“Frauenhaus. Bester Aufrissplatz. Eine ist immer da.”, “Bordellschutzhaus”, “Commedy Abend” im Frauenhaus. Das sind nur einige der Meldungen, die gestern von Sympathisanten der “Identitären Bewegung” in den sozialen Netzwerken verbreitet wurden.
Sogar ein Video wurde von Martin Sellner, dem Leiter der neofaschistischen Gruppe, im Netz veröffentlicht. Folgender Dialog ist darin zu finden:
Martin Sellner: “Einen letzten Kommentar, bevor wir ins Frauenhaus Graz gehen?”
Patrick Lenart (Leiter IB Steiermark): “Du hast mir versprochen, dass man sich dort die Frauen aussuchen kann.”
Martin Sellner: “Luca, kommst mit Frauenhaus?”
Luca Kerbl (Ex-FP-Obmann Graz Lend): “Das ist sowieso klar, deshalb bin ich hergekommen.”
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Ausgangspunkt für diese Ereignisse war eine angebliche Attacke auf die Wohnung eines IB-Aktivisten. In der Nacht von Sonntag auf Montag soll laut der IB in der Wohnung des Lukas Z. ein Fenster eingeschlagen worden, danach seien Farbbeutel in die Wohnung geworfen worden. Bilder im Netz zeigen rote Farbe in einer Küche. Vor kurzem hatten Mitglieder der IB im Rahmen der Störung des Theaterstücks “Die Schutzbefohlenen” in Wien selbst rote Farbe verschüttet.
Der Vorfall am Wochenende löste eine Reihe von Gewalt-Drohungen aus. Ein User sprach auf Facebook von Rache-Maßnahmen: “Man weis (sic!) ja auch wo Grün Abgeordnete-Partei Filialen -und deren Autos sich befinden ?????!!!!!!”. Ein weiterer User drohte mit “Bürgerkrieg”. Die IB veröffentlichte die Namen mehrerer antifaschistischer AktivistInnen in der Steiermark.
Martin Sellner kündigte in einem Video an, sich sofort auf dem Weg in die Steiermark zu machen. Kein Wunder, gilt Graz doch bereits seit längerem als Hoffnungsgebiet der rechten Szene, die IB kündigte in der Landeshauptstadt auch die Eröffnung eines Büros an.
Auf Twitter fragte Sellner gleichzeitig, ob es irgendwo in Graz ein Frauenhaus geben würde. Er startete sogar eine Umfrage, ob er lieber in das linke Veranstaltungszentrum “Sub” gehen oder dem Frauenhaus einen Besuch abstatten solle. In Folge setzte er weitere Tweets ab, unter anderem mit dem Hashtag “fr4uenhouseg4ng”.
Andere Sympathisanten der “Identitären” nahmen das Thema auf und verwendeten den Hashtag “Frauenhaus”. Von einem Account wurden die Postings “Frauenhaus. Bester Aufrissplatz. Eine ist immer da.” und “Bordellschutzhaus” abgesetzt. Schließlich schrieb ein User mit einem bedauernden Emoticon an Sellner: “Die Frauenhäuser sind schon gewarnt, jetzt kannst Du nur noch auf ein Bier gehen.”
Und tatsächlich versetzten die Ankündigungen der “IB” die Sozialeinrichtungen der steirischen Landeshauptstadt gestern in Alarmbereitschaft. Eine Sprecherin des vor allem bedrohten Grazer Frauenhauses berichtet gegenüber VICE: “Unsere Einrichtung wurde gestern von der Drohung informiert. Wir haben daraufhin den Verfassungsschutz benachrichtigt.”
Aus Grazer Polizeikreisen wird das bestätigt. Es werde bereits vom Landesamt für Verfassungsschutz ermittelt, in der Nacht auf heute seien verstärkt Polizeistreifen rund um das Frauenhaus im Einsatz gewesen.
Martin Sellner selbst wurde bereits in der Vergangenheit mit einem Vorfall rund um ein Frauenhaus in Verbindung gebracht. Bei einem Vortrag von Natascha Strobl und Julians Bruns, AutorInnen des Buches Die Identitären, berichtete eine Frau von einem Vorfall im Frauenhaus Baden, wo Sellner des Hauses verwiesen worden sei. Sellner, dessen Eltern in Baden leben, bestritt das damals und schrieb auf Twitter, dass er nicht einmal wissen würde, dass es in Baden ein Frauenhaus gäbe.
Dennoch nahmen er und seine Kameraden diesmal offensichtlich auf die Vorwürfe in Baden Bezug. Auf dem Video, das Sellner gestern gepostet hat, ist ein Zettel zu sehen, auf dem die Frauenhäuser Baden und Graz bereits abgehakt sind, Wien sowie das Veranstaltungszentrum Sub fehlen noch. Im Hintergrund ist das Video zu sehen, in dem über den mutmaßlichen Vorfall in Baden berichtet wird.
Die jetzigen Vorfälle rund um das Frauenhaus Graz können gleichzeitig als besonders zynisch betrachtet werden. Noch zu Weihnachten hatte die IB dazu aufgerufen, im Rahmen einer sogenannten “Patriotischen Solidarität” Spenden an das Frauenhaus Graz zu übergeben. Von einer solchen Spendenaktion weiß das Frauenhaus Graz übrigens nichts.
Frauenhäuser sind wesentliche Einrichtungen, um Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, eine Möglichkeit zu bieten, den Tätern zu entkommen. Sie sind buchstäblich lebensrettend. Die Frauen, die dort Schutz und ein Dach über dem Kopf finden, haben zumeist bereits massive Gewalt erleben müssen. Rechte Kräfte stellen diese Einrichtung immer wieder in Frage.