die Seele zum ‚Swingen’.” Alles klar, Roberto.
Vor allem die libanesische Küche hat es ihm angetan. So empfiehlt er im Begleittext zum Tabouleh-Rezept sein Lieblingsrestaurant „Libanon-Restaurante” in Düsseldorf. Ich habe natürlich sofort angerufen, um zu prüfen, ob das Restaurant noch existiert. Und siehe da: Auch 17 Jahre nach der Buchveröffentlichung gibt es das „Libanon-Restaurante” noch. Qualitätsbeweis. Am Telefon sagt man mir, dass Roberto bereits ein Jahr nicht mehr da gewesen sei. „Früher war er aber sehr regelmäßig hier”, sagt mir der freundliche Restaurantmitarbeiter.
DJ Ötzi: Das Anton aus Tirol Kochbuch – DJ Ötzis Lieblingsrezepte (2001)
Auch am Herd ist er ein Genie, DJ Ötzi ist nämlich gelernter Koch.
Im Anton aus Tirol Kochbuch geht es vor allem zünftig und deftig zu: Fett, Knödel und Fleisch. Aufgewachsen ist der Musiker bei der „besten Köchin im ganzen Ötztal”: bei seiner Oma. Im Vorwort schwärmt der Mann mit den „gigaschlanken Wadln” von Großmutters „Hoasna” (hochdeutsch: Krautkrapfen). Und auch seine eigenen „Hoasna” seien legendär. Keine Frage: Die muss ich ausprobieren.
Für den Krapfenteig verknetet man Mehl, Ei und lauwarmes Wasser. Die Füllung besteht aus Sauerkraut und Bauchspeck. Wenn der „gerastete” (das Buch ist voll von Mundart) Teig „ausgewalkt” ist, füllt man zehn Mal zehn Zentimeter große Teigstücke mit dem Sauerkraut-Speck-Gemisch. Ausbacken soll man das Ganze dann in Schweineschmalz, was ganz schön pervers ist. Aber da muss ich jetzt durch. „Es riecht so gut, es schmeckt so toll, es kocht der Anton aus Tirol.” Innerhalb kurzer Zeit stinkt meine Küche nach Schweineschmalz. Schmecken tun die „Hoasna” aber wirklich sehr gut. Nur ist das Ganze eben eine äußerst fettige Angelegenheit: „Mei Figur, a Wunder der Natur”.
Axel Schulz: Kochen mit Biss (2000)
Wer hätte gedacht, dass der Ex-Boxprofi Axel Schulz auch Rezepte unter seiner „Fackelmann”-Kappe hat. Kochen mit Biss heißt seine Rezeptsammlung. Untertitel: Umwerfende Nudelgerichte. Willkommen in der sportlich-kulinarischen Wortspielhölle, denn so geht das die ganze Zeit: Axel Schulz „beweist, dass er nicht nur im Ring, sondern auch in der Küche seinen Mann stehen kann”, die Kapitel heißen „Hau rein!”, „Sie laufen zu Hochform auf” (Aufläufe) oder „Jetzt gibt’s was auf die Löffel” (Suppen). Oh je!
Eine persönliche Note von Axel Schulz lässt das Buch vermissen. Die Rezepte sind Standardkost und könnten so auch in jedem anderen Kochbuch dieser Welt stehen. Kategorie: Werbegeschenk.
Gwyneth Paltrow: Meine Rezepte für Familie und Freunde (2011)
Sie ist Hollywoodstar, passionierte Köchin und Erzengel der amerikanischen „Home and Living”-Welt: Gwyneth Paltrow. Layouttechnisch bewegt sich der Wälzer irgendwo zwischen Pinterest und Instagram-Foodblog: schöne Bilder, kleine Illustrationen, glückliche Gesichter, heile Welt. Auf dem Cover sieht man die makellose Gwyneth mit irrem Blick am Esstisch stehen. Gwyneth liebt „alles, was die Erde hervorbringt”.
Schon nach ein paar Seiten wird klar: Gwyneth Paltrow ist irgendwie unheimlich. Ein anderes Kochbuch von ihr, It’s All Good, ist neulich sogar vom Literaturmagazin The Millions auf Platz drei der gruseligsten Bücher aller Zeiten gewählt worden. Darin schreibt sie unter anderem darüber, dass sie beabsichtige, ihr „System” zu „bereinigen”. So viel dazu. Positiv hervorzuheben sind allerdings die „berühmten Pancakes” ihres Vaters, Bruce Paltrow. Das Ergebnis ist wirklich köstlich, die Pfannkuchen haben die perfekte Konsistenz: Mit Biss und trotzdem fluffig. Serviert werden sie mit Ahornsirup.
Fazit: Gwyneth Paltrow ist zwar wahnsinnig und will uns zu besseren Essern bekehren, was irgendwann nur noch nervt. Aber: Ich werde ab sofort Pfannkuchen nur noch auf diese Weise zubereiten.
„Weder Autoren noch Verlag können für eventuelle Fehler oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen”, steht im Impressum. Klingt so, als hätte der Herausgeber, die Bild, damals kein großes Vertrauen in Naddel gehabt. Naddel kocht verführerisch gut …und sie verrät, was noch keiner weiß heißt das selbsttherapeutische Kochbuch der Bohlen-Ex, unterteilt in die Kapitel „Brunchen”, „Schlank wie Naddel”, „Dinner for two” und „Snacking”. Zwischen den Rezepttipps findet sich die Rubrik „Naddel plaudert”, in der sie Dieter Bohlen immer wieder Seitenhiebe verpasst: zum Beispiel, dass sie bei Dieter das Neinsagen verlernt hätte oder dass sie auch ohne Dieter Erfolg haben kann und wird.
Naddel hat dabei nur wenig an, meistens auch nichts drunter, Naddel steckt sich riesige Erdbeeren in den Mund, Naddel liegt verführerisch mit einem angebissenen Croissant im Bett. Dazu gibt es Ratschläge: „Eine Suppe abzuschmecken gehört für mich einfach dazu. Wenn sie noch nicht scharf genug ist, würze ich noch einmal nach. Das machen auch die Top-Köche so.”
Auf ein Rezept ist Naddel besonders stolz: Die „Naddel-Pizza”. Ein italienischer Pizzabäcker aus Neapel habe es extra für sie komponiert. Ich halte mich streng ans Rezept. Das Ergebnis ist ernüchternd. Diese Pizza ist ein Flop. Der Teig ist weich und keksig, außerdem ist viel zu viel Tomatensoße drauf. Der Teig hält der Last des Belags nicht stand. Ich glaube, das Rezept war einfach nur eine schlechte Anmache von jemandem, der sich als italienischer Pizzabäcker ausgegeben hat.
Verona Feldbusch: Kochen mit dem Blubb – Mein erstes Spinatkochbuch aller Zeiten (1999)
Vergangene Zeiten: Verona hieß noch Feldbusch, Werbung hatte „Blubb” und der Layouter durfte sich mit „Comic Sans” austoben, ohne dafür aufs Maul zu bekommen. Kochen mit dem Blubb – Mein erstes Spinatkochbuch aller Zeiten von und mit Verona Feldbusch ist ab der ersten Zeile ein wahres Vergnügen.
„Hallo Ihr Lieben”, grüßt Verona den Leser, „na, das ist doch echt mal eine Überraschung, oder? Soo viele Rezepte mit dem Blubb! Und alle sind suuuuuperlecker!”
Genau so stelle ich mir ein Kochbuch von und mit Verona Feldbusch vor. Eine wunderbar naive und dadurch irgendwie charmante Rezeptsammlung. Nach der „Spinatologie”, einer Art Grundkurs in Spinat, folgen „Blubb rasant”, „Mein Blubb und ich”, „Der Überraschungsblubb”, „Fit mit Blubb!” und—na klar—„Erotic Blubb”.
Selbst die Zubereitungsschritte der Rezepte sind im Verona-Slang verfasst, was dem Buch eine unverwechselbare, persönliche Note gibt: Sogar das Öffnen einer Artischockendose ist in Veronas Spinatkochbuch nicht nur nüchtern angeleitet, sondern hat eine ganz eigene Dramaturgie: „So und jetzt muss ich die Dose mit den Artischockenböden aufmachen (was für ‘ne Arbeit…) und fertig!” Ja, Dosenöffnen ist kein Zuckerschlecken.
Meine Schuld. Was Frauen berichten: schonungslos – indiskret (2016)
Dies ist kein Promi-Kochbuch. Aber es fügt sich trotzdem nahtlos in diese trashige Auswahl an Kochbüchern ein: Meine Schuld (Kelter Verlag) ist eine Art Groschenroman in Magazinform und trägt den Untertitel Was Frauen berichten: schonungslos – indiskret. Aus der gleichen Reihe: Wahre Gefühle, Meine Lebenslüge, Meine Lebensbeichte und Meine Leidenschaft. Die Geschichten darin: „Ich führe das falsche Leben” oder „Ich war nur scharf auf ihr Erbe”.
Alles dreht sich um Schicksal, Scham und Sex. Kleiner Ausschnitt: In der schuldhaften Story „Mein Mann hält mich für pervers” geht es um eine Frau, die wieder Schwung ins Sexleben mit ihrem Ehemann bringen will. Alle drei Wochen die Missionarsstellung reicht ihr nicht, sie kauft Reizwäsche (auf Rat ihrer Mutter) und übernimmt die Initiative. Breitbeinig setzt sie sich also in Dessous auf seinen Schoß und sagt: „Ich möchte auch mal etwas anderes ausprobieren. Ich will auf dir sitzen beim Sex. Oder ich möchte wissen, wie es sich anfühlt, wenn ich auf allen Vieren bin und von hinten…” Ihr Mann findet das nicht so geil und entgegnet: „Lass das und steh sofort auf! Du siehst ja aus wie eine Hure! Das ist pervers!”
Um die Gemüter zu beruhigen, gibt es nach all den dramatischen Beichten zum Glück noch „Gaumenfreuden”. Die „scharfe Balkanküche” ist das kulinarische Thema dieser Meine Schuld-Ausgabe: Cevapcici, Szegediner Gulasch und Djuvec-Dinkel-Reis mit Hähnchenkeulen stehen zur Auswahl. Ich probiere das Cevapcici-Rezept, die bewegen sich geschmacklich irgendwo zwischen Kantinenfraß und Fertigboulette. Für diese Cevapcici sollte man sich wirklich schämen. Eure Schuld.