John Hopkins hat die 60er erfunden

Der britische Fotograf und Aktivist John “Hoppy” Hopkins verbrachte die 60er damit Jazz, Poesie, die Rolling Stones, Nelson Mandela und die sexuelle Revolution zu dokumentieren. Im Grunde also all das, was diese Dekade definierte. Wenn er mal nicht am arbeiten war, dann führte er den nebenbei den legendären UFO Club in London, in dem Pink Floyd die Hausband war. Ebenfalls in den 60er, nämlich 1966 gründeten Hoppy und Freunde von ihm die anarchistische Zeitung IT (International Times). Heute ist er als Aktivist für den Frieden aktiv und hat sich der freien Verbreitung von Information verschrieben. Dazu ist er mit seinen 73 Jahren noch immer der best-angezogenste Typ in London. Vice: Hallo Hoppy. Was hat dich dazu motiviert IT zu gründen?

In den frühen 60er Jahren wurde viel experimentiert. In allen Bereichen von Kunst, Politik, Sex und Lifestyle. Es viel Stimulation im Bereich des Denkens und ich begann eben mir Gedanken über die Politik der Information zu machen. Ich betrachtete es auf einer Ebene, in der es nicht um rechts oder links ging, sondern vielmehr darum, Informationen frei zugänglich zu machen und zu sehen, was denn passiert. Ich, wie auch viele andere meiner Generation waren der Ansicht, dass Informationen frei zugänglich sein sollten, da der Besitz von Information gleichbedeutend mit dem Besitz von Macht ist. Diese Idee führte zum Beginn einer Untergrund-Presse und eben zum Beginn von IT.

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Was für Informationen hat IT den Leuten zur Verfügung gestellt, die sie sonst nirgendwo bekommen hätten?

Alles mögliche – von den Preisen für drogen, wo ein neues, experimentelles Theater aufgemacht hat, über verschiedene Wege zu ficken und eben, wie man eine Gute Zeit haben kann. Eigentlich also all die Dinge von denen die normale Gesellschaft nichts wissen wollte.

Hattet ihr viel Ärger mit der Polizei?

Oh ja, unsere Büros wurden andauernd von der Polizei durchsucht. Untergrund Magazine wurden ständig wegen Obszönität verklagt. Bilder nackter Menschen, fickender Menschen, solches Zeug eben. Sowas verstiße gegen die Zensur Gesetze der damaligen Zeit und die Leute, die, die Macht innehatten fühlten sich dadurch angegriffen. Heutzutage ist es ja noch immer so, das Establishment fühlt sich vom Terrorismus bedrht und jeder, der auch nur so aussieht, als könnte er etwas damit zu tun haben, wird verprügelt und in den Knast geworfen. Die Gesellschaft wird zum Großteil durch Angst kontrolliert, soweit ich das beurteilen kann. Das ist eine sehr gute Art, die Gesellschaft zu organisieren.

Ist es korrekt zu sagen, dass IT eine anarchisitsche Zeitung war?

Nun, das Wort „Anarchie“ hat zwei verschiedene Bedeutungen, aber ja, ich glaube, man kann die Zeitung so nennen.

Bist du ein Anarchist?

Ja, mit einem kleinen „a“.

Wie entstand UFO?

1966 arbeitete ich für die London Free School und um diese am Leben zu halten und etwas Geld zu verdienen, organisierte ich Benefizveranstaltungen in der örtlichen Kirche. Irgendjemand rief dafür Pink Floyd an und sie spielten. Es war echt interessant, also entschlossen wir uns, das Ganze in der kommenden Woche abermals zu veranstalten und in der Woche darauf und darauf. Bald standen die Leute in Schlangen um den Block. Es war ziemlich offensichtlich, das etwas interessantes vorging, also suchten und fanden ein Freund von [der Musikproduzent] Joe Boyd und ich einen Ort im West End und eröffneten das UFO. Pink Floyd spielten bei der Eröffnung.

1967 hast du mit Bands wie Pink Floyd, John Lennon und The Soft Machine The 14-Hour Technicolor Dream” organisiert. So ziemlich jeder der seit dem geboren wurde, wünscht sich, bei diesem Konzert dabei gewesen zu sein. Was hat dir dabei so gut gefallen Konzerte zu organisieren?

Es ist interessant wenn Leute aus sozialen Gründen zusammen kommen, weil Interaktionen entstehen und Ideen ausgetauscht werden. Ich hatte besonders viel Spaß daran diese Sachen zu organisieren die man „Happening” nannte, manche Sachen waren geplant, mache nicht, deshalb wusste man nie so genau was passieren würde. „The 14-Hour Technicolor Dream” sollte eigentlich ein Benefiz für die Anwaltskosten von IT sein, nachdem man das Magazin wegen Obszönität verklagt hatte. Es wurde ein unglaublich großartiges Festival-ein Happening. Yoko Ono hat in den 60ern eine Menge Happenings gemacht. Aber im Großen und Ganzen waren ihre ziemlich langweilig.

Diss! Stimmt es, dass ihr bei der Eröffnungsparty von IT im UFO einen Berg von in LSD getränktem Würfelzucker hattet?

Ich weiß noch, dass am Eingang so ein Typ stand, der eine große Schüssel mit in Alufolie gewickelten Zuckerwürfeln in der Hand hatte. Ob das was drin war, weiß ich aber nicht. Obwohl, den ersten LSD Trip den ich jemals hatte, war mit so einem Zuckerwürfel in Alufolie.

War es gut?

Ja, es war spektakulär. Die Welt war danach nicht mehr die Gleiche. Es hat mein komplettes Leben verändert. Man kann nicht mehr zurück, nachdem man LSD genommen hat, man kann nur noch vorwärts.

Was hat es dir gebracht?

Die Fähigkeit meine gesamte Weltanschauung neu zu gestalten. Ha, das hört sich ziemlich eingebildet an. Aber wenn du auf einem Trip bist, löst sich dein Referenzrahmen auf und du kannst deine konstruierte Identität für ein paar Stunden ablegen. Und wenn du dazu bereit ist, kannst du wieder runterkommen und deine neuen Erkenntnisse in dein altes Leben integrieren, was es dann verändert.

Wie war es den Sommer der Liebe zu erleben? Haben alle soviel gefickt wie sie heute behaupten?

Ich hoffe doch. Ich war im Sommer der Liebe im Gefängnis. Es gab nicht viel Liebe im Gefängnis, oder Sex.

Langweilig! Du wurdest wegen einer ganz kleinen Menge Hasch für sechs Monate in den Knast gesteckt, richtig? Es wird ja spekuliert, dass das Urteil was mit deiner größer werdenden politischen Macht zu tun hatte.

Das ist eine Darstellung der Dinge. Ich habe mich politisch aus dem Fenster gelehnt. Es waren spannende Zeiten als UFO und IT angefangen haben. Es ging soviel ab und die im Establishment dachten sie müssten was dagegen unternehmen. Ich sage nicht, dass es die Lösung ihrer Probleme war mich in den Knast zu werfen, bei Weitem nicht. Und es war auch einfach ziemlich bescheuert diesen Klumpen Hasch direkt neben mein Bett zu legen und mich dabei erwischen zu lassen.

War die politische Bewegung in den 60ern deiner Meinung nach erfolgreich oder nicht?

Das ist schwierig. Um Erfolg zu definieren muss man ja erstmal ein Ziel definieren. Ich glaube nicht, dass alle, die in der Bewegung dabei waren die gleichen Ziele hatten. In den 60ern waren viele von uns sehr optimistisch. Wir dachten, dass wir der Gesellschaft dabei zusehen könnten wie sie sich in einen besseren Staat verwandelt. Wenn man zurückblickt merkt man, dass es sich nicht annähernd so schnell verändert hat, wie wir glaubten. Veränderungen sind eigentlich sehr langsam und das meiste geht im Gedächtnis der Gesellschaft sowieso verloren. Aber es gab Veränderungen. Die Leute sagen oft zu mir, „Es war so cool in den 60ern, oder? Wo ist der Untergrund heute?” Und meine Antwort darauf ist: Wir sind der Untergrund! Wir nennen es vielleicht nicht mehr den Untergrund und es gibt jetzt vielleicht echt viele von uns, aber wir wollen alle frei von einer korrupten Regierung und von einer Gesellschaft sein, die von einem Haufen korrupter Hooligans dominiert wird.

Hier kannst du dir Bilder aus Hoppys Buch From the Hip anschauen.


PORTRAIT: JAMIE TAETE