„Referenzen sind völlig normal“—Talisco im Interview


Foto © Gergana Petrova | VICE

Ich treffe den Franzosen Jérôme Amandi in einer Strandbar an der Spree. Da sein Englisch und mein Französisch nicht das Beste sind, sitzt glücklicherweise eine Übersetzerin zwischen uns. Oft muss sie nicht einspringen, Talisco kommt auch in gebrochenem Englisch schnell auf den Punkt. Während wir beim Gespräch tiefer und tiefer in die gemütlichen Strandstühlen sacken, nimmt der Wind immer stärker zu, ein Sturm zieht auf und erschwert die Konversation unheimlich. Nachdem wir uns ins naheliegende Restaurant gerettet haben, plaudern wir weiter über seine spanischen Wurzeln, die Pariser Musikszene und Avicii.

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YNTHT: Als ich mich auf das Interview vorbereiten wollte, konnte ich nicht viele Infos finden, die nicht auf französisch waren. Also lass uns am Anfang beginnen: Wann hast du angefangen, Musik als Talisco zu machen?
Jérôme: Oh, das ist eine lange, lange Geschichte. Talisco ist eine Hommage an jemanden, den ich mal kannte. Das ist aber ein Geheimnis. Ich habe mit elf Jahren angefangen, Musik zu machen, bis ich zwanzig war. Dann gab es eine große Pause und erst vor drei oder vier Jahren habe ich wieder damit angefangen. So richtig mache ich das erst seit einem Jahr als Talisco.

Ich habe gelesen, dass du auch in einer Rockband gespielt hast?
Als ich jung war, so 14 Jahre alt. Ansonsten habe ich immer alleine Musik gespielt.

Im September kommt deine erste LP Run raus. Bist du zufrieden mit dem Ergebnis?
In erster Linie bin ich froh, überhaupt ein Album zu veröffentlichen. Eigentlich ist es mir egal, klar, bin stolz darauf, ein Album zu veröffentlichen, aber das Ergebnis ist gerade nicht so wichtig… wenn du „Ergebnis“ sagst, meinst du da die Musik oder die Verkaufszahlen?

Nein, nicht die Verkaufszahlen, ich meine den künstlerische Wert.
Ah, achso! Ich bin natürlich sehr stolz, weil ich dafür hart gearbeitet habe. Mein Ziel war es, meinen eigenen Sound zu kreieren und das ist mir gelungen.

Du verbindest Elektro-Beats, Folk-Gitarren und Pop-Hymnen in deiner Musik. Wie kamst du auf die Idee dafür?
Ich weiß nicht, meine Einflüsse sind sehr weit gefächert. Ich höre sehr viel Musik. Es ist schwer für mich, eine Sache hervorzuheben. Es passierte eher unbewusst.

Deine Großmutter war eine Spanierin, die für die Familie spanische Lieder gesungen hat. Inwieweit inspiriert dich das heutzutage immer noch?
Das sind meine Wurzeln, die du auch in meiner Musik hören kannst. Meine Großmutter hat viel gesungen, als ich ein Kind war. Einfach aus Gefühlen heraus. Genau das hat mich geprägt, du kannst auch in meiner Musik diese Emotionen spüren.

Im Internet wurdest du von einer Website mit Avicii verglichen. Was glaubst du, woher diese Verbindung herkommt?
ich kenne ihn, weiß aber nicht, warum ich in dem Zusammenhang genannt werde. Für mich gibt es da keine Verbindung (lacht). Okay, die einzige Gemeinsamkeit zwischen uns ist, dass wir alleine sind. Wir beide schreiben und komponieren selbst unsere Musik, aber es sind wirklich sehr unterschiedliche Stile.

In letzter Zeit mixen viele Künstler Elektro mit Gitarrensounds. Was denkst du, woran das liegt?
Heutzutage ist es einfacher, Musik zu komponieren, weil du mit deinem Laptop alles aufnehmen kannst. Es ist nicht teuer, dir eine Gitarre oder ein Keyboard zu besorgen und zuhause Musik zu schreiben. Es ist einfach interessant, verschiedene Elemente zu vermischen. Ich denke gerade jetzt ist einfach die Zeit dafür.

Du lebst in Paris. Ist denn die Pariser Szene gut vernetzt?
Sie ist sehr eklektisch und öffnet sich immer mehr für andere Stile von Musik. Es wird einfacher, neue Sachen vorzustellen. Die Leute haben auch immer mehr Lust, etwas Neues zu hören. Daher ist es zurzeit ein guter Augenblick für meine Musik.

Gibt es auch einen Austausch zwischen den Musikern?

Auf deinem Facebook-Profil steht, dass deine Musik am besten in Filmen von Tarantino, David Lynch oder Tim Burton benutzt werden könnte. Bist du ein Film-Fan?
Nein. Ich mag den Film sehr gerne und schaue mir viele Sachen an, aber ich bin kein Fanatiker. Die Filme der genannten Regisseure sind die Filme, die ich am meisten liebe. Aber ich werde nicht meine Musik mit dem Kino verbinden.

Außer bei Musikvideos, wie zum Beispiel bei „Run“.
Ja natürlich. Wenn mich etwas berührt, benutze ich das für meine Musik. Tarantino kann also eine Inspiration für meine Videos sein, das könnten aber genauso gut auch andere sein.

Dein Kurzfilm „Run“ greift typische Motive aus Film-Klassikern auf. Welche Filme hatten besonderen Einfluss?
Ich bilde mir nicht ein, das Rad neu zu erfinden. Bei allem, was ich mache, ist immer auch etwas dabei, was es schon gab. „Run“ ist ein Kurzfilm, der thematisch das ganzen Album einfängt. Es geht um Flucht, Abenteuer, Action, pure Emotionen. Wir haben uns nicht gesagt, dass wir etwas Bekanntes mit reinbringen wollen, Referenzen sind völlig normal.

Du bist im September auch in Deutschland auf Tour. Wirst du als Band oder als DJ und Sänger auftreten?
Auf dem Album bin ich zwar allein, aber live sind wir zu dritt. Drei Jungs, wir sind eine Boyband (lacht). Auf der Bühne gibt es viel mehr Rock’n’Roll als auf dem Album. Ich hoffe, die Deutschen werden es mögen.


Run erscheint am 12. September via Virgin Records. Ihr könnt es als Vinylversion bei Amazon voobestellen oder digital bei iTunes kaufen.

Tour Dates

04.09. Berlin – Bi Nuu (Berlin Music Week)
06.09. München – Energy In The Park
12.09. Göttingen – NDR2 Soundcheck Festival
15.09. München – Kranhalle
16.09. Berlin – Bi Nuu
17.09. Köln – Gebäude 9
18.09. Hamburg – Reeperbahnfestival

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