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Technoqueen Ada spricht über eisige Sensibilität und Materialschlacht-Produktionen

Es wäre zu einfach, Techno als gefühlsloses, kaltes Genre zu klassifizieren; ein Genre, das mechanische Töne von durchkonzipierten, effizienten Maschinen versammelt. Ada aka Michaela Dippel konnte mit ihrem bisherigen Gesamtwerk diese unvollständige und ungenaue Charakterisierung von Techno in beeindruckender Weise widerlegen. 
Das Berliner Label Areal servierte die erste Musik von Dippel auf die Plattenteller der Welt. Weil das Label von Basteroid und Metope eher für den kräftigen Techno bekannt war, waren die Adas frühe Experimente dort perfekt aufgehoben.

Ihre ersten Veröffentlichungen bei Areal waren 12-Inch-EPs wie“Blindhouse/Luckycharm,”Believer/Arriba Amoeba,” und “I Love Asphalt,” Diese Releases verschaffte ihr unmittelbar den Status eines weltweit beachteten Top-Talents. Die Kompositionen waren simpel und dabei perfekt, ohne überflüssigen Firlefanz, aber mit Tiefe, Virtuosität und Humor. „Ich habe immer Witze gemacht: Das Label würde sogar Musik von mir veröffentlichen, die ich auf der liegengelassenen Groovebox meines Kumpels produziert habe,” sagt Ada. „Die haben wirklich ernst genommen, was ich da gemacht habe.”

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Damals lebte Ada in Köln, das wegen Kompakt zu dieser Zeit Heimat der Mircrohouse-Bewegung war, auch ihre Freunde nahmen sie ernst genug, sie zu den legendären Total Confusion-Partys mitzuschleifen, wo sie die Kompakt-Labelchefs Tobias Thomas und Michael Mayer traf. „Das war eine unglaublich praktische Fügung von Freundschaft und Ortschaft”, witzelt Ada. Mayer und Thomas haben später ihre Interpretation der Yeah Yeah Yeahs-Hymne „Maps” noch einmal remixt.

Das „Original-Cover” war Teil von Adas erstem Album Blondie, das bis heute nicht an Strahkraft verloren hat. Eine reichhaltige Kombination aus deepen Synthie-Flächen, typisch-deutschen perkussiven Elementen und der sehnsuchtsvollen Stimme von Ada selbst, dieses Album ist ein Klassiker.

Blondie ist Ergebnis der „unerschöpflichen Möglichkeiten, die mir zur Verfügung standen”, erklärt Ada. „Ich arbeitete mit Samples und Sequencern, ich wollte alles haben, was es gab. Ich denke, das Resultat ist wirklich schön und verspielt geworden, aber es war auch eine Materialschlacht. Dieses Rauschen und Piepsen hat mich damals einfach fasziniert.” Wenn sie das so sagt, lässt Ada jedoch ihr unglaubliches Gespür für Melodien unter den Tisch fallen, die sie mit diesen Piepstönen erzeugt hat. Untermalt werden die Melodien von schwerfälligen, tiefen Synth-Akkorden, die ihren Dance-Tracks wie  “Livedriver” and “Our Live Never Dies” eine verspulte LSD-Trip-Wendung geben.

2011 rückt bei Ada mit ihrem Werk Meine zarten Pfoten die Dunkelheit großer Hallen in den Hintergrund; sie wird verdrängt von der trüben und entspannten Stimmung eines Wintermorgens. Ada fühlte sich zu dieser Zeit mit dieser ruhigeren Musik verbunden, konnte sich mit reinen Clubtracks nicht identifizieren. 

Ständige Neuorientierung und Unabhängigkeit scheint Ada ziemlich wichtig zu sein. „Ich hatte nie das Gefühl, Teil einer bestimmten Musikszene zu sein, oder sein zu wollten. Ich war auch nicht geduldig genug, mich in die Untiefen eines bestimmten Subgenres reinzuarbeiten. Dann hätte ich ja vielleicht andere großartige Platten verpasst. Es ist eine tolle Sache, dass die guten Platten nach Genre sortiert und sorgsam selektiert in Plattenläden wie dem Oye in Berlin oder Smallville in Hamburg zu finden sind.” Dieser Sinn für musikalisches Nomadentum kommt Ada auch bei ihrer zweiten Seite künstlerischen Schaffens zugute, dem Remixing. 

Ihre Remixe umfassen alle Genres von kosmischen Clubsounds, über harte Kopfhörertunes für den Nachhauseweg und schleppende Indietronics bis hin zu stampfender Bassmusik. Alle ihre Remixe kombinieren dabei konzeptuelle Distanz (die sie selbst als „eisige Sensibilität” beschreibt) und die oben schon genannte Begabung, warme, zarte Melodien in die Tracks einzubauen. Eines von Adas Lieblingsstücken ist ihre Überarbeitung von The Notwists „Run Run Run“. „Für diesen Remix habe ich ziemlich lange gebraucht, weil ich großen Respekt vor dem Originaltrack hatte und ihn deshalb mit Samthandschuhen angefasst und bearbeitet habe.” Manchmal brauche ich nur ein paar Takte zu hören und die Ideen ploppen auf. Es ist manchmal aber auch richtig schwierig, einen Song neu einzukleiden, weil das aktuelle Outfit ihm schon perfekt zu stehen scheint. Aber gerade das macht mir besonders Spaß.”

Ada wird auch 2015 wieder Herzen zum Aufgehen und Beine zum Tanzen bringen, ihre Releases erscheinen bei Areal, IRR und Pampa.

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