Leere Versprechungen sind auf Pornoseiten wie Pornhub, xHamster und Co. keine Seltenheit: Von willigen Boys in deiner Nähe über einsame, geile Großmütter bis hin zu zig angeblichen Möglichkeiten, den Penis zu vergrößern. Inzwischen sind viele Pornoseiten voll mit Banner-Werbung und Pop-ups für erotische Videospiele. Das wirft Fragen auf: Haben Pornoseitenbesucher überhaupt Lust auf Videospiele? Und sind diese Spiele in irgendeiner Weise – gut?
Wir haben recherchiert und uns grenzwertige Videospieltitel wie Fap Titans, Cunt Wars und World of Whorecraft genauer angesehen. Außerdem haben wir die Menschen hinter den Spielen kontaktiert: Pornoseitenbetreiber und Entwickler. Die Recherche zeigt: Hinter Pornospielen stecken oft halbherzige Spielideen, schlechte Wortwitze – und der Versuch, irgendwie Geld zu verdienen.
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Pornospiele sind ein Genre für sich
Die sogenannte Regel 34 besagt: Wenn irgendetwas existiert, dann gibt es davon auch eine Pornoversion. Das zeigen Pornofilme wie Der Name der Rose(tte) oder die Spongebob Porn Parody. Sex in Videospielen gibt es auch schon lange, in den 90ern gab es zum Beispiel die Titel Gigolo am ATARI, The Yakyuken Special oder Wet. Heute wird die Videospiele-Plattform Steam von Ab-18-Inhalten überflutet.
Die angepriesenen Spiele auf Pornoseiten scheinen wiederum ein Genre für sich zu sein. Sie werben mit computergenerierten Bildern und Clips von bekannten Gesichtern wie Miley Cyrus, aber auch mit aktuellen Animation-Charakteren aus Hotel Transylvania und The Incredibles. Einige Titel sind Persiflagen von bekannten Videospielen, zum Beispiel das von World of Warcraft inspirierte World of Whorecraft oder Smutstone, eine Abwandlung von Hearthstone. Andere Spiele haben eine Hentai-Optik.
Erfahrene Zocker sind wohl eher nicht die Zielgruppe, denn viele Spiele werben damit, besonders einfach zu sein. Die von uns getesteten Titel sind vorwiegend Browser- und Flash-Games mit simplen Mechaniken. Sie wurden offenbar schnell aus vorgefertigten Templates zusammengezimmert. Entwickler können sie in kurzer Zeit nach dem Baukastenprinzip erstellen. Das Ergebnis fühlt sich fast immer billig an.
Wer steckt hinter den Pornospielen?
Auf mehreren Gratis-Pornoseiten poppte bei unseren Tests häufig Werbung für Spiele vom Entwickler Hooligapps auf. Auf seiner Website preist Hooligapps rund ein Dutzend Spiele an, manche auch für Android. Die Entwickler protzen mit Zahlen: 50 Millionen Nutzer aus mehr als 60 Ländern, mehr als 250.000 Spielern täglich, heißt es. Überprüfen lässt sich das nicht. Die IP-Adresse der Website liegt in Texas, ein Impressum mit Adresse und Ansprechpartnern gibt es nicht.
Auch bei vielen weiteren Sex-Simulatoren, Porno-RPGs und “Bau dir deine Traumfrau”-Spielen fanden sich kein Impressen oder Kontaktmöglichkeiten. Auf der Website konnten wir einen Kontakt zur Firma hinter World of Whorecraft finden, bekamen aber keine Antwort auf unsere Anfrage. Es scheint, die Entwickler der Pornospiele sind nicht besonders an Austausch interessiert.
Auf ihrer Website zeigen die Entwickler von Hooligapps die Logos von Bezahlfirmen, mit denen sie offenbar zusammenarbeiten: Epoch Payment Solutions, Juicy Ads, SegPay und Exoclick. Wir haben die Firmen kontaktiert und auf die Pornospiele angesprochen, zwei haben uns geantwortet.
Welche Daten sammeln Pornoseiten über mich? Was passiert, wenn ich ohne Virenschutz dort surfe? Hier findest du mehr Recherchen an der Schnittstelle zwischen Porn und Tech.
SegPay schrieb, sie würden von vielen Internetseiten als Drittanbieter für Zahlungen genutzt. Die Firma würde auch Hooligapps bei Abrechnungen unterstützen. Exoclick ging nicht im Detail auf unsere Frage ein und verwies uns an Hooligapps. Eine Ansprechperson aus der Marketing-Abteilung, die sich einfach nur “Elena” nannte, lehnte ein Gespräch mit VICE per E-Mail ab.
Die Pressestelle von Pornhub hat sich auf unsere Anfrage nicht zurückgemeldet. Ein Pressesprecher von xHamster, Alex Hawkins, ging aber ausführlicher auf das Thema ein. xHamster ist die meistbesuchte Pornoseite Deutschlands. Im Gespräch mit VICE sieht Hawkins Schnittmengen zwischen der Zielgruppe von Videospielen und Pornos. Er schätzt diese Gruppe auf überwiegend männlich und jünger als 35 Jahre. Die Menschen seien sowohl mit Pornos als auch mit Ab-18-Videospielen wie GTA aufgewachsen. Das Besondere: Mit Pornos und Games können Nutzer sich vorstellen, jemand anderes zu sein.
Smutstone, Cunt Wars, Fap Titans: So wenig Qualität steckt in den Pornospielen
Wir haben einige Spiele von Hooligapps getestet. Smutstone ist ein taktisches Kartenspiel nach dem Vorbild von Hearthstone oder Magic the Gathering. Spieler lassen ihre Kartensammlungen gegeneinander antreten. Die Kämpfe sind aber vorwiegend automatisiert, viel Geschick müssen Spieler dafür nicht haben. Dazwischen gibt es Cutscenes mit herzlosen Sexszenen im Comic-Stil. Nach etwa einer Stunde sind die Ingame-Währungen aufgebraucht und Spieler können kostenpflichtige Ingame-Käufe machen.
Cunt Wars ist ein Tower-Defense-Spiel, das an Plants vs Zombies erinnert. Die kleinen Figuren auf dem Raster-Schlachtfeld sind mit mehr Liebe designt als bei den anderen Titeln. An den Figuren wird auch sichtbar, was bei den meisten Pornogames kaum verzichtbar dazugehört: Brüste, und zwar möglichst viele. Das Spiel wimmelt zudem vor platten Sexsprüchen, wobei sich Deutsch und Englisch abwechseln. Typische Sprüche aus den Spielen lauten zum Beispiel: “Don’t you know, that masturbation causes hair loss”, oder: “Verfickt und zugenäht!” Sehr lustig.
Fap Titans wiederum ist eine Persiflage von Tap Titans und gehört zum Genre der Incremental Clickers. Bei diesem Genre müssen Spieler vor allem monoton herumklicken, um Gegner zu besiegen und Upgrades zu sammeln. Figuren und Grafik von Fap Titans sehen aus, als kämen sie aus einem Manga-Zeichenkurs für Anfänger. Die Monster könnten auch schlechte Entwürfe für eine neue Generation Pokémon sein, sie haben Namen wie “Tentakelbestie”.
Kreditkarte? Nein, Danke
Den Spieltest von World of Whorecraft brechen wir früh ab. Das Spiel wirbt zunächst mit fantastischen Sexorgien in WoW-Optik. Wir wählen, ob unsere Spielfigur “Mann”, “Frau” oder “Trans” sein soll und müssen bestätigen, dass wir mit “extremer Nacktheit umgehen” können. Wir können. Bevor das Spiel aber losgeht, bittet Whorecraft um Daten einer Kreditkarte, die angeblich “nicht belastet wird”. Diese Daten rücken wir nicht raus, zum Schutz vor möglichem Online-Scam. Was passiert, wenn man seine Daten dort eingibt, haben wir nicht überprüft.
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Wer nach den Namen der Spiele sucht, findet Foreneinträge von Nutzern, die in den Spielen doch einen Reiz sehen. In einem Beitrag auf spieleforum.de schreibt ein Nutzer im Jahr 2018 traurig darüber, dass die Online-Community von Cunt Wars nicht mehr aktiv sei. “Die Freizügigkeit ist keineswegs Hauptbestandteil des Spiels”, schreibt er. Er finde, das Spiel habe einen Suchtfaktor und mache mega Spaß. “Lasst uns das Spiel gemeinsam ein wenig pushen.” Niemand hat ihm geantwortet.
Unsere Spieletests zeigen: Viele Porno-Games finanzieren sich durch einen Mix aus Werbung, Abos und Ingame-Käufen. Hochwertige oder zumindest ein bisschen kreative Spiele sind uns nach mindestens drei Stunden Recherche aber nicht begegnet. Einige Pornospiele bieten zwar ein tatsächliches Spielerlebnis. Aber das ist inspiriert von anderen Games, die im Original einfach besser sind.
Das Geschäft funktioniert wohl trotzdem, weil es täglich Millionen Besucher auf Pornoseiten gibt – und irgendjemand lässt sich wohl immer von einem schlechten Sex-Wortspiel anlocken und bleibt dann hängen.