10 Fragen an einen Türsteher, die du dich niemals trauen würdest zu stellen

Ja, nein, ja, ja, ja, nein. Wer in Berlin nachts weggeht, wurde von ihm wahrscheinlich schon mal reingelassen – oder eben auch nicht. Denn Peddy Aghel, 32 Jahre, ist Türsteher. Seit 2006 passt er auf, dass Schläger und Ärgerpatienten in Berliner Clubs draußen bleiben. Er steht vorm Kater Holzig, dem Ritter Butzke, dem Cookies oder dem Anita Berber – in manchen Nächten bis zu 13 Stunden am Stück. “Da ist es wichtig, dass du dich regelmäßig dehnst”, so sein Trick, um nicht körperlich schlapp zu machen. In seiner Freizeit macht er Mixed Martial Arts.

Peddy ist kein 2-Meter-Muskelmacker mit Bomberjacke, sondern trägt dunklen Pulli und Schiebermütze, seine Eltern sind Perser. Im Gespräch blickt er tief in die Augen und hört konzentriert zu. Er freut sich, über seinen Beruf reden zu können, denn er findet: Türsteher werden permanent unterschätzt. Und das rege ihn auf.

Seit 2010 leitet Peddy seinen eigenen Sicherheitsdienst a-security. Neben der Arbeit an der Clubtür bietet er Begleitschutz für Geld-Botengänge, Detektei, Concierge oder Objektüberwachung an. Sein Anspruch: mit soldatischer Disziplin die Wünsche des Auftraggebers erfüllen. Genauso pflichtbewusst hat er sich auch unseren 10 Fragen gestellt.

VICE: Bist du bestechlich?
Peddy: Die Leute versuchen es mit allem: 100-Euro-Scheine, manche kommen mit Essen, Frauen setzen ihre Reize ein. Telefonnummern zustecken geht gar nicht. Ich bin in einer glücklichen Beziehung. Brüste wurden mir allerdings noch nicht gezeigt. Ich verstehe es nicht, wenn Frauen sich ranschmeißen, nur um ein paar Stunden im Club zu verbringen. Solche Menschen kann ich nicht ernst nehmen. Überhaupt: Leute, die versuchen zu bestechen, kommen nicht rein.

Wie muss man aussehen, um reinzukommen? 
Das ist von Party zu Party unterschiedlich. Was immer wichtig ist, dass man nach dem Motto oder der Ausrichtung des Clubs gekleidet ist. In einem Laden, in dem Techno gespielt wird, sollte man nicht im Anzug auftauchen. Aber es gibt andere No-Gos als die Kleidung, die schlimmer sind: betrunken zu sein, Leute, die mit Geld, Kreditkarten oder ihrem Portemonnaie vor uns herumprahlen, oder Menschen, die erzählen, wen sie alles kennen. Was immer gut ankommt, ist ein freundliches “Guten Abend”. Ob du dann reinkommst, weiß ich nicht, aber der Türsteher riskiert viel, um den Gästen einen entspannten Abend zu ermöglichen, und freundlich “Hallo” zu sagen, ist eine Frage des Respekts.

Warum sind Schuhe ein Kriterium für den Einlass?
So was würde ich zu keinem Gast sagen, weil ich tatsächlich mal erlebt habe, dass jemand wegen seiner Schuhe abgewiesen wurde. Dann hat sich der Typ auf den Hacken umgedreht, ist zum Auto gegangen und hat die Schuhe gewechselt. Ich verarsche keine Gäste. Wenn ich jemanden nicht reinlasse, sage ich, warum. Und das hat normalerweise nichts mit den Schuhen zu tun.

Genießt du manchmal das Absuchen?
Oh, nee! Wenn ich Frauen durchsuchen muss, finde ich manchmal Sachen, die ich nicht sehen will. In Frauenhandtaschen sind Binden, OBs – solange die unbenutzt sind, ist das OK. Ich habe auch schon mal einen Dildo gesehen. Und natürlich Drogen. Was gar nicht geht, sind Waffen. Pfefferspray ist heutzutage in Ordnung, das bewahren wir auf und das kann sich die Person später wieder abholen. Wer ein Messer, einen Totschläger oder einen Schocker dabei hat, kommt nicht rein. Männer stecken sich manchmal was in die Unterhose, aber du kannst ja nicht jeden zweiten am Hoden packen und prüfen.

Welche Leute sind am schlimmsten?
Betrunkene Frauen. Wenn ein betrunkener Mann den Laden verlassen muss, weil er die Gäste belästigt hat, dann kannst du den auch mal am Arm packen. Eine betrunkene Frau hingegen darfst du nicht anfassen. Du kannst dich aber auch nicht zwei Stunden lang mit ihr darüber unterhalten, dass sie jetzt bitte gehen soll. Und wenn du sie dann doch am Arm nimmst, heißt es gleich von überall: “Wie, du fasst eine Frau an?!”

Macht ihr euch über die Leute lustig?
Na klar. Zum Beispiel, wenn jemand beim Rausgehen eine Flasche rausschmuggeln will, die noch aus der Tasche rausguckt. “Du hast da ‘ne Flasche dabei.” – “Nee, hab ich nicht.” Oder: “Ist das dein Ausweis?” – “Ja, das ist mein Ausweis.” Und dann steht da, die Person ist 1,83 Meter groß und der, der vor dir steht, ist aber nur 1,60. 

Letztens haben sich ein Junge und ein Mädel gestritten und der Junge gab dem Mädchen eine Backpfeife. Wir sind dann eingeschritten. Derjenige, der den Jungen aus dem Laden bringen wollte, hatte plötzlich das Mädel auf dem Rücken, das ihm das ganze Gesicht aufgekratzt hat. Als die Situation dann aufgelöst war und sich geklärt hatte, dass die ein Paar waren, haben die dann vor unseren Augen rumgeknutscht.

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Bist du schon mal handgreiflich geworden?
Da muss jeder Türsteher sagen: ja. Aber das ist nicht so wie bei RTL, dass wir den Typen greifen, den Arm auf den Rücken drehen und ruhigstellen. Es passiert oft, dass jemand mit einer Flasche auf uns zugerannt kommt, weil er sauer oder betrunken ist. Dann gehen wir in Deckung oder machen die Tür zu. Ich hoffe immer, dass der Typ stolpert oder die Tür schneller zugeht, als er bei mir ist. Wenn mich ein Gast doch angreift, muss ich versuchen, ihm die Flasche aus der Hand zu reißen. Zur Not gibt’s halt Pfeffergas. In der Regel heißt es aber immer: in Deckung gehen. Denn ich muss immer aufpassen, dass ich keine Anzeige bekomme. Dann würde ich schnell meinen Job verlieren.

Wann hattest du am meisten Angst?
Als jemand in einem Club in Berlin-Mitte plötzlich mit einer Pistole vor mir stand. Ich hatte den Typ nicht reingelassen, weil er nicht zur Veranstaltung passte, worauf er eine Diskussion anzettelte. Bevor er sich umdrehte und ging. meinte er: “Ich komme wieder.” Und das tat er, und zwar mit einer Waffe in der Hand. Das Problem ist, du kannst ihm das Ding nicht einfach aus der Hand reißen. Da stehen ja noch zig andere Personen drumherum. Zum Glück konnten wir damals die Situation relativ schnell klären, indem wir den Typen zur Seite nahmen. Wir haben ihm gesagt, dass er definitiv nicht glücklich wird mit dem, was er vorhat, schließlich gäbe es eine Überwachungskamera an der Tür und nach spätestens zwei Tagen hätte die Polizei herausgefunden, wer er ist. Außerdem komme er mit einer Waffe sowieso nicht in den Laden rein. Er ist dann einfach gegangen. Aber ja: Meine größte Angst ist, dass ich irgendwann mal nicht mehr nach Hause komme.

Hast du einen Trick, wie du Leute besonders einschüchterst?
Unsere Aufgabe ist die Selektion. Einschüchtern bringt da gar nichts. Was aber Respekt einflößt, sind kurze, bestimmte Sätze. Ich habe im Job auch keine Zeit für Diskussionen. “Du kommst nicht rein und wenn du hier noch länger mit mir rumquatschst, ändert das auch nichts an deinem Konsumpegel.”

Was tust du eigentlich, wenn du aufs Klo musst?
Wenn wir zu zweit arbeiten, ist das kein Problem. Aber wenn ich alleine bin, muss ich Ersatz suchen. Das Codewort für “Ich muss mal” heißt “17”. Das kann ich über Funk weitergeben und dann muss einer von der Bar drei Minuten einspringen. Da muss dann jemand sofort kommen. Es will ja niemand einen schlecht gelaunten Türsteher mit voller Blase.

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