Der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit ist voller Nase rümpfender Menschen, dein Büro klingt wie ein Orchester aus tiefsitzendem Husten und die Ärztin schenkt dir ein müdes Lächeln, wenn sie dir erklärt, was sie an diesem Morgen schon sechs anderen Patienten erklärt hat: viel trinken, Bettruhe und dann verschwindet die schlimme Erkältung irgendwann wieder.
Willkommen zurück, Winter. Wir haben dich nicht vermisst.
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Wenn im November die Kälte einbricht, hole ich statt Hustensaft und Erkältungsmittel die Zutaten für khichdi, das indische Äquivalent zu Hühnerbrühe und eine natürliche Stärkung für das Immunsystem, aus dem Schrank.
Das Grundrezept enthält Basmati-Reis, Linsen, Knoblauch und Ingwer—ein leichtes und gut verdauliches Gericht. Khidchi wurde stark durch die uralte, ayurvedische Medizin beeinflusst und war unter britischen Kolonialisten so beliebt, dass eine angloindische Version entstand, die als kedgeree bekannt ist und oft zum Frühstück gegessen wird. Kedgeree, mit Schellfisch, gekochten Eiern und Petersilie zubereitet, ist feucht, leicht scharf und angenehm für den Magen.
„Indische Hindus haben Essen immer stark im Zusammenhang mit Gesundheit betrachtet”, erklärt Dr. Priya Deshingkar, eine Migrationsforscherin an der University of Sussex, „und zahlreichen Kräutern und Zutaten wurden gesundheitsförderliche Eigenschaften zugeschrieben.”
Viele der britisch-indischen Kinder der zweiten oder dritten Generation nehmen traditionelle Heilmittel nicht mehr ernst, aber ältere Generationen setzen immer noch auf ayurvedische Methoden. Das Honig-Pfeffer-Gericht, das mich an kalten Wintermorgen vor der Schule in der Küche erwartete, ist mir negativ in Erinnerung gebelieben, aber dass diese Mischung oft gegen Husten und Erkältungen eingesetzt wird, wusste ich damals nicht.
Da ich als Kind Asthma hatte, gab mir meine Mutter auch im Sommer Honig und Pfeffer, um die Wahrscheinlichkeit einer Infektion zu minimieren. Die Kombination klingt eher unappetitlich, aber das Heilmittel wird seit Jahrhunderten auf dem gesamten indischen Subkontinent eingesetzt, um Virusinfektionen zu behandeln. Der klebrige Honig zusammen mit den Pfefferkörnern beruhigt die Schleimhäute des Rachens. Und besser als jeden Tag im Zimmer der Schulärztin mit einem Asthmaspray zu verbringen, ist es allemal.
Natürlich können die Vorteile eines solchen Hausmittels an Folklore grenzen, aber als ich ein Kind war, waren unsere Küchenschränke immer voller Samen, getrockneter Blätter und Pulver, die wir aus Pakistan mitgebracht hatten und die alle als alternative Medikamente fungierten.
Wenn ich krank im Bett lag, wirkte schon allein das Geräusch meiner Tanten, wie sie Masala-Chai von einer Tasse in die anderen gossen, sofort lindernd. Der Tee wird meistens mit Milch, Ingwer, Zimt, Nelken und Kardamom gekocht und die intensiven Aromen des Getränks waren schon lange ein Erkältungsmittel, bevor Starbucks anfing, sie mit viel zu viel Milch und Zucker zu vermischen.
„Es gibt einige Hausmittel, die auf gewöhnlichen Zutaten basieren, die es in den meisten indischen Haushalten gibt”, fügt Deshingkar hinzu. „Gleichzeitig gibt es aber andere Nahrungsmittel, von denen man glaubt, dass sie zu einem Ungleichgewicht des Doshas oder der Körpersäfte führen.”
Deshingkar betreibt auch ein indisches Restaurant, das auf die Marathi-Küche spezialisiert ist, und erklärt, wie solche ayurvedischen Heilmittel aus einem alten Sanskrit-Text entnommen wurden.
„Die Wurzeln dieser Praktiken können auf die ayurvedischen Prinzipien, die in dem alten, indischen Text der Charaka Samhita aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. erläutert werden, zurückgeführt werden”, sagt sie.
Ein Beispiel, das Deshingkar nennt, ist Kurkuma mit heißer Milch (haldi dhood auf Hindi), ein einfaches Rezept gegen Brustkorbinfektionen und Grippe.
„Kurkuma hat stark antibakterielle Eigenschaften und die Milch sorgt dafür, dass der hintere Rachen mit einer Schicht bedeckt wird. So werden die Bakterien abgetötet, die für die Halsschmerzen verantwortlich sind”, erklärt sie. „Kurkuma wird auch auf kleine Wunden und Schnitte aufgetragen, um eine Infektion zu vermeiden.”
In Großbritannien werden die Vorteile der ayurverdischen Medizin immer noch erforscht und Ärzte warnen vor bestimmten Elementen wie Kräuterpillen, die eine gefährliche Menge Blei enthalten. In The Wee Curry Shop in Glasgow haben die ayurvedischen Prinzipien einen starken Einfluss auf das Essen des Kochs Vini Sharma.
„In indischem Essen sind zahlreiche tolle Gewürze wie Zimt, schwarzer Pfeffer, Kurkuma und viele Chilis”, sagt er. „Sie sind alle sehr gesund. Ich versuche, alle Gewürze, die es auf dem Markt gibt, zu verwenden, und unsere Kunden mögen die Geschmäcker, die daraus entstehen.”
Sharma erinnert sich, wie er von seinen älteren Verwandten in Neu-Dehli gezwungen wurde, haldi dhood zu trinken. Heute schätzt er die Tradition.
„Als Kind ist Kurkuma mit Milch eines der letzten Dinge, die man trinken will, aber langfristig bemerkt man die Vorteile und möchte diese Tradition an seine eigenen Kinder weitergeben”, sagt er. „Ich war mein ganze Leben gesund. Ich war noch nie richtig krank, es ist also eine tolle Sache, die man weiterführen sollte.”
Sharma zeigt als Beweis auf die Gewürze, die am Eingang des Restaurants säuberlich aneinander gereiht sind.
„Ich mag Masala chai und haldi mit Milch sehr, weil sie gut fürs Immunsystem sind”, fügt er hinzu. „Es macht dich stärker. Wir verwenden beim Kochen sehr viel Kurkuma, egal ob das indisch oder pakistanisch ist—die Ursprünge sind dieselben.”
Ein Teller bhindi Masala steht auf der Theke vor uns. Das vegetarische Curry besteht aus Okra, karamellisierten Zwiebeln, Chili und Kurkuma und ist somit voller Ayurveda-Zutaten gegen Grippe.
Und es sieht lecker aus—was man über die meisten Medikamente wahrscheinlich nicht sagen kann.