Die Geschichte des verlorenen Bieres beginnt an einem Tag im Sommer des vergangenen Jahres. Still und leise nahm der Betreiber der Bochumer Hochschul-Mensa die verschiedenen Biersorten aus seinem Sortiment. Ganz richtig, in der Mensa der Hochschule Bochum wurde Bier verkauft – jedenfalls bis der Verkauf im letzten Jahr gestoppt wurde. Fortan mussten die Studierenden die bis zur Unkenntlichkeit frittierten Fischteile aus der Kantine mit Wasser herunterspülen und ihre vor Prüfungsstress zuckenden Augenlider mit YouTube-Entspannungsvideos therapieren. Ein untragbarer Zustand, fand ein Bochumer Student – und wählte einen drastischen Protestweg.
Es heißt oft, die heutigen Studierenden würden nicht mehr demonstrieren. Dass das nicht stimmt, bewiesen in den letzten Jahren etwa die Besetzer der sozialwissenschaftlichen Fakultät der Berliner Humboldt-Uni, hunderte Demonstrierende gegen einen rassistischen Leipziger Uni-Professor – und eben Philipp Larch. Der 33-jährige “International Business Management”-Student startete Anfang März eine Petition, weil das Bier aus der Hochschul-Mensa verschwunden war. Der taz sagte er: “Es muss Juli gewesen sein, als wir uns während der Klausurenphase mal mit einem Bier auf die Wiese hinter der Mensa legen wollten.” Aus den oben genannten Gründen wurde aus dem Plan bekanntermaßen nichts.
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Doch wo ist das Kantinen-Bier hin? Wie die taz herausfand, ist eine Forderung der hochschuleigenen “Arbeitsgruppe Sucht” für den Verkaufsstopp verantwortlich. Eine Sprecherin des Mensabetreibers sagte der Zeitung, man habe sich den Wünschen der Hochschule untergeordnet. Doch selbst der Pressesprecher der Bochumer Hochschule erklärte der taz, er habe bisher nicht erlebt, dass aufgrund des Bierverkaufs betrunkene Studierende auf dem Campus herumgelaufen seien.
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Larch sagt, er verstehe die Bedenken der Arbeitsgruppe, aber er findet auch: Erwachsene sollten selbst entscheiden dürfen, wann sie Bier trinken. Aus einer Mischung aus vorlesungsfreier Zeit, einem Krankenhausaufenthalt nach einer Sportverletzungs-OP und einer offensichtlichen Leidenschaft für Bier schöpfte er seinen Kampfgeist – und startete die Online-Petition, mit der er den Mensa-Hopfen nun zurückfordert. Dort schreibt Philipp Larch, er habe in Gesprächen mit anderen Studierenden und Hochschulmitarbeitern herausgefunden, dass auch viele andere den Verkaufsstopp bedauern würden.
Dabei geht es Larch überhaupt nicht um hemmungslose Saufgelage auf den Campuswiesen oder illegale Beerpong-Aktivitäten in den Hochschul-Fluren: “Die Hochschule Bochum, University of Applied Sciences ist eine fantastische Institution des Wissens, der Lehre, der Vielfalt und der Kulturen”, heißt es in der Petition. Die akademische Landschaft Bochums werde von neun Hochschulen und etwa 60.000 Studierenden geprägt, schreibt Larch. Den Beitrag zum kulturellen Hintergrund der Stadt leisteten die Stahlindustrie und der Biergenuss. Wenn Philipp Larch vom Krankenhausbett aus Bier-Manifeste verfasst, setzt er sich also gewissermaßen für den Erhalt sowohl der akademischen als auch der alkoholischen Stadtkultur ein.
Eigentlich sei die Idee mit der Petition ein Scherz seines Englisch-Kurses gewesen, sagte Larch gegenüber der taz. Am Ende habe er stundenlang Zitate, ein lizenzfreies Bild und Bochum-Fakten recherchiert. 96 Menschen haben die Petition bislang unterschrieben (Stand 3. April), bis zum 8. Juni will er insgesamt 500 Unterstützer gewinnen. Ob die Hochschule und die Mensa-Betreiber am Ende einlenken, bleibt unklar. Eines hat Larch mit seiner Petition allerdings bewiesen: Junge Menschen sind alles andere als leidenschaftslose Phlegmatiker. Wenn es sein muss, protestieren wir sogar für Bier.
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