Im australischen Outback musst du dein Steak selbst erlegen

Um in die abgelegene Stadt Roebourne im Westen Australiens zu gelangen, musst du in Perth in ein Flugzeug Richtung Karratha, 1500 km weiter im Norden, steigen, das dich in die am schnellsten wachsende Bergarbeiterstadt des Landes führt. Dort wirst du vermutlich ein paar Fifo-Arbeiter (Fifo für fly-in fly-out: die Arbeiter werden vorübergehend an entlegene Standorte geflogen, fliegen dann aber wieder zurück in ihre Heimatstadt) in Neon-Kleidung treffen, die Meat Pies verspeisen und Eiskaffee runterkippen, während sie sich aufmachen, die große Kohle zu scheffeln.

Skyline

Meine Ankunft am Flughafen in Karratha fühlt sich wie der Anfang der Zeit an. Bäume gibt es kaum und der Boden ist ausgetrocknet.

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Vom Flughafen geht es noch eine weitere Stunde nördlich zum Shire of Roebourne, wo ca. 1200 Menschen leben. Im Sommer steht einem bei durchschnittlichen 40°C permanent der Schweiß auf der Stirn.

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Das ist das Land der Kamele.

Vor drei Jahren ließ der Illustrator Wah Kong die Food Trucks, Bauernmärkte, das gemäßigte Klima und die anderen Bequemlichkeiten seines Stadtlebens an der Ostküste zurück, um nach Roebourne zu ziehen und indigenen Kindern beizubringen, wie man Computerspiele programmiert und mit interaktiven digitalen Comics seine Geschichten erzählt.

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Illustrator Wah Kong mit einem Kind seiner Klasse.

Wenn es um Essen geht, ist Wah experimentierfreudig und er ist ein begeisterter Koch. So hat er es sich zur Aufgabe gemacht, Teil der traditionellen, heimischen Essensszene zu werden—und dort wird alles von Känguru-Schwanz bis hin zu Kamelwürsten und Baumsaft, auch als gardangu bekannt, konsumiert.

„Es gibt so viele Leute in der Gemeinschaft, von denen ich lerne, wenn ich mit ihnen Zeit verbringe, wenn sie Geschichten erzählen, wenn ich mich mit ihnen unterhalte, wenn ich beobachte und zuhöre”, sagt Wah. Wie man ein Tier schlachtet, ausnimmt und essfertig zubereitet, hat er bereits gelernt. „Dadurch verändert sich der Blick und die Wertschätzung der Herkunft von Fleisch, und ich esse mehr oder weniger alles in Maßen”, sagt er.

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Berghuhn

Wenn man sich in Roebournes weitläufiger Pindan-Landschaft mit den Felsen und den ausgebleichten Stachelkopfgräsern umsieht, ist es schwer zu fassen, dass der Ozean nur 20 Minuten entfernt ist. Es gibt Kängurus, Falken, wilde Rinder, Kamele. Zahlreiche Tierskelette liegen herum, die an die Rauheit der Umgebung erinnern. Die Landschaft entspricht zu 100 Prozent dem Stereotypen des australischen Outbacks.

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Seit mehr als 30.000 Jahren beheimatet die Gegend das Ngarluma-Volk, eine Gruppe, die ursprünglich ausschließlich vom Jagen und Sammeln lebte. Die Männer jagten nach Meerestieren und Land, die Frauen sammelten die Nahrung für das tägliche Leben: Pflanzen, Reptilien, Honig. Heutzutage gibt es einige kleine Gemischtwarenläden in Roebourne und größere Supermärkte in den Nachbarstädten.

Dennoch sind frische Produkte nicht leicht zu bekommen. „Es ist sehr deprimierend, den Großteil der Lebensmittel bei Woolworth oder Coles zu kaufen”, sagt Wah. Dafür gibt es reichlich heimisches Fleisch wie Buschhuhn und Kängurus, die von Einheimischen gejagt werden. Die Tiere werden meist ausgenommen und in einem „Backofen” im Erdboden gekocht—ein Loch, das in die Erde gegraben und mit brennendem Holz gefüllt wird, das immer heißer wird, bis es bernsteinfarben ist. Das Fleisch wird zum Kochen in Blätter und in feuchte Tücher oder Folie eingewickelt. Wenn die Beute richtig groß ist—wie ein Emu oder ein Känguru—werden glühend heiße Steine in den Bauch des Tiers gelegt, damit es gleichmäßig auch von innen gekocht wird.

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Buschhuhn, das gejagt, gerupft und ausgenommen wird, bevor es im „Backofen” landet und mit Buschbrot gegessen wird.

Weil die Gegend so nahe am Meer liegt, gibt es eine Vielfalt an Meeresfrüchten und Fischen.

Bei Ebbe geht Wah gerne an den Strand und sammelt Meeresschnecken, die sich an Steinen festklammern und die er in Butter, Knoblauch, Weißwein und Koriander/Petersilie kocht. „Ein Freund hat vor kurzem einige Weißlachse und einen Hai gefangen. Die essen wir jetzt schon die ganze Woche”, erzählt er mir.

REZEPT: Meeresschnecken mit Knoblauch und Koriander oder Petersilie

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Meeresschneckenbeute von der Pilbara-Küste.

Wah trägt auch mit seinen chinesischen Wurzeln zur Gemeinschaft bei und zeigt den Kindern und ihren Eltern, wie man Teigtaschen und Frühlingsrollen mit asiatischen Kräutern und Gewürzen zubereitet, was unter seinen Gästen meist gemischte Reaktionen hervorruft.

„Einmal habe ich eine Wantan-Nudelsuppe für einen Vater und seine Tochter gekocht und ich glaube, die Konsistenz der Wantans war neu für sie, also spielte das Mädchen mit ihrem Essen und aß nicht sehr viel”, erinnert er sich. Eine Woche später ging der Vater des Mädchens auf Jagd und erlegte ein Känguru. Er gab Wah die Wirbelsäule und ein paar Rippen, aus denen Wah einen herzhaften Eintopf zubereitete, der der Tochter sehr schmeckte. Für Wah ist das beste an gemeinsamem Essen der kulturelle Austausch, „besonders, wenn es um zwei sehr unterschiedliche Kulturen mit unterschiedlichen Zutaten geht.”

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Felsenaustern, Fledermäuse werden über Kohle gebraten.

Zu den Abenden, die Wah am meisten in Erinnerung geblieben sind, zählt ein Essen mit einem älteren Herrn mit dem Namen Onkel Bumba, der frische Austern 50 Metern von seinem Haus entfernt gesammelt hatte und über einer Feuerstelle grillte. „Sie waren so süß und saftig, wir aßen den ganzen Abend lang und hatten viel Spaß, während wir uns unter dem Licht der Sterne gegenseitig Geschichten erzählten.” Wah hat auch schon Meeresschildkröte mit Rangern der Djarindjin-Gemeinschaft gegessen. Emu und Goanna will er noch probieren.

Als Grundausstattung für alle, die ihre Nahrung in der Natur sammeln, empfiehlt Wah einen Schraubenzieher, eine Zitrone und Wasser aus der Flasche—unerlässliche Dinge, wenn man saftige Austern findet und sie gleich essen möchte.

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Schildkröten essen mit einem Djarindjin-Ranger.

Außerdem sollte man auf keinen Fall gute Messer, eine Schusswaffe (zum Jagen), Salz, Pfeffer, gutes Öl, eine Gusseisenpfanne, ein gutes Schneidebrett und eine „Kühlbox mit Eis, Getränken und einen Stuhl” vergessen.

Vor allem aber sollte man immer ein Rezept für Buschbrot zur Hand haben, um auch im Outback wie ein König zu leben.