An Weihnachten ist Chaos vorprogrammiert. Alle sind todesgestresst, die eine Tante macht ständig rassistische Bemerkungen und alle trinken zu viel. Bei Jesu’ Geburtstagsparty ist Drama unvermeidbar. Aber wie sagen die Engländer doch so schön: comedy is tragedy plus time – Humor ist Tragik plus Zeit. Oder weniger poetisch: In ein paar Jahren können alle darüber lachen. Auch wenn es sich vielleicht im Augenblick furchtbar anfühlt, “allen das Weihnachtsfest ruiniert” zu haben, so versteckt sich dahinter meist eine gute Story.
Das dachten sich auch unsere Kolleginnen und Kollegen in London und haben ein paar Leute nach ihren schlimmsten Weihnachtserlebnissen gefragt. Falls ihr euch an manchen Stellen wundert, Weihnachten feiert man dort erst am 25. So richtig, also mit Geschenken und allem. Heiligabend besäuft man sich mit seinen Freunden. Nicht, dass hier am 24. irgendjemand nüchtern bleiben würde, aber wie gesagt: nicht wundern.
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Olivia, 22: “Er stand heulend vor meiner Tür”
“Mein Ex und ich haben uns vor ein paar Jahren kurz vor Weihnachten getrennt. Natürlich mussten wir getrennt feiern. Er ging zu seinen Eltern und ich zu meinen.
Am Weihnachtstag saß ich gerade mit meiner Familie zusammen, um Geschenke aufzumachen, als das Handy meiner Mutter klingelte: Es war mein Ex. Er stand heulend vor der Haustür. Er war einfach ohne Vorwarnung aufgekreuzt und war sturzbesoffen. Seine Mutter hatte ihn hergefahren, damit er mit mir reden konnte.
Meine Mutter hatte Mitleid mit ihm und lud ihn und seine Mutter ins Haus ein. Die beiden hockten dann eine Stunde bei uns. Ich heulte, weil ich betrunken war und ihn nicht sehen wollte. Die Mutter meines Ex heulte meine Oma voll. Meine Tante, mein Vater und mein Opa weinten ebenfalls, weil es das erste Weihnachten ohne meine andere Oma war. Es war ein totales Desaster.”
George, 23: “Ich habe mich in die Zimmerecke gestellt und angefangen zu pinkeln”
“2019 bin ich am Heiligabend in den Pub gegangen und habe mich übelst abgeschossen. Als ich am Weihnachtstag aufwache und die Treppe runter komme, spüre ich eine gewisse … nun ja … Stimmung. Ich gehe in die Küche und meine Mutter fragt: ‘Weißt du, was du letzte Nacht getan hast?’ Ich perplex: ‘Was? Nein.’
Anscheinend bin ich nachts aufgestanden und habe schlafwandelnd das Klo gesucht. Stattdessen bin ich dann in das Zimmer meines Bruders gegangen, wo er mit seiner Freundin schlief, habe mich in die Zimmerecke gestellt und angefangen zu pinkeln.
Die Freundin meines Bruders ist aufgewacht und dachte, ich sei mein Bruder: “Will, was zur Hölle machst du da?” Als sie merkte, dass ich gerade in das Zimmer pinkle, hat sie geschrien. Mein Bruder wachte auf und schrie mich ebenfalls an: ‘Was zur Hölle? Raus hier! Raus aus meinem Zimmer!’ Ich bin dann anscheinend zurück ins Bett, ohne irgendwas davon mitbekommen zu haben.
Ich habe der Freundin meines Bruders dann Blumen gekauft. Am Nachmittag hatte sie sich dann wieder beruhigt.”
Fleur, 23: “Sie ließ sich ins Sofa fallen und entblößte sich vor allen”
“Das war Weihnachten 2012. Meine Eltern hatten sich getrennt und meine Schwester lebte in einem Haus hinter dem Haus unseres Vaters und unserer Stiefmutter. Wir feierten Weihnachten halb dort und halb bei meinem Vater. Meine Stiefmutter hatte ihre ganze Familie da, auch ihre 103 Jahre alte Großmutter. Allesamt sehr ruhige und zurückhaltende Menschen.
Plötzlich hören wir draußen das ungleichmäßige Klappern hoher Absätze. Es war meine Mutter. Sie war komplett besoffen und hatte sich ein Ausgehoutfit meiner Schwester angezogen, ein sehr enges und sehr kurzes schwarzes Kleid. Sie klingelte, kam rein und stellte sich lallend vor. Dann ließ sie einfach ins Sofa fallen und entblößte sich vor allen. Ich habe die Geschichte jahrelang aus meinem Gedächtnis gestrichen, weil es einfach der peinlichste Moment meines Lebens war.”
Niall, 27: “Ich habe die ersten Weihnachtsstunden in der Notaufnahme verbracht”
“Das muss etwa 15 Jahre her sein. Es war Heiligabend und ich bin gegen 23 Uhr zum Zimmer meines Stiefbruders, habe gegen seine Tür gehämmert und laut Weihnachtslieder gesungen. Kurz gesagt: Ich war saunervig. Mein Stiefbruder hat seine Tür aufgemacht und mir gesagt, dass ich meine Fresse halten und mich verpissen soll. Dann knallte er mir die Tür vor meiner Nase zu.
Der untere Teil der Tür traf dabei perfekt auf den Nagel meines großen Zehs und riss ihn komplett ab – bis auf einen winzigen Hautfetzen, an dem er noch hing. Ich durfte dann die ersten Weihnachtsstunden im Rollstuhl mit meinem Vater im Krankenhaus verbringen, bis ich endlich verarztet wurde.”
Eve, 21: “Ich sah meinen Vater bis zum Anschlag in meiner Mutter”
“Ich war 15 oder 16 und hätte es eigentlich besser wissen müssen. Es war 9 Uhr am Weihnachtsmorgen. Mein Bruder meinte, ich solle unsere Eltern fragen, was sie zum Frühstück wollen. Eine unserer Weihnachtstraditionen ist nämlich, unseren Eltern Frühstück ans Bett zu bringen. Ich sollte also herausfinden, ob sie Pfannkuchen oder Spiegeleier auf Brot haben wollen oder so was.
Ich bin dann ohne zu Klopfen in ihr Schlafzimmer und habe meinen Vater in meiner Mutter gesehen – also bis zum Anschlag, wenn man so will. Es war nicht schön. Ich habe den Anblick die restlichen Feiertage nicht aus meinem Kopf bekommen.”
Dais, 27: “Ich war den ganzen Tag auf Steroiden”
“Ich wusste immer schon, dass ich ein bisschen allergisch gegen bestimmte Früchte bin, aber mir ist nie etwas wirklich Wildes passiert. Vor ein paar Jahren jedenfalls half ich Weihnachten beim Kochen und schnippelte die Pastinaken. Dabei muss ich mir das Auge gerieben haben. Irgendwann hatte ich das Gefühl, dass mein Auge richtig juckt, dass da irgendetwas drin ist.
Es wurde immer schlimmer und begann zu brennen, was ziemlich furchtbar war. Irgendwann war mein ganzes Auge zu und meine Mutter meinte nur: ‘Du hast eine allergische Reaktion, du musst sofort in die Notaufnahme.’ Also hat mich mein Vater zum Krankenhaus gefahren und ich war den ganzen Tag auf Steroiden, was mich ziemlich high gemacht hat. So hatte ich am Ende doch noch ein schönes Weihnachten.”
Emma, 21: “Es war eine Schachtel mit lebenden Heuschrecken”
“Meine Mitbewohner und ich haben Speedwichteln gemacht. Alle hatten zwei Stunden, um einander Geschenke zu kaufen. Als wir dann unsere Päckchen aufmachten, hatte jeder irgendwelche bescheuerten Spiele oder anderen Krempel.
Als ich dann aber mein Geschenk aufmachte, war es eine Schachtel mit lebenden Heuschrecken. Noch nie in meinem Leben habe ich mich so wegen eines Geschenks erschrocken. Ich war entsetzt. Die Tiere waren aus der Zoohandlung in der Nähe. Ich brachte sie dorthin zurück, aber die meinten sofort, dass sie mir kein Geld zurückgeben können. Ich war so verzweifelt, dass ich sie trotzdem dagelassen habe. Auf dem Karton stand auch noch eine Warnung, dass man sie auf keinen Fall freilassen darf, weil sie Ernten schädigen können.”
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