Warum ein Nordfriese wohl ungestraft mit seiner Hanf-Plantage davonkommt

Knapp 6.700 Marihuana-Pflanzen – so viele hatte die Polizei erst kurz vor Weihnachten in einem Fabrikkeller in Bremen beschlagnahmt. Die Hanfplantage eines 27-Jährigen aus Bredstedt in Schleswig-Holstein fiel dagegen winzig aus: In drei Zelten züchtete der Mann bei sich daheim Gras und betrieb dafür auch eigene Licht- und Belüftungsanlagen. Davon konnte sich auch die Kriminalpolizei Niebüll überzeugen, als sie bei dem Hobby-Farmer einrückte. Der Verkaufswert einer möglichen Ernte dürfte bei mehreren Tausend Euro gelegen haben. Dennoch wurde der Mann jetzt, drei Jahre nach dem Polizeieinsatz bei ihm Zuhause, vom Schöffengericht Husum freigesprochen, berichtet die SHZ. Die Schuld daran trägt die Staatsanwaltschaft Flensburg, die den Fall am 12. November 2014 übernommen hatte und sich dann einen schwerwiegenden Verfahrensfehler leistete. Aufmerksam war die Polizei auf den Hanfzüchter geworden, weil der offenbar seine Kohlefilter nicht richtig installiert oder erst gar keine eingebaut hatte: Der süße Geruch seiner Pflanzen drang ungehindert aus der Wohnung und damit in die Nasen von Nachbarn und seinem Vermieter. Die nordfriesische Hausgemeinschaft zeigte sich wenig tolerant und rief die Polizei, die wiederum schaltete Kripo und Staatsanwaltschaft ein.

Am Vormittag des 12. Novembers 2014, gegen 11 Uhr, soll Letztere vor Gericht einen Durchsuchungsbeschluss beantragt haben. Die zuständige Richterin habe dann auf eine schriftliche Notiz der Polizei bestanden, berichtet die SHZ. Als der mit dem Fall beauftragte Staatsanwalt am Nachmittag noch immer keinen Beschluss erhalten hatte, ließ er die verdächtig riechende Wohnung eigenmächtig durchsuchen.

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Vor dem Schöffengericht in Husum begründete die Anklage das jetzt mit der Dringlichkeit der Durchsuchung. Eile sei geboten gewesen und Gefahr im Verzug, da der Mietvertrag des Hanfzüchters bereits gekündigt war und er die Plantage vorzeitig hätte entsorgen können.

Das Gericht folgte bei seiner Entscheidung allerdings nicht den Ausführungen der Staatsanwaltschaft, sondern jenen des Anwalts des Angeklagten. Er hatte argumentiert, dass sein Mandant erst später ausziehen wollte, und darüber hinaus sich auch nicht so einfach seiner heimischen Produktion hätte entledigen können. Zudem, erinnerte der Anwalt, müsse jede Staatsanwaltschaft die Freigabe eines Durchsuchungsbeschluss durch ein Gericht abwarten. Das hat das Bundesverfassungsgericht erst vor einem Jahr in einem Urteil bestätigt. Der Hobby-Farmer kam ungestraft davon.

Die Staatsanwaltschaft ist allerdings bereits in Berufung gegangen. Somit dürfte sich eine Hoffnung der Richterin des Schöffengerichts nicht bestätigen. Sie hatte zu dem Angeklagten während ihrer Urteilsverkündung gesagt: “Ich hoffe, Sie beschäftigen sich heute mit anderen Dingen.” Sollte auch ein Berufungsverfahren scheitern, hätte er immerhin die Zeit dafür.

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