Bild: Labormäuse. Diesen wurde das Fell weggeforscht. Quelle: Wikimedia
Geruchliche Diskriminierung von Männern ist scheinbar auch aus evolutionärer Sicht ein sensibles Thema. Laut einer neuen Studie könnten Säugetiere nämlich aufgrund eines angeborenen Effekts ablehnend auf Männergeruch reagieren.
Forscher konnten in einem neuen Experiment zumindest bei Labormäusen jetzt definitiv nachweisen, dass männlicher Achselschweiss eine erhebliche Stressreaktion auslöst, so dass die Tiere sogar Schmerzen deutlich schwächer wahrnehmen.
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In der Studie bekamen männliche und weibliche Mäuse unter anderem eine kleine Dosis des Mittels Zymosan A in ihre Pfote injiziert, wodurch ein leichter Schmerz erzeugt wird. Um das Unbehagen der Nager zu messen, wurde ihr Gesichtsausdruck gefilmt, um später die Grimassen der Mäuse analysieren zu können. Ähnlich wie wir Menschen verziehen auch Nager das Gesicht beim Empfinden von Schmerz.
Die zentrale Beobachtung in diesem Experiment war, dass die Labormäuse seltener (um durchschnittlich 36%) das Gesicht verzogen, wenn ein männlicher Forscher sich im gleichen Raum befand—und im Abstand von einem halben Meter die Tiere beobachtete. Bei Frauen und ganz ohne menschliche Aufmerksamkeit dagegen war die Schmerzreaktion wesentlich stärker—was bedeutet, dass sie weniger Stress empfinden. Ich bin noch etwas verwirrt, ob mehr Stress mit weniger Schmerzen eine positive oder negative Reaktion auf Männergeruch ist — sicher ist, dass dieses Verhalten scheinbar eine genetisch bedingte Gechlechts-Kategorisierung manifestiert.
Ich habe den Hauptautor der Studie, Jeffrey Mogil, kontaktiert und ihn gefragt, inwiefern die Ergebnisse auch Rückschlüsse auf Menschen zulassen:
„Wir haben diesen [genetischen Stress- und Geruchs-] Effekt bei Mäusen und Ratten nachgewiesen. Wir vermuten aber, dass das Phänomen nicht nur auf diese beiden Spezies, sondern auf alle Säugetiere zutreffen könnte. Der evolutionäre Zweck ist wahrscheinlich kampfbereit auf einsame Männchen der eigenen Spezies zu reagieren. Denn die verteidigen Ihr Revier und sind potentiell gefährlich.”
Den schmerzlindernden Effekt männlichen Geruches beobachteten die Forscher sogar, wenn lediglich ein oder zwei getragene T-Shirts auf dem Stuhl des menschlichen Versuchsleiters gelegt wurden. Wieder zeigten die Labormäuse weniger Schmerzen ausschliesslich bei männlichen T-Shirts. Zwar klang der Effekt der männlichen Shirts nach einer halben Stunde bis Stunde ab, aber am nächsten Tag war er wieder in aller Frische zu sehen, oder zu riechen.
„Achselsekretionen sind wahrscheinlich verantwortlich für den Effekt”, schreiben die Forscher in der jetzt veröffentlichten Studie. Der männliche Achselschweiss enthält typisch männliche Geruchsstoffe, genannt Pheromone. Und diese haben bei allen Säugetieren genau den gleichen chemischen Aufbau.
Die gleichen Reaktionen konnten deshalb auch durch den Schweiß von männlichen Meerschweinchen, Hunden und Katzen beobachtet werden, wenn deren Bettzeug—respektive Streu, Katzenkissen, Hundedecken—auf den Stuhl des Forschers gelegt wurden. Das funktionierte allerdings nur mit dem Bettzeug unkastrierter männlicher Tiere, was die Pheromon-These stark untermauert. Einzig mit dem Geruch von männlichen Käfiggenossen, also bekannten Männchen, funktionierte das Experiment nicht.
Nicht nur schneiden Mäuse weniger Grimassen, wenn sie auf männlichen Schweiß reagieren, sie wurden in der Nähe der T-Shirts von Männern insgesamt weniger schmerzempfindlich. So zogen sie Ihre Hinterpfoten und Schwänze später von einer sich langsam nähernden heissen Glühlampe zurück. Und in den Mäusen mit der Pfoteninjektion war sogar die Genaktivität in den Nervenzellen, die im Hirnstamm Schmerzsignale blockieren können, dramatisch (um über 50%) erhöht, im Vergleich zu Stinke-Shirts von Frauen.
Der evolutionäre Zweck ist wahrscheinlich kampfbereit auf einsame Männchen der eigenen Spezies zu reagieren.
Gleichzeitig zogen sich Mäuse die den Männershirts ausgesetzten waren eher an die Käfigwand zurück—ein klares Anzeichen für Stress. Die Forscher erklären den schmerzlindernden Effekt mit einer hormonellen Reaktion auf die männlichen Pheromone. Nur die männlichen Geruchsstoffe vermochten den Spiegel des Stresshormons Cortikosteron im Blut der Mäuse zu erhöhen, und dieses Hormon ist bekannt dafür eine Schmerzblockade im Hirnstamm auszulösen.
Aus einer früheren Studie ist bekannt, dass dieselben Pheromone im Mannesduft bei Frauen den Pegel von Stresshormonen erhöht, mit ähnlich schmerzlinderndem Effekt. Frauen könnte man also zum Beispiel bei leichtem Kopfschmerz oder sonstigen Folgen von Stress einfach empfehlen an der Achsel des nächstbesten fremden Mannes zu schnuppern — oder doch lieber eine Aspirin zu nehmen.