Das Amtsgericht Rostock hat den YouTuber Tim Heldt wegen Beleidigung und Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 32.000 Euro verurteilt. Grund dafür sei ein Video, in dem sich Heldt über Juden lustig gemacht habe, sagte eine Sprecherin des Amtsgerichts im Gespräch mit Motherboard. Das Urteil sei aber noch nicht rechtskräftig, denn Heldts Anwälte hätten Berufung eingelegt. Heldt betreibt den YouTube-Kanal KuchenTV, den inzwischen über 675.000 Menschen abonniert haben. Einzelne Clips wurden mehr als drei Millionen Mal aufgerufen. Heldts Videos behandeln ein breites Themenspektrum von Hip-Hop über Dating-Apps bis hin zu kruden politischen Kommentaren. Im vergangenen Jahr hatte Heldt ein Video auf seinen YouTube-Kanal geladen, in dem er die Geschichte von Emilia S. erzählte und die Gymnasiastin mit einem üblen Schimpfwort beleidigte. S. hatte einen Mitschüler angezeigt, der in einem WhatsApp-Chat ein Bild verbreitet hatte, auf dem eine Rauchwolke zu sehen war. Darunter schrieb er: “Jüdisches Familienfoto”.
Für KuchenTV ist sein antisemitischer Spruch nur ein “Witz”
Den “Witz”, wie Heldt ihn nennt, hatte er in einem Video als “gar nicht mal so schlecht” befunden. Dafür wurde er nun wegen Volksverhetzung verurteilt. Nach seinem Gerichtstermin verteidigte er die Äußerung in einem neuen Video: Es sei in Deutschland offenbar nicht gestattet, “Witze nach eigenem Empfinden zu bewerten”, sagte Heldt und setzte fort: “Ich fühle mich vom deutschen Rechtssystem komplett verarscht.” Auch Heldts Anwalt, Christoph Stoll, versteht das Urteil nicht, wie er Motherboard sagte. Das Video sei “ein kritischer journalistischer Beitrag”, der an die Grenzen der Meinungsfreiheit und des guten Geschmacks gehe. Heldt ist nicht der erste YouTuber, der wegen Volksverhetzung verurteilt worden ist. Im vergangenen Jahr hatte das Landgericht Münster den YouTuber JuliensBlog zu acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung sowie einer Geldstrafe in Höhe von 15.000 Euro verurteilt. In einem Video auf seinem YouTube-Kanal hatte JuliensBlog im Jahr 2015 den Massenmord an Mitgliedern der Lokführergewerkschaft GDL gefordert. Diese sollten, so wollte es Sewering, im Konzentrationslager Auschwitz vergast werden.
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Heldt wurde bereits 2016 wegen Volksverhetzung verurteilt
Auch Heldt war bereits wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Im Herbst 2016 war ein Strafbefehl gegen ihn erlassen worden. Grund dafür waren zwei Tweets, die er damals gepostet hatte. In denen hatte er seine Nutzer unter anderem gefragt, was der Unterschied zwischen Juden und Pfadfindern sei. “Könnt ihr euch ja denken, die Pfadfinder kamen zurück”, erklärte Heldt später seinen Witz in einem YouTube-Video. Auf dem Bett sitzend las er seinen Zuschauern aus dem Strafbefehl vor, der Heldt zur Zahlung von 523 Euro verdonnerte.
Die Strafe dürfte ihn kaum geschmerzt haben. Denn das Rostocker Amtsgericht stellte nun fest, dass Heldt unter anderem mit seinen YouTube-Videos monatlich mehr als 6.000 Euro verdient. Auf der Grundlage dieser Schätzung berechneten die Richter auch, dass das Strafmaß für KuchenTV mit 32.000 Euro diesmal deutlich höher ausfällt.
KuchenTV nutzt das Urteil für eine Spendenkampagne
Obwohl das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, nutzt KuchenTV den Fall schon einmal, um seine Anhänger um Geld zu bitten. 32.000 Euro seien für ihn viel Geld, sagt er in einem Video, das er wenige Tage nach dem Urteil veröffentlicht hat. An dessen Ende bittet er seine Abonnenten, ihm Geld zu spenden. “Wenn mir jetzt die ersten 100.000 Zuschauer jeweils einen Euro donaten, hätte ich genug Geld, um meine Anwälte und die Fahrtkosten zu bezahlen.”
Des Geld, um die Strafe zu zahlen, darf KuchenTV nicht per Spenden auftreiben. Das ist in Deutschland gesetzlich verboten. Anwalts- und Fahrtkosten einzuwerben ist zwar legal, doch dürften die weit weniger als 100.000 Euro kosten. Von diesem Betrag ist KuchenTV aber mit seiner Spendenaktion bisher wohl ohnehin noch weit entfernt: Laut Motherboard-Informationen ist seit seinem Aufruf nicht viel Geld auf dem Konto.
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