Gerade erst hat Lil Xan sein Debütalbum Total Xanarchy veröffentlicht, da bekommt auch schon der beste Song der Platte ein eigenes Musikvideo. Produziert wurde der zurückgelehnte Banger von keinem Geringeren als Diplo, der auch Newcomer XXXTentaction zu einem überraschend poppigen Hit verholfen hatte. Der Clip zu Lil Xans “Color Blind” zeigt den jugendlichen Soundcloud-Rapper mit den obligatorischen Grillz und Gesichtstattoos, wie man ihn kennt: irgendwie drauf. Auf einer Hausparty, an einer Tankstelle, auf und in einem rostigen Wagen, der später in Flammen steht, und am Ende im Regen. Meistens kann er kaum die Augen offenhalten, während er davon singt, wie er blind vor Liebe war und nicht erkannte, wie einseitig seine letzte Beziehung eigentlich gewesen ist. Fühlt man. Etwas, was einem beim Hören des restlichen Album leider selten passiert.
Mit dem Track “Betrayed” tauchte Xan letzten Sommer zum ersten Mal auf dem Mainstream-Radar auf. Erst Soundcloud, dann der Durchbruch, wie es vor ihm schon Post Malone, Lil Uzi Vert und viele andere machten. Inzwischen hat der Clip mehr als 158 Million Klicks auf YouTube. Der Refrain “Xans don’t make you / Xans gon’ take you / Xans gon’ fake you / And Xans gon’ betray you” rechnet mit der Droge ab, der sich Lil Xan nicht nur namentlich verschrieben hatte.
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Seit sein ebenfalls 21-jähriger Rap-Kollege Lil Peep Ende letzten Jahres an einer Medikamenten-Überdosis starb, wurde viel über DIE aktuelle Modedroge im HipHop diskutiert: Xanax. Rapper wie Lil Pump schworen dem angstlösenden Medikament ab und auch Lil Xan geriet ins Grübeln. Mit seinem Debütalbum Total Xanarchy will er eine Bewegung gegen den Betäubungsmittelmissbrauch starten. Unterstützt wird er dabei mit Features von 2 Chainz, Rae Sremmurd, Charlie XCX und eben Diplo.
Wie er uns in Noisey Raps erzählt, litt Diego Leanos aka Lil Xan als Kind an Angststörungen. Nach etlichen Arztbesuchen und ersten Versuchen mit Medikamenten wie Ativan landete Xan letzten Endes bei Xanax. Er wollte normal sein, sich frei fühlen, ohne Panikattacken. Schnell geriet sein Konsum außer Kontrolle. Die Droge veränderte ihn, zog ihn runter und machte ihn abhängig. Jetzt will er ein abschreckendes Beispiel dafür sein, wohin der Xanax-Missbrauch führen kann. Wie schlecht es ihm ging, erkennt er in Zeilen wie “I wake up / I throw up / I feel like I’m dead”, die er im Track “Wake Up” ständig wiederholt.
Im Song “Who I Am” stellt er außerdem fest: “Xans don’t make me who I am / Xans don’t make me what I am”. Das nimmt man ihm allerdings noch nicht ab, schließlich rappt er fast ausnahmslos von seinem Drogenmissbrauch. Tiefgang, Kreativität oder gar gute Lyrics sucht man auf Total Xanarchy vergeblich. Das ganze Album hat eher eine sedierende Wirkung auf den Hörer. Im Gedächtnis geblieben ist neben den ganzen “Xaaaanz” dann höchstens noch die seltsame Line “and her pussy tastes like Skittles, what?”. Dennoch erfüllt es irgendwie einen Zweck und die Botschaft bleibt hängen: Kids, bleibt weg von den Drogen, sonst endet ihr mit nem Haufen schlechter Gesichtstattoos und ‘ner mittelmäßigen Sad-Rap-Platte.
Total Xanarchy soll das einzige Album bleiben, das unter dem Künstlernamen Lil Xan veröffentlicht wird. Fortan will er als Diego rappen und sich damit endgültig aus dem Schatten des Medikaments befreien. Bleibt zu hoffen, dass er dann über andere Themen rappt. Und, dass vielleicht wieder Diplo seine Finger im Spiel hat.
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