Mit Tränen in den Augen steht ein junger Mann ganz einsam an einem See und blickt in die Ferne. Wütend ballt er seine Hände zu Fäusten, während du – die Frau, die er liebt – dich mit einem anderen Typen ins Nachtleben der Großstadt stürzt. Eigentlich will er dir Mixtapes mit seinen Lieblings-Indie-Bands zusammenstellen und in romantischer Zweisamkeit von der gemeinsamen Zukunft träumen. Aber nein. Du willst ja nur befreundet sein und nicht mit ihm in die Kiste springen.
Der Begriff “Friendzone” ist inzwischen so stark in unserer Kultur verankert, dass er fast gar nicht mehr hinterfragt wird. Im Internet gibt es unzählige Artikel, die sich mit diesem Thema beschäftigen: So vermeidest du die Friendzone; Daran merkst du, dass du in der Friendzone bist; So kommst du aus der Friendzone wieder raus. Es scheint niemanden zu scheren, wie sich dieser Begriff auf die Frauenwelt auswirkt.
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Männer nutzen die “Friendzone”, um Frauen zu erklären, dass sie nicht über ihr eigenes Leben bestimmen können.
Wenn Männer von der Friendzone sprechen, dann werfen sie Frauen vor, ihre Gefühle verletzt zu haben. Dabei haben die nur ihr Recht ausgeübt, Nein zu sagen (beim Begriff “Schlampe” ist es übrigens genau andersrum). Männer nutzen die Friendzone, um uns zu erklären, dass wir ihnen etwas schuldig sind. Dass wir über unser eigenes Leben nicht selbst bestimmen können. Wir schulden ihnen Sex oder eine Beziehung, denn wir sollten dankbar dafür sein, dass man(n) nett zu uns ist. Dabei ist das lediglich das absolute Minimum im Umgang mit anderen Menschen. Dafür bekommst du keinen Keks. Toll, dass du weder sexistisch noch rassistisch, oberflächlich, egozentrisch oder gewalttätig bist.
“Ich bin nett, ich mache sowas doch nicht”, sagst du vielleicht. OK, aber unternimmst du etwas gegen die Männer, die sowas machen? Oder schaust du nur zu und denkst darüber nach, wie nett du bist?
Wir Frauen müssen uns ständig anhören, dass unsere Instinkte und Gefühle nicht so wichtig sind wie die der Männer. Du hast keine Lust darauf, während der Arbeit angebaggert zu werden? Aber wie soll er denn sonst eine Freundin finden? Du findest es eklig, wenn ein schmieriger Typ dich im Club als “fickbar” bezeichnet? Vielleicht solltest du das einfach mal als Kompliment sehen. Schon witzig, wie oft uns erwachsene Männer sagen, dass wir lernen sollen, mit Komplimenten umzugehen. Dabei haben sie anscheinend noch nicht gelernt, wie man mit Zurückweisung umgeht. Wenn dir eine Frau erzählt, dass sie sich wegen Belästigungen auf offener Straße nicht mehr sicher fühlt, und du dich daraufhin lediglich ärgerst, weil du in der Öffentlichkeit keine fremden Frauen mehr anmachen kannst, dann solltest du schleunigst mal deine Prioritäten überdenken. Falls du es wirklich nicht fassen kannst, dass Frauen deine “Komplimente” nicht hören wollen, dann wurdest du noch nie von einem Mann angegraben und nach einer freundlichen Abfuhr direkt aufs Übelste beleidigt und bedroht.
Oft dreht der verliebte Freund in der nichtexistenten Friendzone erst so richtig auf: Er schickt dir jeden Morgen eine nette Nachricht, kommt zu allen deinen Hauspartys, klickt bei jedem deiner Facebook-Posts auf “Gefällt mir” und erzählt all seinen Freunden von dir. Er weiß eben, dass ihr einfach zusammengehört. Und wenn die Gesellschaft Männern eine Sache beigebracht hat, dann folgende: Hartnäckigkeit zahlt sich aus! Wenn allerdings eine Frau einen Mann so umgarnt, obwohl der ausdrücklich kein Interesse bekundet hat, dann gilt sie sofort als verzweifelte Klette.
Wenn eine Frau Nein sagt, dann meint sie das auch so. Das ist weder ein verstecktes Ja noch ein “Klar, wenn du mir hinterhersteigst”. Glaub mir, Frauen können sich klar ausdrücken. Und du hast keinen Anspruch auf sie, nur weil du sie zuerst gesehen hast oder deiner Meinung nach genau der Richtige für sie bist.
Männer, die angeblich in die Friendzone abgeschoben wurden, sollten sich zusammenreißen und mit Abfuhren endlich wie erwachsene Menschen umgehen. So etwas wie die Friendzone gibt es nämlich nicht.