Die VICE Wrestling Kolumne

Vermutlich habt ihr schon gerüchteweise davon gehört – zum Beispiel von dem Teil eurer Freunde, der das Haus auch ab und zu tagsüber verlässt –, aber hier trotzdem noch mal schwarz auf weiß: Der Frühling hat offiziell zugeschlagen wie die Nazis in Polen und setzt gerade an zum holistischen Haptik-Holocaust auf unsere einbandagierten, zellophanverpackten, winterentwöhnten Halbhirne. Endlich schmeckt die Welt wieder wie Brause, Vogelgezwitscher begleitet einen ins Bett, Blüten knospen in HD und Blowjobs im Freien gehen wieder ohne Schrumpelhoden. Ja, der Frühsommer hat vollen Fahrtwind und wir müssen uns nicht länger wie eingepackte Ming-Vasen von Startpunkt zu Zielort schleppen, sondern können das Leben wieder mit allen Sinnen genießen.

Oder so zumindest die hehre Theorie. In der Praxis steht dem “Genießen” nämlich gerade noch eine fast gebrochene Nase im Weg – was wahrscheinlich einfach die logische Konsequenz ist, wenn “das Leben” daraus besteht, seine Samstagabende mit einer Mischung aus Wrestling und Poker im Selbstversuch zu verbringen und “mit allen Sinnen” heißt, dass jede Geschmacksknospe dabei so lange in Wodka getunkt wird, bis man nur noch puren Alk-Dunst in seine Maske atmet.

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Jetzt hoffe ich einfach auf baldige Genesung und habe neuerdings Angst vor Klappstühlen. Aber immer schön der Reihe nach. Begonnen hat alles, wie so oft, mit einem riesigen schwarzen Schwanz.

DILDO, KÜCHE, KÄFIG, SPAß: WRESTLING-POKER RELOADED

Alteingesessene VICE-Leser wissen ja schon seit zirka einem Jahr, dass meine Freunde und ich gerne mal Texas Hold’em mit Wrestling-Charakteren spielen (hier der erste Artikel dazu auf der alten VICELAND-Seite). Das ist in etwa so nerdig wie Fantasy-Aktienmarkt oder Wirtshaus-Cosplay und mehr braucht man dazu eigentlich auch nicht zu sagen. Hier ein paar Fotos von dem Abend, an dessen Ende mein Gesicht ein neues Loch bekommen sollte.


Der gekreuzigte Dildo (hier links im Bild) wird von Duela Harlequins Henker-Puppe angesext. Duela hat ziemlich einen sitzen, aber nur, weil keiner ihr glaubt, dass sie nicht in fremde Betten scheißt. Einzig ihre Partnerin Mint Girl hält noch zu ihr (und scheißt geheim in fremde Betten).


Hier seht ihr den “Red Hat Avenger of Mankind’s Future” unter den wachsamen Augen seines Mentors Father Phil Good. Falls ihr es nicht mitbekommen habt: Hier geht es um die Zukunft der Menschheit (wir werden alle sterben).


Für das Finale gab es dann eine spezielle Einlage: Und zwar einen Käfig-in-der-Küche-Kampf um die World-Wrestle-Poker-Championship. Inzwischen habe ich mir sagen lassen, dass die WWE unser Konzept für die diesjährige Wrestlemania schamlos kopiert und Undertaker vs. Triple H in einem sogenannten Hell-in-a-Cell-Match austrägt. Copyright Infringement!!

Was soll ich noch groß dazu sagen? So viel Enthusiasmus kann schon ansteckend sein. Je nach Veranlagung äußert sich das dann in begeisterten Beifallsstürmen, andächtigen Ohs und Ahs oder auch darin, dass man sich den nächstbesten Klappstuhl schnappt und ihn sich solange gegen die Stirn donnert, bis komischerweise irgendetwas schiefgeht und einen die Kante der Sitzfläche (die sich eigentlich gar nicht hätte ausklappen sollen, bitteschön!) genau am Nasenrücken erwischt.

Um zum Abschluss noch einmal die Kurve zum vergleichsweise arrivierten Hochkultur-Showsport Professional Wrestling zu schaffen, möchte ich euch aber auch zeigen, wie ähnliche Fehler aussehen können, wenn man 700 Pfund wiegt und seinen Kopf nicht gegen Plastik, sondern solide Metalltreppen knallen lässt. Bitteschön, Big Show gegen das harte Eisen:

Ich bin also mit meinem Fehlgriff in ganz guter Gesellschaft. Das heißt, sofern ein 700 Pfund schwerer Wrestler, der seinen Kopf gegen Metalltreppen haut, als gute Gesellschaft gelten darf – aber wahrscheinlich schon, wenn derselbe Typ sich an anderer Stelle so großzügig zeigt und sogar andere auf seine Nase eindreschen lässt, nur um die Quotenhure zum Squirten zu bringen:

Und Big Show hat sich bei dieser Aktion von Floyd “Money” Mayweather seine Nase immerhin wirklich gebrochen, während ich nur eine gemütliche Wochen-Schwellung davongetragen habe. Gerettet hat mich übrigens gleich in doppelter Hinsicht der Wodka: Einerseits, weil ich dadurch kaum was spürte und andererseits, weil die fast gefrorene Flasche beim Auflegen auf das Blutloch den Buckel soweit unter Kontrolle zu bringen half, dass mein jüdischer Zinken zumindest nicht noch größer wurde. Sobald das Ding im Gesicht dann auch noch aufhört, zu knacken, kann dann auch olfaktorisch mein ganz persönlicher Frühling kommen. Und mit ihm der Geruch von Wiesenblumen. Bei Blowjobs im Freien ohne Schrumpelhoden. Das Leben ist bald wieder gut. Mahalo!