Ich habe im polnischen Wald Krieg gespielt, um etwas über rechten Waffenkult zu lernen

Der Autor steht vor einem Panzer

Die Dekoration im Speisesaal ist dezent. An olivgrünen Wänden hängen drei AK-47. Vor mir dampft Gulasch, er besteht aus Schweinefleisch. Ausschließlich. Keine Kartoffeln, kein Gemüse. Soul Food für Neandertaler. Was es sonst noch so gibt, sehe ich auf dem Teller meines schweigsamen Nebenmannes: Schnitzel. Wer dieses Schnitzel bestellt, ein Schnitzel, kriegt ungefragt zwei, jedes so wuchtig wie die Pranke eines sibirischen Holzfällers.

Einmal im Jahr treffen sich rund 1.000 Menschen zum “Europäischen Paintball Festival”. Sie robben durch den Wald, tragen Tarnkleidung, ballern mit Farbkugeln aufeinander. “Scenario Paintball” heißt diese Spielart, weil so viele Menschen und Fahrzeuge involviert sind und weil das Gelände so weitläufig ist. Es liegt im deutsch-polnischen Grenzgebiet, auf der polnischen Seite allerdings, was nicht unwichtig ist, denn “in Polen ist alles erlaubt!”, wie es auf der Website der deutschen Veranstalter “Big Game Ltd.” heißt. Echte Panzer pflügen durchs Gelände, gleich an der Zufahrt reckt einer sein Geschützrohr empor. Im Zweiten Weltkrieg stand in diesem Wald eine Sprengstofffabrik der Nazis. Später gab es Plünderungen, Unfälle, sogar Tote. Heute wird hier wieder Deutsch gesprochen.

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Ein Panzer fährt durch einen Wald

Lange habe ich nicht mehr so viel Deutschland erlebt wie hier in Polen. Nach dem fünften Löffel Gulasch ist mir schlecht, ich begreife es als Überreaktion auf eine verhasste Gegenwart. Vielleicht lässt sich das gesamte Festival so beschreiben – als entschiedener Marsch zurück. Schwarz-Rot-Gold ist auf Uniformen genäht, dient als Hintergrund für Namen von Paintball-Crews oder hängt von Fahnenmasten neben Zelten. Frakturschrift, Runen, Aufkleber und Klamotten von Freiwild, Thor Steinar-Hoodies.

Bei Recherchen in der rechten Szene habe ich mehrfach gehört, dass Paintball dort eine Rolle spielt, als Treffpunkt, aber auch zum militärischen Training. Im sächsischen Bautzen etwa, bestätigt der Verfassungsschutz. In Österreich habe FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache laut der Süddeutschen Zeitung früher an mutmaßlichen Wehrsportübungen teilgenommen. Darin heißt es, dass bei diesen Übungen laut einer Neonazi-Zeitschrift, “Farbkugelpistolen” der “Erreichung möglichst großer Realität” dienen sollten. Wobei Strache selbst von “harmlosen Paintball-Spielen” spricht. In Deutschland wurde immer wieder ein Verbot diskutiert.


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Um in diese Welt einzutauchen, mache ich bei diesem Festival mit. Ich will verstehen, was es mit diesem Kriegsspiel auf sich hat. Wer macht hier mit? Und warum? Ich will wissen, ob Paintball ein Rückzugsraum für Rechte ist, sei es offen oder versteckt.

Dabei gebe ich mich nicht als Reporter zu erkennen, will keine weichgespülte Version aufgetischt kriegen. Dann schon lieber Gulasch.

“Wer Polen erobern will, muss früh aufstehen!”, rufen ein paar Männer mittagsbesoffen. Sie sind um halb sechs Uhr tief im deutschen Westen erwacht, um rechtzeitig zu Kampf und Mampf da zu sein. Echte Kampfschweine: die Köpfe rot, die Uniformen grün. Die Männer tragen Aufnäher, auf denen Spitznamen stehen. Einer heißt “Psycho”. Auch ihre Autos führen Namen, wie “Haudegen” und “Reichsmarschall”. Ein Aufkleber verkündet: “Wo saufen die Ehre ist und kotzen keine Schande.”

“Hast du was zum Gliedmaßen wegfetzen?”

Die Männer gehen an einen Verkaufsstand unweit der Bühne. Der Verkäufer redet eloquent, benutzt Ausdrücke wie “peripheres Sichtvolumen”. Der Typ, dessen Auto Reichsmarschall heißt, sagt: “Ja, ähm, ist gut, aber hast du auch sowas zum Gliedmaßen wegfetzen?” Verkäufer: “Nee, mache ich nicht. Also hab ich. Aber verkauf ich nicht.”
Der Verkäufer bewirbt seine Auslage: Tretminen, Bengalos, Leuchtraketen. Er sagt: “Ich hab auch eine Atombombe.”
“Ja, gib!”
“Kleiner Scherz.”

Männer in Tarnuniform

Richtig lustig drauf sind die “Pork Eating Crusaders”. Ihre Aufnäher zeigen einen Kreuzritter, der in eine Schweinekeule beißt. Vielleicht sollte ich ihnen vom Gulasch erzählen. Einer von ihnen klettert in einen Schützenpanzer, der andere hält sich derweil an seiner Wodkaflasche fest. “Ist schon die zweite heute!”, ruft einer von ihnen der Welt zu. Prost.

Jemand aus der Orga-Crew kommt, brüllt die Männer von Panzer herunter, schickt sie weg. Sonst sind die Veranstalter höflich, achten darauf, dass auf dem Kampffeld alle eine Schutzmaske vorm Gesicht tragen und außerhalb nicht mit geladenen Knarren auf andere zielen. Sie inszenieren das Festival als unpolitischen Freizeitspaß. Von der Bühne beschallt der Orga-Chef den Zeltplatz fortwährend mit seinem Mantra: “Ihr habt Aktivurlaub gebucht!”

Heiko putzt schon mal die Waffe

7 Uhr, 35 Minuten: Weckruf in Form der Original-Werbung für den Porno-Klassiker “Die mit dem roten Halsband.” Ich wache also auf “…mit drei geilen Modellen der Spitzenklasse” auf den Ohren. Anschließend: Kirmestechno. Aus einem nahen Zelt brüllt jemand: “Jetzt mach mal fertig mit dem Wichsen hier!” Gelächter. Ein Blick aufs Handy, erste Mail: “BREAKING: Apocalyptic scenario beginning in Syria: 77 killed, over 150K displaced.” Das ist kein Spiel. Der echte Krieg ist nah, seine Imitation aber kommt hier mit Porno-Jingles daher. Handy aus.

Einer meiner Nachbarn ist Heiko, er heißt eigentlich anders, wie alle Namen in diesem Text ist auch seiner geändert. Heiko sieht so sehr wie ein Soldat aus, Kurzhaarschnitt, schweigsam, athletisch, dass ich fast überrascht bin, als er sagt, er sei Handwerker. Er stamme aus dem Osten, “vom Land”. Ich putze meine Zähne, Heiko seine Waffe. Langer schwarzer Lauf, Zielfernrohr, sie sieht echt aus. Noch unter dem Eindruck der morgendlichen Mail frage ich Heiko, wieso er hier Krieg spiele. Er sagt: “Ich sehe das nicht als Spiel.”

Maske auf. Waffe geladen. Ab in den Wald. Ich habe eine vor Ort geliehene Knarre, was hier heißt, dass ich Kriegsopfer bin. Bis ich nah genug an einem gegnerischen Kämpfer bin, habe ich meistens schon eine Kugel am Kopf, aus so einem Gewehr wie Nachbar Heiko eines hat. Wer getroffen wird, läuft zu einem Sani, der die Farbe mit einem Tuch wegwischt. Dann geht es zurück in den Kampf. Team Rot gegen Team Blau. Ich bin rot.

Waffen heißen beim Paintball übrigens “Markierer”. Wenn jemand oft getroffen wurde, ist er “umlackiert” und wenn jemand viele gegnerische Kämpfer getroffen hat, hat er “gut verteilt”. Ob Krieg hier Frieden heißt, weiß ich nicht.

Inferno am “Titten-Hill”: Ich bin tot. Again.

Meine Kampfgenossen und ich wollen einen Hügel erobern, den “Titten Hill”. Das ist recht schmerzhaft, weil auf dem Nippel ein paar Scharfschützen sitzen, die uns Rotarmisten einen nach dem anderen umnieten. Meine Mitkämpfer setzen Rauchgranaten ein, wir verstecken uns hinter dem Schützenpanzer, der uns Deckung bietet, aber wir enden im Kugelhagel.

Paintball

Neben mir steht ein exotisches Zottelwesen. Ein Mitkämpfer, er trägt einen professionellen Ghillieanzug, perfekte Tarnung im Wald. “Ich will vor, gib mal Feuerschutz”, rufe ich ihm zu. “Deckungsfeuer heißt das”, ruft er zurück, und rennt weg. Danke für nichts, Rambo.

Die Luft scheint rein. Raus aus der Deckung, nach vorne, gebückt. Eine Kugel zischt vorbei, au, Treffer. Ich sehe Farbe über meine Maske nach unten suppen, lege eine Hand auf meinen Kopf. Ich bin tot. Again.

Auf dem Weg zurück zum Festivalgelände frage ich mich, warum ich hier bin. Ich war schonmal beim Paintball, vor etwa 20 Jahren. Da haben wir mit ein paar Jungs in Holland hinter aufblasbaren Hindernissen hervorgelugt, mit zehn Mann oder so. Wenn jetzt hier Hunderte im Wald gegeneinander ballern ist das eine andere Hausnummer. Vielleicht brauche ich diese Männerwelt, um an meine persönliche Abfuck-Grenze zu kommen. Ganz sicher missfallen mir Rückzugsräume für waffenvernarrte Rechtsausleger.

Nach dem Gefecht sagt einer der Typen: “Männer, macht mal Mittag, um 14 Uhr wird wieder zurückgeschossen!” Gelächter. Ein dicker Typ in einem lila Kleidchen rennt vorbei, er ist Prospect in einer Paintball-Crew, ein Jahr lang wird er gedemütigt. Lustig. Für den kommenden Tag ist ein “Fungame Verdun” angekündigt.

Mit Pseudohelden am Tresen

Plakate versprechen auf dem Festivalgelände: “Wir machen dich zum Helden!” Klar kann man diese Welt hier als Antithese zur liberalen Moderne verstehen. Aber echtes Heldentum gibt’s nicht im Spiel. Wenn wir früher in einer heroischen Gesellschaft gelebt haben, und heute in einer postheroischen, dann ist diese Welt hier pseudoheroisch.

Leicht abseits der Kantine ist ein Schießstand. Irgendwann an diesem Tag sitzt dort ein Junge, zwei, höchstens drei Jahre alt, er wird von seinem Vater zusammen mit einer Waffe gehalten, und gemeinsam schießen sie dann auch. Die Kugeln zerplatzen an Holzpfählen und zergehen zu einer unendlichen Farblache am Boden.

Schießstand Paintball

Abends Aufregung am Außentresen der Kantine: Ein junger Mann mit scharfen Gesichtszügen redet auf zwei massige Glatzköpfe ein.
“Es kann aber keinen Rassismus in Deutschland geben!”, ruft er erregt.
“Ja, wenn du meinst”, antwortet einer der beiden, prostet dem anderen mit seinem Bier zu. Der Erregte läuft violett an, eine Selbstgedrehte im Mundwinkel.
“Die letzte gültige Verfassung war welche?”
Ein Glatzkopf: “Ich weiß nicht, was du von mir willst.”
Der Erregte: “Die letzte deutsche Verfassung war die von 1871. Deshalb kann es in Deutschland gar keinen Rassismus geben!”
Was denn das eine mit dem anderen zu tun hätte, wendet ein anderer ein, aber der Erregte ist jetzt nicht unbedingt einer, der Einwände akzeptiert. “Weil die letzte Verfassung…”, setzt er an. “Ey, reicht jetzt”, fährt ihm einer der Glatzköpfe dazwischen. “Geh mal woanders hin.”

Ziemlich ruhig sind dagegen Stefan und Benni aus Franken. Sie sind beide in ihren Zwanzigern, der eine arbeitet in einer Fabrik, der andere ist Elektriker. Sie tragen ihre Haare ordentlich kurz und ihre Ansichten in einem milden fränkischen Singsang vor. “Ich hab nix gegen andere Leute. Aber das, was da im Moment rüberkommt, ist schwierig. Gewalt gegen Frauen und so… Die stechen Leute ab, weil die es so gewohnt sind”, sagt Stefan.
Ich erhebe Widerspruch: “Ich glaube, die meisten Menschen, die kommen, sind vollkommen in Ordnung.”
Stefan sagt: “Die sind krank im Kopf. Wenn denen was nicht passt, stechen die einen ab.”
Benni ergänzt: “Wir hatten früher 15.000 Ami-Soldaten in einer Kaserne bei uns. Kaum waren die weg, kamen die Flüchtlinge. Ist das Zufall?”
Stefan: “Ist ein komischer Zufall, oder?”
Die beiden erzählen beinahe melancholisch von den Ami-Soldaten – “ey, ich hatte so viele Freunde unter denen!”. Der Ort hätte seit ihrem Weggang gelitten. Von angeblich 60 Bordellen in der Region hätten 40 dicht gemacht. Der CSU-Bürgermeister “wollte das alles nicht”, sagen sie, “aber die Bundesregierung hat die Kaserne gekauft!”

Später spreche ich noch mit einem Polen, der einen Jägerhut trägt. Einmal hätte er die Zündschnur von einer Fünf-Kilo-Schwarzpulver-Bombe abgeschnitten, angezündet und sie brennend und zischend einem Kumpel in sein Zelt geschmissen. “Der ist durchs Zelt gerannt, Alter! Der dachte, er ist gleich tot!” Alle lachen. Schließlich holt der Jäger sein Telefon raus und zeigt Bilder seines achtjährigen Sohnes, der mit Paintball-Knarre “Zwölfjährige weglatscht!”. Später gehen auf dem Video Kinder aufeinander zu und schießen – ohne Deckung. “Guck mal, habe ich gemacht: Kinder-Gettysburg!”

Bombenwitze

Es regnet ununterbrochen, als ich am nächsten Morgen durchgeweicht gen Wald ziehe. Aus den Boxen wieder Porno.

Höhepunkt dieses einmaligen Streifens
ist die Stelle wo sich die langhaarige blonde Sexrakete Moni
den riesigen doppelten Gummischwanz umschnallt
und damit ihre Freundin Karin rammelt

Der Moderator ergänzt, dass er nach einer militärischen Karte gefragt worden wäre. Kein Problem, “ich hole mein Ding raus und zeichne euch eine!”.

Männer in Tarnuniform vor einer Bühne

Es soll ja so sein, das jedes einzelne Militär weltweit das gleiche mit seinen Soldaten macht, um sie eben zu seinen Soldaten machen zu können: sie brechen. Beim Paintball trägt die Musikauswahl dazu bei. Als ich mich selbst einmal dabei erwische, wie ich zum Bumm-Bumm leicht mit dem Kopf nicke, erkenne ich, dass es bald Zeit wird zu gehen.

Um nicht gleich wieder zu sterben, orientiere ich mich an einem drahtigen Mann mit sparsamen Bewegungen, der so wirkt, als wüsste er, wo lang. Wir verteidigen zusammen im Regenschauer ein Fort, verstecken uns hinter Bretterverschlägen, ich irrlichtere, er trifft, und einmal klettere ich auf einen Hochsitz und schieße einen gegnerischen MG-Schützen in seinem Jeep ab. Kurz darauf trifft mich eine Kugel. Kopfschuss.

Als ich da liege, durchnässt und umlackiert, bin ich nichts anderes mehr als meine roten Mitstreiter. Teilnehmende Beobachtung, my ass. Wer mitmacht, um etwas zu verstehen, macht eben auch mit. Und wer im Schützengraben liegt, will nicht getroffen werden, sondern treffen. Der Pazifist in mir hat gegen den kleinen Jungen mit der Spielzeugpistole verloren, aber ersterer gewinnt wieder die Oberhand. Ich habe genug von Uniformen, militärischer Fachsprache und pseudoheroisch- soldateskem Gestus. Over and out.

Später treffe ich zufällig den drahtigen Mann vom Schlachtfeld wieder. Er sagt, er sei ehemaliger NVA-Soldat. “Als es die Demos zur Wendezeit gab, haben wir einen Schießbefehl bekommen. Uns wurden schon die Patronen ausgeteilt. Aber wir wollten nicht auf Demonstranten schießen. Da haben wir vereinbart, dass wir unsere Kommandeure töten, wenn die uns wirklich befehlen, auf Leute zu schießen. Es wurden welche ausgewählt, die keine Kinder haben, um die Kommandeure zu erschießen. Da haben Soldaten nachts geweint und sich in die Hose gemacht, so viel Angst hatten die. Aber um sechs Uhr morgens wurde der Schießbefehl wieder zurückgenommen. Zum Glück.” Was er selbst in dieser Nacht gemacht hat, will er nicht erzählen. Sein Fazit: “Also ich sehe das hier alles ganz entspannt. Hat für mich nichts mit Krieg zu tun.”

Immer wieder: Kriegskinder

Frauen sind hier in großer Unterzahl, fünf, maximal zehn Prozent der Gäste sind weiblich. Die meisten von ihnen sind mit ihren Männern da und wollen eher nicht reden. Eine Ausnahme ist Jen, die auch optisch eine Ausnahme ist: Zwei silberne Kettchen hängen ihr von der Nase bis unters Kinn. “Ich habe früher immer davon geträumt, zur US-Armee zu gehen. Aber die haben mich nicht genommen, weil ich psychische Probleme habe. Heute bin ich froh darüber.” Jen redet melodisches amerikanisches Englisch und isst einen Burger. “Ich habe nur zwei Sätze auf Deutsch gelernt”, sagt sie. “‘Ich bin aus Amerika’ und ‘Es tut mir leid’”. Auf einem Paintball-Festival sei sie noch nie gewesen, erzählt Jen. “Ich bin besser mit echten Waffen. Bei uns hatte eben jeder eine Waffe. Ich komme aus einer ländlichen Gegend.”

Ein Kind schießt Paintball

Am Abend gibt es auf der großen Bühne eine Stripshow. Die Temperaturen übersteigen höchstens leicht den Gefrierpunkt, zwei Ladies tanzen halbnackt. Eine von ihnen hatte ich zuvor mit einem Kind an der Hand beobachtet. Stimmung und Pegel entsprechen etwa der Venus. Irgendwann sagt der Moderator auf der Bühne, während vor ihm Popos wackeln, ins Mikrophon: “Heute gibt’s Gulasch!”

Genug. Es reicht. Ich habe meine Abfuckgrenze erreicht. Das hier ist eine andere Welt, für mich als Berliner ein anderer Planet. Sexismus ist hier so normal wie Bier zum Frühstück, Blackfacing eine Methode zur Tarnung. Das hier ist eine Zeitreise, allerdings in eine Zeit, die viele Menschen mit großer Überzeugung überwunden haben. Ferien für immer, ohne #metoo, fernab jeder Gegenwart. Dieses Festival ist weder von Rechtsradikalen noch für sie gemacht – aber für alle, die von rechts bis völkisch ticken astrein verwertbar.

A-hu, A-hu, A-hu

Später wird zur Musik der Coverband “Tote Ärzte” getanzt und gesoffen. Der General der blauen Truppen torkelt mit Whiskeyflasche herum, es folgt eine Polonaise, die in eine Pogonaise ausartet, Menschen fallen herum, brüllen, der General smasht einen Zwei-Meter-Typen um. A-hu, a-hu, a-hu. Ich haue ab.

Der Autor im Wald

Auf dem Weg zurück zum Zelt sehe ich, wie sich bei manchen die letzten Hemmungen lösen. Ein Typ wankt unter einem Pavillon herum, er brüllt: “Kameraden, Sieg Heil!” und hebt den Arm zum Führergruß. Einer seiner Kumpel macht mit, einige lachen sich schlapp, jemand brüllt aus einem Zelt: “Wer heilt denn hier?!”

Am Zelt angekommen treffe ich auf Heiko, meinen Nachbarn, den Waffenputzer. Er sitzt auf seinem Campingstuhl und trinkt Bier aus der Dose. Jetzt will ich wissen, was das hier für ihn ist, wenn nicht ein Spiel.

“Ich sehe das als Vorbereitung.”

Heiko lupft die Plane von seinem Zelt, dahinter stehen fein aufgereiht Dosen mit Essen, es sind mehrere Reihen, als wäre er permanent eingezogen.

“Ich will bereit sein, wenn es losgeht”, sagt er, und nippt an seinem Bier.

“Wenn was losgeht?”, frage ich.

Er druckst herum, dann sagt er: “Deutschland wird momentan angegriffen. Es kommt der Punkt, da werden wir uns wehren.”

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