Am 12.01.2013 fand in Berlin die internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz statt. Diverse kommunistische Verbände und Zeitungen laden jedes Jahr im Januar dazu ein und Hunderte Genossen folgen diesem Aufruf.
Schon von Weitem fällt ein Pulk vor der Urania, in dem die Konferenz stattfindet, auf. Rote Fahnen werden geschwenkt, Parolen gerufen, von einem Tranzpi glotzt Che Guevara, und ein Typ, der schwer nach 68er-Generation aussieht, schmettert Arbeiterkampflieder. Ich quetsche mich an dem Opa vorbei in die Urania und melde mich an.
Die Konferenz ist erstaunlich gut besucht. Laut Veranstalter sollen es bis zu 2000 Besucher_innen sein. Echt? Na ja …
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Im Erdgeschoss reihen sich Buch- und Infostände. Hier gibt es nichts, was es nicht gibt. Die strickende Omi vertickt Bücher über Olga Benario und nebenan steht der Nachwuchs und verteilt Broschüren gegen Knäste.
Ich zähle rote Sterne. Bei 30 gebe ich auf.
Aber eigentlich sind sich hier alle irgendwie einig. Kapitalismus und Kapitalgesellschaften sind voll böse, Lenin war irgendwie ein ganz dufter Typ, die Arbeiterbewegung muss gestärkt werden, und jedes Volk sollte das Recht auf sein eigenes Land haben. Und wie immer frage ich mich: Wie links ist der völkische Befreiungskampf? Leider wollte mir niemand auf diese Frage antworten. Und auch sonst waren die Besucher_innen und Aussteller_innen eher scheu. Schade.
In der zweiten Etage wirkt alles wie eine lustige Kaffeefahrt, alte Leute schaufeln Kuchen in sich hinein und sehen sich argwöhnisch um. Ich besorge mir so ein Gerät für die Simultanübersetzung und betrete den großen Vortragssaal. Auch hier ist es voll. Ich finde keinen Platz mir und setze mich neben eine Hippiefrau und ihr sabberndes Baby auf den Boden.
Carlos Insunza Rojas aus Chile, Vertreter des chilenischen Gewerkschaftsverbands CUT und Mitglied des Zentralkomitees der KP Chiles, berichtet gerade über die Situation der Arbeiter und Gewerkschaften in Chile. Die Lage dort ist nach wie vor beschissen, der Staat faschistisch und die Arbeiter_innen machtlos. Voll scheiße eben.
Nach dem Vortrag dürfen Fragen gestellt werden. Eine Besucherin will wissen, wie es den Mapuche geht. Mapuche, das ist ein indigenes Volk, welches weitgehend rechtlos in Chile und Argentinien lebt. Sie werden von den Behörden kriminalisiert und verfolgt. Gerade letzte Woche brannte wieder ein Haus der Mapuche. Alle Bewohner_innen kamen ums Leben.
Als ich gerade gehen will, spricht mich ein Typ an und wedelt vor meinen Augen mit der Zeitung „Spartakist“ rum. Da ich beschlossen habe, wirklich jedes Infomaterial mitzunehmen, was mir angeboten wird, will ich die Zeitung schnell grabschen und wegrennen, aber der Typ lässt sie einfach nicht los.
Wie stehst du zum Kapitalismus?
Öööh…
Hier, eine Zeitung. Wir sind für die Oktoberrevolution. Mann kann den Kapitalismus nicht reformieren. Die einzige Lösung ist die Revolution. Kapitalismus ist schlecht blabla
Ähhh… Danke für die Zeitung.
Moment, das macht 1,80 Euro.
Hä? Wie? Kann ich die nicht umsonst haben?
Nein.
Und überhaupt gab es bei der Konferenz, mal abgesehen von der „jungen Welt“ und ein paar Flyern, absolut nichts umsonst. Aber dafür glotzte mir ein alter Sack ganz unverhohlen auf den Arsch.
Wenn es das war, was Rosa Luxemburg im Sinn gehabt hatte, dann ist es wohl wirklich besser und kein Wunder, dass der Realsozialismus immer und immer wieder zum Scheitern verdammt war.