In der unheimlichsten Bar Amerikas spukt es das ganze Jahr

earnestine and hazel's bar

Ich arbeite schon seit 13 Jahren im Earnestine & Hazel’s. Wenn du irgendwann mal vorbeischaust, kannst du dir sicher sein, dass ich immer noch dort sein werde. Ich gehöre quasi zum Inventar. Ende 2001 habe ich hier zu arbeiten begonnen. Ich liebe es einfach. Ursprünglich komme ich aus Memphis, dort bin ich geboren und aufgewachsen.

Um ehrlich zu sein, wenn ich bei der Arbeit bin, rede ich nicht gerne über solche Dinge. Ich bekomme ein unheimliches Gefühl, weil es mir vorkommt, als würden die Geister zuhören und ich fühle mich, als wäre ich ihnen gegenüber respektlos. Ich weiß, dass das verrückt ist. Ich kann das auch nicht erklären.

Videos by VICE

Das Gebäude, in dem sich das Earnestine & Hazel befindet, stammt aus dem späten 19. Jahrhundert und war früher einmal eine Kirche. Dann war es eine Apotheke, dann ein Geschäft und dann ein Jazz Café mit Bordell, bevor es schließlich eine Bar wurde. Es gibt also sehr viele unruhige Geister hier. Das Bordell war im oberen Stock. Earnestines Ehemann war der Besitzer des Clubs und alle Jazzmusiker kamen immer hierher. Ray Charles spritzte sich oben Heroin und hatte Spaß mit den Prostituierten.

Photo via Flickr user Sean Davis.

Der „Blue Room” im Earnestine & Hazel’s. Foto: Sean Davis via Flickr.

Earnestine und Hazel, zwei Schwestern, eröffneten das Lokal Mitte der 50er-Jahre und Russell George wiedereröffnete die Bar am St. Patrick’s Day 1993. Hazel starb 1995, Earnestine lebte noch bis 1998. Sie und Russell wurden sehr gute Freunde. Sie erzählte ihm alles über das Lokal und sie verbrachten viel Zeit miteinander. Russell, der vorherige Besitzer, beging vor einem Jahr im oberen Stock Selbstmord. Er macht dieses Haus zu dem, was es heute ist.

Einmal sprach ich mit einem meiner Arbeitskollegen über James Brown. Es war der Tag, an dem er gestorben war. Plötzlich ging die Jukebox ganz von allein an und es tönte „I Feel Good” aus den Lautsprechern.

Ich war nur ein einziges Mal im Earnestine & Hazel’s, bevor ich hier anfing zu arbeiten. Das Lokal war immer schon für seine Soul Burger bekannt. Vor meiner Zeit dort, verkaufte ich die Burger an Russell. Ich arbeitete sechs Jahre lang auf einem Fleischmarkt und er sagte zu mir, wenn ich mal einen Job brauche, solle ich vorbeikommen. Ich hatte davor noch nie in einer Bar gearbeitet und alleine in dieser großen, alten Bar zu sein, machte mich wahnsinnig.

Hier passierten ständig irgendwelche merkwürdigen Dinge. Ich war schon alleine hier und hörte aber im oberen Stock jemanden Klavier spielen. Oder Geräusche von Leuten, die im oberen Stock herumliefen und miteinander redeten. Die ursprünglichen Räume des Bordells gibt es im oberen Stock alle noch. Paranormal Wesen verbringen dort immer ihre Nächte. Du kannst kein Foto machen, ohne dass ein Geisterfleck drin wäre. Sie sind einfach überall.

Gerüchten zufolge wurden einige Prostituierte oben umgebracht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass alle Geister Frauen sind. Ich habe mich nie mit so etwas beschäftigt und ich habe noch nie daran geglaubt, bis ich hier arbeitete. In meinem Kopf besteht kein Zweifel mehr, dass irgendetwas mit diesen Gebäude anders ist.

Ich habe das Gefühl, wer oder was auch immer sich hier außer mir befindet, passt auf mich auf, weil ich hier schon so lange bin und diesen Ort so respektiere. Es gab einmal einen Typen, der 15 Jahren lang hier arbeitete. Eines Tages ging er in den oberen Stock und ich schwöre, er rannte die Treppen wieder runter und durch die Tür hinaus direkt nach Hause. Bis heute geht er nicht mehr nach oben. Er sah dort scheinbar irgendetwas, das ihn zu Tode erschrak. Er konnte nicht erklären, was es war.

Die meisten Sachen passieren oben. Unten geht nur immer wieder mal die Jukebox an und spielt irgendwelche Songs. Das passiert ständig, du kannst meine Kunden fragen. Wir sitzen einfach unten und reden und plötzlich spielt die Jukebox einen Song, der genau zu unseren Unterhaltungen passt.

Das ist echt merkwürdig.

Einmal sprach ich mit einem meiner Arbeitskollegen über James Brown. Es war der Tag, an dem er gestorben war. Plötzlich ging die Jukebox ganz von allein an, sie jagte mir einen Riesenschrecken ein und es tönte „I Feel Good” aus den Lautsprechern.

Ein anderes Mal war ein paranormales Wesen hier und sprach mit Russell über Exorzismus, als plötzlich die Jukebox anging und „Sympathy for the Devil” von den Rolling Stones spielte. Aber richtig Angst hatte ich nur ein Mal. Ich stand gerade bei der Jukebox und es fühlte sich an, als hätte mich jemand berührt.

Photo via Flickr user Sean Davis

Eine Jukebox im Earnestine & Hazel’s. Foto: Sean Davis via Flickr.

Manchmal kann man auch Stimmen hören. Man versteht nicht wirklich, was sie sagen, aber du hörst definitiv, dass Leute reden. Jeder dachte, dass die Putzkraft verrückt war, weil er immer, wenn er bestimmte Räume betrat, sagte, Ah, da ist er ja wieder. Nach 13 Jahren hier halte ich ihn nicht für verrückt.

Plötzlich wurden die Lichter heller, dunkler, heller dunkler bis es in der Bar taghell war.

Viele haben sich auch schon darüber lustig gemacht. Eines Abends—das ist eine wahre Geschichte—saßen ein paar Leute an der Bar und machten sich über Geister lustig und zogen über Earnestine und Hazel her. Plötzlich wurden die Lichter heller, dunkler, heller dunkler bis es hier taghell war. Die drehten durch und gingen.

Ich hatte auch viele komische Erfahrungen mit Geld hier. Einmal hatte wir ein Säckchen Geld verloren—wir konnten es einfach nicht mehr finden. An einem Freitag genau fünf Jahre später spielte ich mit einem Arbeitskollegen Billard. Es war nichts los in der Bar. Ich spielte die weiße Kugel aus Versehen über den Tisch hinaus und sie rollte unter ein Sofa. Wir hoben das Sofa hoch und da lag ein staubiges Säckchen Geld mit Spinnweben darunter. Ich rief Russell und er sagte: „Keine Ahnung, woher das kommt”. Am Samstag darauf spielte ein anderer Arbeitskollege Billard und genau das Gleiche passierte: er spielte den Ball über den Tisch und der Ball rollte unter die Couch. Wir hoben die Couch hoch und am exakt gleichen Ort lag das Säckchen Geld, das wir vor vier oder fünf Jahren verloren hatten.

Diese letzte Geschichte willst du vielleicht nicht hören, aber sie ist wahr. Seitdem weiß ich, dass ich hier nicht alleine bin.

Wie bereits erwähnt arbeite ich hier schon sehr lange. Im Jahr 2007 wurde mein 24-Jähriger Sohn ermordet. Ich war bei der Arbeit, als ich hörte, dass er erschossen worden war. Lange Rede, kurzer Sinn: So wusste ich, dass Earnestine—ich glaube, es ist Earnestine—sich um mich kümmerte. Als ich zurück zur Arbeit kam, saß ich alleine am einen Ende der Bar und weinte.

Manchmal, wenn mir hier alles ein bisschen zu viel wurde, unterhielt ich mich mit Earnestine. Ich weiß, das klingt verrückt. Aber wenn du hier ganz alleine bist, kann es ganz schön unheimlich werden. Ich sagte, Earnestine, bitte gib mir ein Zeichen, dass es meinem Kind gut geht. Aus dem Nichts kam dieses Babyvögelchen auf mich zu gelaufen. Ich sah nach unten, das kleine Vögelchen lief rüber zu einer offen stehenden Tür und flog weg. Das war für mich das Zeichen, dass es meinem Kind gut geht. Ich fing mit Earnestine an zu reden, das Vögelchen tauchte plötzlich auf und flog dann wieder weg. Das war echt merkwürdig. Und dann war da diese kleine Frau, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Sie kam herein und fragte mich, „Hallo liebe Dame, geht’s dir gut?” Ich weiß nicht, woher sie kam und ich habe sie danach auch nie mehr gesehen, aber ich fing mit ihr an, über alles zu reden. Dann ging die Frau wieder. Eine Stunde später kam sie zurück und brachte mir ein Halsband aus Sterlingsilber mit einem Vögelchen drauf.

Ich weiß bis heute nicht, wie sie heißt. Sie gab mir diese Halskette, umarmte mich und ging wieder. Ich sah sie danach nie mehr. Das wäre doch ein komischer Zufall, oder? Dass sie einfach mit einer Halskette mit einem Vögelchen drauf zurückkam? Die Geschichte ist wahr, ich lüge nicht. Russell sagte, Karen, Earnestine passt auf dich auf.

The bar. Photo via Flickr user Eric Allix Rogers

Die Bar. Foto: Eric Allix Rogers via Flickr.

Seitdem hatte ich hier in der Bar nie mehr Angst. Ich höre manchmal komische Dinge, aber das macht mir nichts mehr aus. Es ist wie ein Zuhause für mich. Ich habe hier so viele nette Leute getroffen, so viele gute Erfahrungen gemacht. Manche Leute bekommen hier Angst und drehen durch, ich aber nicht mehr.

Karen Brownlee ist Barkeeperin und Managerin im Earnestine & Hazel’s Juke Joint in Memphis, Tennessee.