Kein deutscher Ministerpräsident ist je für seinen Penis berühmt geworden – bis jetzt. Ein Wahlplakat der Satirepartei Die PARTEI zur sächsischen Landtagswahl zeigt Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) nackt auf einer Wolke. Der in der Bildmontage übergroß dargestellte Penis schlängelt sich um ein Holzkreuz im Hintergrund. “Aus langer Tradition” steht darunter. Über dem Kreuz schweben die Köpfe früherer sächsischer CDU-Größen. “Das ist unser Beitrag, um Michael Kretschmer bekannter zu machen”, erklärt Max Aschenbach, Generalsekretär von Die PARTEI gegenüber VICE.
Sächsische Behörden finden die angebliche Werbung für den CDU-Mann allerdings nicht so positiv. Am Montag wurden in der Kleinstadt Meerane mehrere Plakate mit dem Riesenpenis und Kretschmers Konterfei abgehangen. Polizeibeamte hätten das strittige Motiv bemerkt und von Amts wegen Anzeige erstattet, erklärte eine Sprecherin der Polizeidirektion Zwickau laut der Zeitung Freie Presse.
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Am selben Tag hatte Ministerpräsident Kretschmer einen Wahlkampftermin in Meerane. “Das fällt schon unangenehm auf, wenn zwei Stunden vor dem Besuch des Ministerpräsidenten Wahlplakate anderer Parteien entfernt werden”, schrieb der FDP-Bundestagsabgeordnete und ehemalige sächsische Justizminister Jürgen Martens auf Facebook. Einen Zusammenhang zwischen dem Besuch des Ministerpräsidenten und dem Entfernen der Plakate dementiert die Polizei bislang.
In anderen sächsischen Städten rief ein anderes Plakatmotiv der Partei sogar den Polizeilichen Staatsschutz auf den Plan. In Bautzen und Plauen sammelten die Beamten zahlreiche Plakate von Die PARTEI ein und ermitteln nun wegen des Vorwurfs der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole.
Tatsächlich zeigt das Plakat zwei Hakenkreuze: Man sieht Ministerpräsident Kretschmer, der sich schützend über eine Karte Sachsens beugt, auf der ein Brand die Hakenkreuz-Flagge freilegt. Aus dem Hintergrund greift der sächsische AfD-Chef Jörg Urban nach dem Bundesland. Seine linke Hand, an der ein Hakenkreuz-Siegelring steckt, liegt auf der Schulter Kretschmers. “Wir sind begeistert, dass dies den Polizisten, gerade in Bautzen, überhaupt noch auffällt”, schreibt Die PARTEI in einer Pressemitteilung. Sie verweist darauf, dass ihr Plakat der staatsbürgerlichen Aufklärung und der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens diene. In solchen Fällen sei das öffentliche Zeigen des Hakenkreuzes erlaubt.
Ob diese Regelung bei den Hakenkreuz-Plakaten tatsächlich greift, ist derzeit noch unklar. Eine Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft Dresden erklärt gegenüber VICE, man prüfe derzeit gemeinsam mit den Staatsanwaltschaften Dresden, Zwickau und Görlitz, ob das Motiv möglicherweise strafbar ist. Bei den Plakaten mit dem penisberankten Kreuz steht ein Verstoß gegen §166 StGB (Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen) im Raum.
In der rechtlichen Prüfung seiner Plakatmotive sieht auch Die PARTEI-Generalsekretär Max Aschenbach kein Problem. “Rechtsstaatlich inakzeptabel ist jedoch das Abhängen der Wahlplakate vor Abschluss der Prüfung”, erklärt er. Zudem verweist er darauf, dass vor der Europawahl im Mai 2019 NPD-Plakate mit Slogans wie “Migration tötet” in Sachsen größtenteils erst nach richterlicher Prüfung entfernt wurden.
Weil die Polizei in Bautzen nicht nur die Hakenkreuzplakate beschlagnahmte, sondern dabei auch alle weiteren Plakate der Partei abgerissen haben soll, will Aschenbach jetzt Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Beamten stellen. Zudem kündigte Die PARTEI an, eine einstweilige Anordnung erwirken zu wollen, um die entfernten Plakate erneut aufzuhängen. “Unser erfahrener, kompetenter und arbeitsscheuer Hausjurist wird diese bis spätestens Freitag zornig einreichen.” Auch den Ministerpräsidenten Kretschmer wolle er persönlich auffordern, “für die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundprinzipien zu sorgen” und den Anschein abzuwehren, “die CDU nutze die Staatsmacht um unliebsame Wahlwerbung zu behindern”.
Als unliebsame Werbung sollen die Plakate mit dem gutbestückten CDU-Mann Aschenbach zufolge sowieso nicht verstanden werden. “Wir wünschen der CDU mehr Stimmen als die AfD bekommt”, erklärt er. Da Kretschmer seiner Meinung nach bisher nicht mit politischer Arbeit überzeugen konnte, habe man “verborgene Vorzüge” vermutet und diese für potentielle CDU-Wähler herausgestellt.
Wie die Sächsische Union zu dieser angeblichen Hilfestellung steht, bleibt fraglich. Eine VICE-Anfrage an die CDU Sachsen blieb unbeantwortet. Ministerpräsident Kretschmer bezeichnete die umstrittenen Plakate der Satirepartei bereits am Donnerstag als geschmacklos.