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Was hat das zu bedeuten? Hat der Slogan „Wenn eine Armlänge nicht ausreicht" vielleicht wirklich Nachwirkungen hinterlassen? Ich selbst habe zum Beispiel bereits seit längerem ein Pfefferspray am Fensterbrett stehen, das ich aus fürsorglichen Gründen mal geschenkt bekommen habe. Genauso wie ein Alarmding, aus dem man so einen Stift rauszieht, das ich bisher aber noch nicht ausprobiert habe, weil ich mich vor der Lautstärke fürchte.Private Aufrüstung gibt es also auch abseits von Schusswaffen. Und trotzdem: Nirgendwo ist sie spürbarer und auffälliger als in genau dem Bereich, der in meiner Wahrnehmung vor kurzem noch nicht einmal existierte.Ein guter Freund von mir hat letzte Woche die Waffenbesitzkarte bekommen. Seit er zehn ist begeistert er sich für Waffen, jetzt konnte er es sich leisten. Wichtig ist ihm der verantwortungsvolle Umgang damit. Statt zum Karten spielen, fährt er jetzt gemeinsam mit seinen Freunden zum Schießen. Der sportliche Aspekt steht dabei im Vordergrund. Weniger begeistert ist seine Freundin, die ihm verboten hat, eine eigene Waffe zu kaufen. Sie ist zwar mit Waffen im Haus groß geworden, anfreunden konnte sie sich damit aber nie. Er sieht eine Waffe im Haus als Selbstverteidigung, sie als etwas, das auch gegen einen selbst verwendet werden kann. Eine weitere Freundin, deren Freund ebenfalls seit neuem schießen geht, meint, eine Waffe im Haus sei schlecht für das eigene Karma. Quasi eine selbsterfüllende Prophezeiung, die Einbrecher auch anlocken könnte. Ich bin jedenfalls gespannt, ob die beiden Haushalte auch in Zukunft waffenfrei bleiben werden.Der macht jetzt den Waffenschein, also legen wir doch alle zusammen, es ist immerhin sein Dreißiger.
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Gottfried Pinkl erzählt mir, dass er als Kind schon mit seinem Vater schießen war. „Dadurch habe ich einen anderen Umgang mit Waffen", erklärt er mir. „Gefährlich ist es eher, wenn Waffen etwas Verbotenes an sich haben und dadurch spannend werden." Kurz bevor ich gehe, werde ich gefragt, ob ich schon mal eine Waffe in der Hand gehalten habe. Ich? Niemals! Ich bin im Prototyp einer pazifistischen Familie aufgewachsen. Und: Ja, ich wollte trotzdem schon immer mal eine Waffe halten. Die Waffe ist nicht geladen und ich setze meine Finger an den Abzug. Fauxpas. „Das macht man erst, wenn man wirklich abdrücken will", erklärt mir der Shop-Besitzer.Am Ende des Waffenlaufs befindet sich ein Visier. Ich drücke also mein rechtes Auge zu und versuche anzuvisieren. Dabei habe ich „I'm gonna get me a gun" von Cat Stevens im Ohr. Muss schräg aussehen, wenn da jetzt wer ins Schaufenster schaut, während ich auf jemanden ziele, denke ich. Ich bin gespannt, ob sich in meinem Freundeskreis bald auch die—noch kritischen—Frauen bewaffnen. Das Verhältnis von Frauen und Männern, die das Geschäft besuchen, gleicht sich nämlich langsam an. „Manche werden von ihren Männern geschickt, andere interessieren sich dafür, weil der Freund plötzlich auf den Schießplatz geht", erzählt Gottfried Pinkl. Da werde ich nächste Woche auch mal hinschauen. Mein Großonkel hat nämlich eine Waffenbesitzkarte, die er mir Stunden nach meinem Besuch im Waffengeschäft ganz stolz zeigt. Und er haftet für mich am Schießplatz.Übrigens, zur Erinnerung: John Lennon ist erschossen worden. 12 Jahre, nachdem „Happiness is a Warm Gun" veröffentlicht wurde.Gefährlich ist es eher, wenn Waffen etwas Verbotenes an sich haben und dadurch spannend werden.