Roboter, die beinahe menschlich aussehen, sind die allerschlimmsten. Der Grusel hat sogar einen Namen: „Uncanny Valley” heißt das unbehagliche Gefühl, das dich überkommt, wenn ein humanoider Roboter realistisch aussieht, aber nicht realistisch genug, um ihn zu akzeptieren—weder als Roboter noch als Mensch.
Nicht nur Animationsfilmemacher, sondern auch Psychologen interessieren sich dafür, warum wir Roboter teilweise heftig ablehnen, um beispielsweise Designern eine Handreichung bei der Gestaltung von humanoiden Gesichts-Interfaces von Robotern zu geben, die in Zukunft unsere Städte, Altenheime und Cafés bevölkern werden.
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Dass das Tal des Unbehagens auch empirisch messbar ist, wurde jetzt durch ein Experiment bestätigt, das Maya Mathur und David Reichling von der Uni Stanford mit 66 zufällig ausgewählten Probanden durchgeführt haben. Als Testpersonen mussten Amazon-Klickarbeiter ran, die 80 Robotergesichter nach Sympathie, Maschinenhaftigkeit und Menschhaftigkeit bewerten und dabei die Frage berücksichtigen sollten: Wie angenehm wäre es, diesen Gesichtern jeden Tag zu begegnen? Die Datengrundlage hatten die Forscher mit einer Google-Suche zusammengestellt.
Der Echoborg: Das passiert, wenn eine künstliche Intelligenz einen menschlichen Körper übernimmt
Dabei kristallisierte sich das Phänomen heraus, das schon Masahiro Mori in den 70er Jahren postulierte: Wir Menschen empfinden Roboter als freundlich und vertrauenswürdig, wenn sie absolut hyperrealistisch humanoid wirken oder aussehen wie tollpatschige Maschinen mit Kindchenschema. Möglichst nicht zu mechanisch, aber bloss nicht imperfekt-menschenähnlich dürfen sie sein—sonst wirken sie auf uns so abschreckend wie in die Jahre gekommene Vergnügungspark-Animatronics und so sympathisch wie wandelnde Sumpfleichen.
Das Bild oben zeigt das vollständige Roboter-Ranking vom mechanischsten bis zum menschlichsten Gesicht. Die wahrgenommene Sympathie, so fanden die Forscher heraus, passte ziemlich exakt auf die im Vorfeld vermutete Uncanny Valley-Kurve: Während sich die Gesichter langsam von komplett mechanisch zu lebensechter wandeln, werden sie zunächst immer sympathischer wahrgenommen, dann bricht die Kurve ein und klettert wieder nach oben.
Hier sind acht der Roboter, die bei den Probanden verständlicherweise tief im düsteren Tal des Unbehagens steckenblieben und von uns aus auch gern dort bleiben dürfen:
Das Grauen neben dem Topf
Han: Creepy statt flirty
Die Mimik-Queen
Der androide Doppelgänger
Sextoy mit Zähnen?
Bina mit den toten Augen
Bina48 von Hanson Robotics hat nur einige leicht unangenehme Kleberspuren im verdrahteten Gesicht, während sie mit dir über das Leben philpsophiert.
Bad Hair Day: Zerzauselte Emulation
Betrunkener Navigator
In einem zweiten Experiment sollten Testteilnehmer entscheiden, welchem Roboter sie 100 Dollar zur Investition leihen würden—auch da deckte sich die Kurve der vermeintlichen Vertrauenswürdigkeit mit der Sympathiekurve. Verständlich—eine Figur, die wie ein Zombie aussieht, hat es vermutlich auch in naher Zukunft schwer mit der Karriere als Investmentbanker.
Während Roboter sich aus ihrem ursprünglichen technologischen Umfeld herauslösen und zu einem allgegenwärtigeren Teil unseres sozialen Umfelds werden, „wandeln sie ständig auf der dünnen Grenze zwischen ‘total gruselig’ und ‘wirklich sympathisch’. Das müssen wir verstehen lernen”, so die Co-Autorin Maya Mathur gegenüber dem Magazin New Scientist.
Doch wie vermeidet man, dass die menschlichen Betrachter den überwältigenden Drang verspüren, Roboter abzulehnen oder sogar—wie den trampenden Roboter Hitchbot— zu zerstören? Sogar der bewusst freundliche Emotions-Roboter Pepper musste als Verkaufsassistent eines japanischen Mobilfunkladens bereits mit den ungebremsten Aggressionen eines betrunkenen Kundens klarkommen (was nun sogar rechtliche Konsequenzen nach sich zieht).
Eine eindeutige Antwort können die Daten aus dem Stanford-Experiment nicht liefern; wohl aber bestätigen, „dass das Uncanny Valley-Phänomen ein echtes und greifbares Problem darstellt”, so Mathur.
Um Roboter zu erschaffen, die wir eher akzeptieren und mögen, sollten sich Designer mehr auf simple und doch maschinelle Formen und glatte, runde Plastikgesichter verständigen (denk an Wall-E), statt zu versuchen, ein exaktes menschliches Abbild zu schaffen. Runde Augen, knuddelige Gesichter, gern ein bisschen tollpatschig: Was für Welpen gilt, gilt vielleicht auch für Roboter.