Kesha tänzelnd im VoGa – Internationale Musikvideos, die in Wien gedreht wurden

Wien ist nicht Prag. Wien ist nämlich sei Dank Wien. Und Wien ist, glaube ich, sehr gerne Wien, obwohl Wien das wahrscheinlich niemals zugeben würde. Wien tut nämlich manchmal so, als wäre es unfassbar anstrengend, Wien zu sein, aber insgeheim findet Wien sich trotzdem selbst am allergeilsten. Und genau deshalb wird Wien auch immer Wien bleiben, selbst dann, wenn es gerne mal mehr so wie Prag sein dürfte. Zum Glück. Und ein bisschen auch leider. Kurz und gut: Prag ist nicht Wien.

Denn Prag ist – und damit kommen wir auch langsam zum Punkt, ich schwöre – so was wie die Musikvideo-Hauptstadt Europas: Rihanna, Kanye West, Linkin Park, Gwen Stefani, Blur oder Celine Dion haben alle schon mal mindestens eines, wenn nicht sogar mehrere Videos bei unseren tschechischen Nachbarn gedreht. Sogar Budapest steigt im Vergleich dazu besser aus: Videos von Selena Gomez, Jamie Woon, Katy Perry und Groove fucking Coverage sind dort entstanden. Wien ist da eher für Filmproduktionen wie Der dritte Mann oder Before Sunrise bekannt – trotzdem gab es über die Jahre hinweg durchaus schon ein paar hochkarätige Musikvideos, für die unsere schöne Würschtel-Hauptstadt heimlich die Kulisse stellte. Also, mehr oder weniger.

Videos by VICE

Sarah Connor – “French Kissing”

Wir erinnern uns: Bevor Sarah Connor mithilfe von Xavier Naidoo als fleischgewordene Flanellbluse wiedergeboren wurde, säuselte sie glorreiche Schlafzimmermusik – mal mit Wyclef Jean, mal mit Enrique Iglesias, mal auf ein “No Diggity”-Sample. Das Video zur Zungenpritschler-Hymne “French Kissing” entstand 2001 im Wiener Urania Hotel. Mit dabei sind: Netzstrümpfe, Bewegungsunschärfe, Pelz, generell sehr viel Ficki Ficki, schöne Tapeten und Bordell-Ästhethik. Ruhe in Frieden, Slutty Connor. Wir vermissen dich.

*NSYNC – “Here We Go”

Den Wiener Regisseur Stefan Ruzowitzky kennt man in der Regel für zwei Dinge: Entweder, man hat 2015 mitbekommen, wie er für Die Fälscher mit dem Oscar ausgezeichnet wurde, oder man weiß, dass er damals, in den späten 90ern, ein kurzes Filmchen für eine kleine Boygroup namens *NSYNC gedreht hat: “Tearin’ Up My Heart”. Das schien recht gut funktioniert zu haben, schließlich verpflichtete man Ruzowitzky für das Video zur darauffolgenden Single “Here We Go” erneut. Schauplatz war diesmal der Turnsaal der Vienna American International School. Gilt.

Kesha – “True Colors” (Promovideo)

Ganz ehrlich: Keine Ahnung, wofür diese Aufnahmen von Kesha ursprünglich gedacht waren, ob sie überhaupt für etwas gedacht waren, am Ende wurden sie jedoch dazu verwendet,”True Colors” mit Zedd zu bewerben – ihre erste Veröffentlichung nach dem Dr. Luke-Rechtsstreit. Im Clip sieht man Kesha durch den Volksgarten laufen. Der damaligen Haarfarbe nach zu urteilen, dürfte das Ganze während ihres Wien-Aufenthalts anlässlich des Life Balls 2014 passiert sein sein. Weniger nachvollziehbar ist hingegen ihr Verhalten: Kesha läuft unnötig nah an den von Dornen übersäten Voga-Rosenbüschen entlang, streift diese wieder und wieder, setzt sich der Gefahr aus, gepikst zu werden, hält sich sogar schützend ihre Hand vors Gesicht, obwohl wirklich, wirklich mehr als genug Platz vorhanden wäre, um die Büsche nicht zu berühren und da kann man eigentlich nur den Kopf schütteln. Streng genommen ist das hier natürlich kein richtiges Musikvideo, sondern vielmehr eine zusammenhanglose Episode von dornenbedingter Achtlosigkeit, aber man muss schließlich nehmen, was man kriegen kann.

Robbie Williams – “Lovelight”

Rudebox war das erste Robbie-Album, bei dem nicht alle sofort dabei waren, oder? Egal, “Lovelight” bleibt ein geschmeidiger Semi-Sex-Banger und dass das zugehörige Video im Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste, a.k.a. Semperdepot in 1060 gedreht wurde, wertet den Song eigentlich nur noch mehr auf. Dazu kommen die Mind Control-Anspielungen, die “Rock DJ”-Optik, die ganze Nazi-Club-Ästhetik (???), der Confetti-Regen, die Farbwahl – Illuminati confirmed.

Zoot Woman – “Memory”

Wenn euch nichts an diesem Zoot Woman-Video bekannt vorkommt, wohnt ihr nicht in Wien. Punkt.

A.R. Rahman, The Pussycat Dolls – “Jai Ho! (You Are My Destiny)”

Seid ihr schon mal nachts in eine Bim der Wiener Linien eingestiegen, während gerade dieses unfassbar dringend klingende Intro durch eure Kopfhörer dröhnt? Habt ihr schon mal versucht, paranoid durch die 62er zu schleichen, und euch dabei dauernd umzudrehen, so, als würdet ihr von einem indischen Sänger verfolgt? Habt ihr schon mal bierernst eine Bollywood-Choreo über die Haltestelle gefetzt, bevor die Straßenbahn einfährt? Nein? Solltet ihr. Zumindest, wenn ihr euch wie ich im Alltag gerne vorstellt, in Musikvideos unterwegs zu sein – die visuelle Komponente zu diesem epischen Slumdog Millionaire-Soundtrack wurde nämlich 2009 im Wiener Tramwaymseum gedreht. Die Pussycat Dolls waren zu der Zeit gerade auf Europa-Tournee, auch ein Österreich-Konzert war dabei – was wohl auch die Wahl der Location erklären dürfte.

Mr President – “I Give You My Heart”

“I Give You My Heart” ist wohl das einzige Video in dieser zugegebenermaßen kurzen Auflistung, in dem von Anfang an mehr als klar erkennbar ist, dass und wo in Wien gedreht wurde. Ist das Film Casino womöglich der beste Ort der Stadt?

“I Give You My Heart” ist so, so viel. Die Haare, das MakeUp, die Outfits, diese Enie van de Meiklokjes an der Kinokassa, der ganze Song, der Rap, die Synth-Melodie, die später vom Anton aus Tirol übernommen wurde, die Tatsache, dass die erste Zeile im Chorus klingt, als würde es “I give you my hole” heißen und schließlich die vermeintliche “Storyline”, die so tut, als würde sie in den 60ern spielen, dabei aber immer noch aussieht wie eine glasklare 90er-Perle, was uns vermuten lässt, dass man sich die 60er in den 90ern so vorgestellt hat, wie wir uns die 90er heute vorstellen, was wiederum fast schon Sinn ergibt – alles daran schreit Film Casino und noch viel mehr schreit alles daran Wien. Ach, Wien. Never change.

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