Alle Illustrationen: Pierre Thyss
Als ich noch zur Schule ging, gab es dort die Schulkrankenschwester Alleau. Sie war eine ziemlich lautstarke Frau mit Kurzhaarfrisur und dicker Brille. Immer wenn ich dank meiner Menstruationsbeschwerden Höllenqualen durchmachte, rannte ich zu ihr ins Büro—was ich natürlich immer total peinlich fand und keiner der Jungs jemals erfahren durfte. Frau Alleau fand die ganze Sache jedoch nie so unangenehm wie ich.
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„Du hast deine Tage. Da solltest du stolz drauf sein und das auch zeigen”, meinte sie immer zu mir. Das machte mir fast ein bisschen Angst. Natürlich hatte sie Recht, aber ihre außergewöhnliche Art des Feminismus habe ich damals mit 15 Jahren noch nicht wirklich verstanden.
Über ein Jahrzehnt später hat sich in der Welt der Periode nicht viel verändert. Alle meine Freundinnen fühlen sich diese eine Woche im Monat immer noch schmutzig, unattraktiv und total miserabel. Und Männer haben immer noch keine Vorstellung davon, wie uns unsere Unterleibskrämpfe schütteln oder wie sich unsere Brüste anfühlen (in etwa wie Ballons, die kurz vorm Platzen sind und deren gespannte Außenhaut sich anfühlt wie ein gigantisches Hämatom). Die Komplikationen des weiblichen Körpers scheinen für die Männerwelt immer noch komplett unverständlich zu sein.
Aber was kann man ihnen denn schon groß vorwerfen? Sie sind halt einfach nicht gut informiert. Einer meiner Freunde ist als Teenager lange davon ausgegangen, dass Menstruationsblut blau (!) sei.
Es ist jedoch auch nicht so, dass jeder Kerl Periodenblut total eklig findet. Manchmal ist sogar das genaue Gegenteil der Fall und man steht total drauf. Ja, du hast richtig gelesen: Es gibt so etwas wie einen Menstruationsfetisch. Und ich rede hier nicht von diesen Typen, die sich für total offen halten, weil sie es OK finden, mit einer menstruierenden Frau zu schlafen. Nein, ich rede hier von den Leuten, die sich sogar gebrauchte Tampons im Internet kaufen.
Munchies: Blut feiert ein Comeback
Für diesen Fetisch gibt es sogar richtige Versandhäuser. Culotte Sale ist zum Beispiel eine Website, auf der man vollgeblutete Unterwäsche bestellen kann—angeblich kaufen die Leute dort auch kiloweise gebrauchte Tampons. Manchmal ist die Nachfrage so groß, dass der Kundenservice Fragen bezüglich solcher Dinge wie der „Geruchsintensität” oder dem „Sauglevel” beantworten muss.
Nachdem ich im Gesundheits- und Sex-Forum Doctissimo eine Anfrage gepostet hatte, meldete sich ein Mann namens Eric (so heißt er natürlich nicht wirklich) bei mir. Eric ist im Einzelhandel tätig und hat eine beachtliche Zahl an Angestellten unter sich. Er war bereit, mit mir zu telefonieren und dabei über seine doch recht außergewöhnliche Vorliebe zu plaudern.
VICE: Wie hat das alles angefangen?
Eric: Durch eine Damenbinden-Werbung kam ich in jungen Jahren zum ersten Mal mit dem Thema Menstruation in Berührung. In der Pubertät interessierte mich das Ganze dann immer mehr. Zu Hause habe ich den Mistkübel im Bad nach den gebrauchten Binden meiner Mutter und meiner Schwester durchsucht. Ganz ehrlich: Mich hat es sofort voll gepackt. Dieser exklusive feminine Faktor und die Intimität haben mich total fasziniert.
Natürlich habe ich damals mit niemandem darüber geredet. Ich persönlich fand es zwar nicht schlimm, aber ich konnte mir auch schon damals denken, dass man das nicht als eine „gute Sache” ansehen würde.
Hat deine damalige Freundin von deiner Vorliebe gewusst?
Meine erste Freundin, mit der ich übrigens über sieben Jahre zusammen war, wusste natürlich Bescheid. Unsere Beziehung war sowieso die intensivste, in der ich jemals war—und das schließt auch meine jetzige Ehe mit ein. Wir waren damals einfach noch so jung auch beide noch Jungfrauen. Wir haben uns quasi gegenseitig Sexualkunde-Unterricht gegeben und unsere Grenzen immer wieder aufs Neue ausgereizt. Glücklicherweise war sie im Bezug auf ihre Menstruation richtig locker drauf und so wurde ihr Blut für uns schnell zu einem starken Aphrodisiakum .
Nach ihr hatte ich dann nur noch so eine Art Affäre. Zu ihr meinte ich jedoch nur, dass ich kein Problem damit hätte, während ihrer Periode Sex zu haben.
Und was sagt deine Frau zu der ganzen Sache?
Ich habe sie ganz langsam an das Thema herangeführt. Angefangen habe ich dabei mit Witzen darüber, dass ich ein blutdürstiger Vampir sei—nur um ihre Reaktion zu sehen. Eines Tages hat sich dann tatsächlich eine gute Gelegenheit ergeben, ihr alles zu erzählen: Sie hatte damals ständig mit vaginalen Infektionen zu kämpfen und ging deswegen auch die ganze Zeit zum Gynäkologen.
Irgendwann hatte sie darauf keine Lust mehr, also habe ich mich mit ihr hingesetzt und ihr erklärt, dass sie keine Tampons mehr benutzen sollte, weil die wohl die Ursache ihrer Infektionen waren. Meine Frau wollte daraufhin wissen, wieso ich über so etwas Bescheid wüsste, und dann gestand ich ihr einfach, dass ich einen Menstruationsfetisch habe. Das schien sie gar nicht weiter zu stören, sie war wohl eher überrascht. Ich glaube, dass sie es gut fand, wie ich mich ihr gegenüber öffnete.
Ist das auch ein Thema, über das du mit deinen Freunden sprichst?
Nein, mit einem anderen Mann habe ich noch nie über meinen Fetisch geredet—noch nicht mal mit meinem besten Freund. Egal, was man sich so erzählt, Männer sind im Vergleich zu Frauen im Bezug auf ihr Sexleben eher verschlossen. Zum Glück habe ich im Internet viele Menschen mit der gleichen Vorliebe gefunden. Mit denen kann ich reden, ohne gleich die gesellschaftlichen Vorurteile zu spüren. Selbst auf Seiten wie Doctissimo muss man nämlich nicht lange suchen, um herauszufinden, wie allgemein über Menschen mit einem Fetisch für Menstruationsblut gedacht wird.
Woran liegt das deiner Meinung nach?
Das lässt sich nur schwer ausmachen, weil man ja nicht darüber diskutiert. Wenn man das Thema anschneidet, dann hält man dich sofort für einen Freak. Es macht mich richtig wütend, dass die Leute nicht verstehen, wo meine Faszination herrührt, nämlich von der Komplexität des weiblichen Körpers und von der Tatsache, dass die Periode sowohl ein Anzeichen für eine gute Gesundheit als auch einen Grundpfeiler des Lebens darstellt.
Wie gibst du dich deinem Fetisch hin? Hast du schon mal gebrauchte Tampons gekauft?
Ich liebe es, an vollgebluteten Damenbinden zu riechen. Das ist quasi meine Droge. Online habe ich jedoch noch nie welche gekauft, dazu habe ich mich noch nicht durchringen können. Ich bin mir sicher, dass solche Online-Stores einige Leute echt anekeln, aber ich persönlich verstehe deren Problem nicht. Jeder, der irgendwie in die Sache involviert ist, profitiert doch davon.
Hast du schon darüber nachgedacht, was passiert, wenn deine Frau in die Wechseljahre kommt?
Bis jetzt habe ich mir viel mehr Gedanken über eine Schwangerschaft gemacht. Wenn wir über das Kinderkriegen reden, dann muss ich einfach daran denken, dass sie neun ganze Monate lang nicht menstruieren wird. Mir ist jedoch auch bewusst, dass sie das wieder tun wird, wenn das Baby auf der Welt ist. Wenn sie irgendwann mal gar keine Periode mehr bekommen wird, dann fällt wohl auch ein großer und wichtiger Teil unseres Sexlebens weg. Ich bin mehr allerdings sicher, dass wir auch dann einen Weg finden werden, das Beste aus der Situation zu machen.
Manchmal blutet meine Frau auch durch die Handtücher hindurch, aber das Saubermachen gehört für mich ebenfalls zum Ritual.
Wie läuft der Sex bei euch normalerweise ab?
Vorsicht, das könnte jetzt ein bisschen blutig werden. Wir legen zum Schutz des Bettes Handtücher über die Laken. Manchmal blutet meine Frau auch durch die Handtücher hindurch, aber das Saubermachen gehört für mich ebenfalls zum Ritual. Den Cunnilingus finde ich total aufregend. Sie fühlt sich dabei immer noch ein bisschen unwohl, aber ich bin im siebten Himmel.
Um mich zum Orgasmus zu bringen, holt sie mir mit einer benutzten Damenbinde manchmal auch einen runter. Manche Binden finde ich dabei besser als andere.
Ehrlich wahr?
Ja. Nana- und Vania-Binden stehen bei mir ganz hoch im Kurs, denn die sind ein bisschen größer. Always mag ich zum Beispiel gar nicht, weil die total nach Parfüm stinken.