Rasel Chowdhury ist ein bangladeschischer Fotograf, der in Dhaka lebt. In dem Projekt Desperate Urbanisation fotografiert er den sterbenden Fluss Buriranga—für ihn ein Weg, die sich verändernde Landschaft seiner Heimat zu dokumentieren.
„Dhaka-Stadt ist eine vierhundert Jahre alte Stadt”, sagt Chowdhury, „und die Bevölkerung im Umland, die vom Buriranga-Fluss abhängig ist, wächst mit beängstigender Geschwindigkeit. Chemische Abfälle von den rapide expandierenden Fabriken und Gerbereien sowie gebrauchtes Motoröl aus den Hunderten von Booten, die täglich den Fluss befahren, haben schwerwiegende Folgen für die Gesundheit und die langfristige Nachhaltigkeit des Flusses.”
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Ich unterhielt mich mit Chowdhury über seinen Drang, Dhakas Verschmutzungsproblem zu dokumentieren.
VICE: Hi, Rasel. Wann hast du das erste Mal eine Kamera in die Hand genommen?
Rasel Chowdhury: Das war in meiner Kindheit. Mein Vater schickte mir eine automatische Kamera von Yashica aus dem Ausland, und ich freute mich so sehr. Ich legte einen Film ein und richtete sie auf meinen Hauslehrer und klickte. Ich habe das Negativ heute noch.
Was brachte dich dazu, dein Heimatland fotografieren zu wollen?
Als Dokumentarfotograf beschäftige ich mich gerne mit Umweltthemen. Bangladesch ist ein wunderschönes Land mit tollen Menschen. Allerdings haben Korruption und illegale Aktivitäten zur Umweltzerstörung beigetragen. Das führt dazu, dass wir jedes Jahr von vielen Naturkatastrophen heimgesucht werden. Ich versuche nur zu zeigen, wie wir unsere eigene Umwelt zerstören.
Wie würdest du Dhaka beschreiben? Welche Botschaft über Dhaka willst du mit diesen Bildern senden?
Dhaka ist eine der am meisten überbevölkerten Städte der Welt. Fast 20 Millionen Menschen leben in dieser Stadt. Jeden Tag kommen Menschen aus anderen Teilen des Landes in der Hoffnung auf ein besseres Leben hierher.
Uns ist nicht wirklich bewusst, wie wichtig die Natur ist. Die Menschen denken nur an die unmittelbaren Vorteile [der Ausbeutung natürlicher Ressourcen] und machen sich keine Gedanken über die Zukunft. Deswegen zerstören wir die Natur—Flüsse, Wälder, Hügel, Meere und Länder—für unseren eigenen Gewinn, ohne darüber nachzudenken, was wir unserer Umwelt antun. Es ist nicht nur in Dhaka ein Problem, sondern auch im Rest der Welt.
Hast du mit vielen Einheimischen gesprochen, während du die Fotos gemacht hast?
Ja, ich habe mit vielen Leuten gesprochen, die in Flussnähe leben. Ich habe Freunde, die auch dort leben. Die Menschen verändern ständig die Flussufer für verschiedene Zwecke. Manche Leute besetzen die Ufergegend, bauen dort Häuser und Fabriken und holen mehr Leute von außerhalb in die Stadt. Fabriken bringen Zugang zu leichten Transportwegen und billigen Arbeitskräften. Aber heutzutage wirkt der Buriranga-Fluss wie ein kleiner Kanal. Früher war der Fluss drei- bis viermal so groß.
Viele der Aufnahmen sind grau oder beige verwaschen—trostlose Farben. Ist das Absicht?
Im Prinzip habe ich gerne einen Farbtonbereich für ein bestimmtes Projekt. Für mein Projekt Desperate Urbanisation verwende ich diesen ausgebleichten Ton, um auf die sterbende Natur zu verweisen. Meine Geschichten haben alle eine Sache gemeinsam: Es gibt nicht viel Kontrast. Ich mag wenig Kontrast und nicht so satte Farben.
Du hast die Reihe „Desperate Urbanisation” genannt. Warum „desperate”, verzweifelt?
Ich finde, der Titel ist sehr relevant für meine Geschichte und für das, was ich zu sagen habe. Wir, die Menschen von Dhaka, töten den Fluss durch unsere Rücksichtslosigkeit. Aus der Sicht des Flusses sind die Urbanisierung und die urbanen Menschen zu verzweifelt in ihrem Missbrauch des Flusses. Urbanisierung okkupiert den Fluss aus Gier. Deswegen habe ich diesen Titel gewählt—um dieses Thema zur Sprache zu bringen.