Mit Moon haben Olafur Eliasson und Ai Weiwei ein interaktives Projekt geschaffen, das mit der verbindenden Kraft des Internets die Grenzen von Nationalität, Sprache und sogar der physischen Welt überschreitet. Die fortlaufende Zusammenarbeit repräsentiert das unendliche Potenzial des Internets als Bindeglied der Massen. Zum Projekt gehört ein offenes Online-Interface, bei dem die Besucher eine digitale Mondlandschaft bemalen und entlang wandern können. Auf der innovativen Website können die Besucher jetzt außerdem in die Rolle eines virtuellen Kurators schlüpfen. The Creators Project hat hinter die Kulissen des einzigartigen Projekts geschaut und beleuchtet seine Entstehungsgeschichte.
Moon wurde ursprünglich bei der alljährlichen Berliner Konferenz Falling Walls vorgestellt. Das Projekt thematisiert die metaphysische Kraft der digitalen Technologie, unsere moderne Gesellschaft zusammenzuführen.
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Dem Kurator von Moon, Marcello Pisu, zufolge haben Besucher die Möglichkeit, „ihre Lieblingszeichnungen zu sammeln und diese Sammlungen in ihren sozialen Netzwerken zu teilen. Wir haben uns entschieden, diese Funktion zu integrieren, nachdem wir erkannt hatten, dass die Leute sehr viel Zeit damit verbringen, Zeichnungen zu finden, mit denen sie sich am meisten identifizieren können.“ User-Profile und Avatare ermöglichen es, dass „jeder seine eigene Identität auf dem Mond besitzt und darüber bestimmt.“
35.000 Besucher haben bereits ihre Spuren auf dem Mond hinterlassen
Die Zeichnungen können von jedem bewertet werden, der über eine Internetverbindung verfügt. Diese egalitäre Eigenschaft steht symbolisch für die Wichtigkeit der Macht des Individuums im Einfluss auf die gesamte Welt. „Die wichtigste Inspiration für Moon war die Demokratisierung des kreativen und künstlerischen Prozesses und die Förderung eines konstruktiven visuellen Dialogs“, so Pisu.
Kein lebender Künstler verkörpert diese Eigenschaften heutzutage besser als der chinesische Bildhauer, Autor und Künstler Ai Weiwei. Der polyglotte Kreativkopf, der schon seit über zehn Jahren mit dem dänischen Künstler isländischer Herkunft Eliasson befreundet ist, nahm an der Falling Walls-Konferenz über Satellit teil und demonstrierte so einmal mehr die verbindende Kraft des Webs.
Eliasson begrüßt Ai Weiwei bei der diesjährigen Falling Walls-Konferenz in Berlin.
Der Mond existiert auf dieselbe Weise wie das Internet–jenseits der Reichweite und Kontrolle der Regierung. Er liefert deshalb die perfekte Metapher für ein derartiges Experiment der Massenmobilisierung. „Es geht um die Idee, dass der Mond etwas Unbewusstes in der Gesellschaft repräsentiert“, so Ai Weiwei gegenüber dem Kunstmagazin ARTnews.
Eliasson bemerkt: „Der Mond ist interessant, weil er noch nicht bewohnbar ist. Deshalb ist es ein hervorragender Ort für deine Träume.“ Wie das Duo in der Einleitung zum Projekt schreibt: „Kreativität setzt sich über Grenzen hinweg. Ideen, Wind und Luft kann keiner aufhalten.“
„Bei Moon geht es wirklich um unser räumliches Empfinden. Insofern, dass das Projekt keine Grenzen kennt. Es hat keine Wände. Keine religiösen oder politischen Grenzen“, so Eliasson auf der Falling Walls. „Es wird für alle zugänglich sein und wird mit der Zeit immer zugänglicher.“
Auf eine gewisse Weise stellt Moon die Entwicklung des Internets dar: Es wächst und wird immer präsenter und wir werden untrennbar mit seiner Umlaufbahn und der Massenverbreitung von Ideen verbunden. Ein Zitat von Ai Weiwei fasst die Aussagekraft des Projekts passend zusammen: „Es gibt keine Wände, die es vermögen, Ideen aufzuhalten.“
Eine der vielen Zeichnungen, die auf dem Mond hinterlassen wurden. Links unten eine Anspielung auf Ai Weiweis Projekt Sunflower Seeds.
Dass dieses bedeutsame Projekt gerade bei der Falling Walls vorgestellt wurde, ist kein Zufall. Die Konferenz wurde durch die Ereignisse des Berliner Mauerfalls und den Kollaps des Kalten Krieges–zwei Ereignisse, die die Welt dramatisch veränderten–angeregt. Die Kernfrage des jährlichen Events lautet: Welche Mauer fällt als Nächstes? Falling Walls bereitet seit Jahren einen fruchtbaren Nährboden für Diskussionen, bahnbrechende Forschung und Innovation.
Wie Eliasson in seiner Rede bei der Konferenz erwähnte, geht es bei seinem Projekt mit Ai Weiwei nicht nur darum, die Fähigkeiten der Technologie zu feiern und die Grenzen zwischen Kunst und Digitalem oder Zeit und Ort zu überschreiten. Es gehe auch darum, dass Technologie als Aufruf zum Handeln eingesetzt werden kann. „Wir stellen euch eine Umgebung bereit, in der ihr eure Spuren hinterlassen könnt. Aber nicht nur irgendeine Spur, sondern eine, die für euch wichtig ist. Wünscht euch etwas, träumt. Macht etwas.“
Das Projekt, das mit Hilfe der Creative Directors Shahar Zaks und Lucas Werthein konzipiert wurde, sollte ursprünglich eine Brücke zwischen Berlin, China und New York schlagen. Mit dem großen Erfolg hat Moon seine globale Reichweite bewiesen—es ist weltweit beliebt.
Pisu erklärt: „Aus allen Einsendungen suchen wir regelmäßig die mit der eindringlichsten Botschaft und der besten künstlerischen Qualität aus und stellen sie etwas in den Vordergrund. Sie werden das Erste sein, was ihr seht, wenn ihr auf dem Mond landet. Sie sollen andere Zeichnungen inspirieren, auch dank eines integrierten Tagging-Systems. User können jetzt ihre Lieblingszeichnungen kuratieren und sammeln und diese Sammlung dann in ihren sozialen Netzwerken teilen.‟
Für alle, die neugierig sind, wie es mit Moon weitergeht, erzählt uns Pisu: „Wir sammeln gerade Ideen, wie wir den Mond in einer Installation oder einer Ausstellung auf die Erde bringen könnten. Mit Ai und Olafur kannst du dir sicher sein, dass es eine weitere anspruchsvolle Schöpfung werden wird.“