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Warum ein Tape-Troll der NSA eine verschlüsselte Mix-Kassette geschickt hat

Mit seiner verschlüsselten Mix-Kassette weist ein Medienkünstler die NSA in ihre mathematischen Schranken.
Alle Bilder: David Huerta

Ende Mai schickte David Huerta der NSA per Post ein kleines Päckchen. Der Hacker-Künstler und Mitorganisator von Art Hack Day und Kryptoparty wollte den Agenten ein besonderes Geschenk zukommen lassen: eine von ihm verschlüsselte Mix-Kassette, gebaut aus einem Arduino-Rechner und einer durchsichtigen Akry-Hülle. Die Kassette enthält einen „Soundtrack für den modernen Überwachungsstaat". Doch die NSA wird, dank der Macht der Kryptografie, nie in den Genuss kommen den Sound wirklich zu hören zu bekommen.

Ursprünglich wollte Huerta eine klassische Mix-Kassette aufnehmen, um sich mit seinen Freunden und Kollegen an der Musik zu erfreuen. Doch ohne einen Kassettenrekorder kam er nicht weit mit der Idee. Dann schaltete sich sein Medienkünstlerinstinkt ein und er begann bei NYC Resistor seine verschlüsselte Kassette zu bauen.

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„Ich habe meine eigene Version einer Mix-Kassette gebaut, mit einem Arduino und einer WaveShield Soundkarte, die ich zwischen zwei lasergravierten Akryl-Platten einschloss.", schreibt Huerta. „Der lahmarschige Arduino und die WaveShield verleihen der Aufnahme den beschissenen 44kHz-Sound, den ich von einem abgehörten AT&T-Telefon erwarten würde."

Die durchsichtigen, roten Akryl-Platten wählte Huerta als ein Zeichen von Transparenz.

Verschlüsselte Mix-Kassette. Alle Bilder: David Huerta

„Das ist eine Antwort auf die heimlichen Angriffe von Handys durch Computer-Vasallen wie Finfisher und HackingTeam", fügte er hinzu. „Dieses Stück offener Hardware kann einfach eine schwarze Box sein, bildlich und wörtlich."

„Ich habe es so gestaltet, dass nur Leute die Aufnahme hören können, denen ich den Schlüssel gebe.", schreibt Huerta in einem Blog. „Eine zweite Kopie dieser Kassette habe ich auch an das NSA-Hauptquartier in Maryland geschickt, aber ohne den privaten Schlüssel; als Erinnerung daran, dass die Gesetze der Mathematik mehr Macht haben als jeder Staat."

Huerta erklärt im Blog, dass selbst für die NSA, die sie zwar Nachrichten zwischen vielen Systemen abfangen kann, „eine Verschlüsselung zwischen den Systemen etwas fundamental Unüberwindbares bleibt."

„Die NSA wurde dabei erwischt wie sie gewisse Verschlüsselungs-Standards beeinflussen wollte. Deshalb habe ich Whirlpool als Algorithmus gewählt, der nicht so dicht am NIST (Bundesinstitut für Standardisierung und Technologie) gebaut wurde wie andere Standards", sagt Huerta. „So bleibt der NSA keine bekannte Hintertür, um die Verschlüsselung zu umgehen. Sie müsste versuchen, den Hauptschlüssel durch Herumprobieren zu finden und daran sehr wahrscheinlich scheitern. Meine Art zu beweisen, dass die NSA nicht unfehlbar ist."

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„Die Cypherpunks", sagt Huerta, "waren entscheidend an der Inspiration der Anti-Überwachungs-Kassette beteiligt."

Cypherpunks versuchen mit ihrer Verschlüsselungs-Software das Spielfeld zwischen Regierung und Bevölkerung fair zu halten. Phil Zimmerman's PGP etwa war ein großer Schritt dabei, den Bürger durch Verschlüsselung die Kontrolle über ihre Daten zurückzugeben. Die Regierung versuchte sogar die Veröffentlichung von PGP gerichtlich unterbinden zu lassen, musste diese (kackdreisten wie lächerlichen) Bemühungen aber bald abbrechen.

Seither versucht Huerta in der Bevölkerung für sichere Telekommunikation zu werben. Anders gesagt will er die NSA mit ihrer eigenen Waffe schlagen: Geheimhaltung. Dazu gehört für Huerta genauso, Events wie Krypto-Parties zu organisieren.

„Die Snowden-Enthüllungen haben auch eine gewisse Einschüchterungswirkung gehabt, so dass einige Leute Kryptografie nun für nutzlos halten und glauben, dass die NSA wirklich unschlagbar ist—'sie können deinen Aufenthaltsort finden, deine Emails lesen, deine Webcam anschalten!' ", sagt Huerta. „Doch die Snowden-Dateien zeigen, dass schadhafte Betriebssysteme, sowie Hardware und Software der NSA und Hacker den Zugang auf private Daten erlauben, und nichts anderes."

„Ich habe verdammt heftige Gefühle wegen der Massenüberwachung und die sind nicht warm und nett", sagte Huerta. „Das Internet, mit dem ich aufgewachsen bin, von dem ich gehofft hatte, dass es uns die Freiheit schenkt die uns sonst fehlt, dieses Internet zu einem Überwachungsinstrument umzufunktionieren, das hat mich als Künstler echt gequält. Darauf musste ich einfach eine Antwort geben."

Es bereitet auf jeden Fall Freude, dass die verschlüsselte Mix-Kassette der NSA Kopfzerbrechen bereitet auch wenn sie uns das nie verraten werden. Und sollte die NSA David Huerta überwachen wollen, werden sie an ihm ein wirklich anstrengendes Ziel gefunden haben.